Abrechnung mit der derzeitigen Landesregierung

Neujahrsauftakt der CDU: Ross-Luttmann berichtet Aktuelles aus der Landespolitik | Ehrungen von Mitgliedern

Dassel. Zudem konnten an diesem Abend treue Parteimitglieder vom CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Joachim Stünkel mit Nadel und Urkunde geehrt werden.

Mechthild Ross-Luttmann ist Juristin, erstmalig 2003 wurde sie im Wahlkreis Rotenburg in den niedersächsischen Landtag gewählt. Von 2005 Bis 2010 war sie Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit. Derzeit ist sie Vorsitzende des Rechtsausschusses des Niedersächsischen Landtags, und sie war bis vor kurzem stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Niedersächsischen Landtag. Dieses Amt habe sie nach reiflicher Überlegung zurückgegeben, um mehr Zeit für ihre Eltern zu haben. »Bei meinem Vater fängt das Vergessen an«, erklärte sie den Zuhörern in der Dasseler »Eiche« Nachfolgerin als stellvertretende Fraktionsvorsitzende ist Editha Lorberg.

In Zeiten, als die CDU noch die Landesregierung in Niedersachsen gestellt habe, hätten sich die Christdemokraten – mit Joachim Stünkel – sehr für Strukturverbesserungen eingesetzt. Jetzt beleuchtete die Juristin die Entwicklungen in Niedersachsen aus der Oppositionsrolle, und sie bezog Stellung zu Gesundheits- und Bildungspolitik sowie zu Landwirtschaft und  strukturellen Fragen.

Als Vertreterin der »letzten Volkspartei« könne sie nicht viel Gutes über die derzeitige Landesregierung berichten, stellte die Politikerin fest. Fast die Hälfte der derzeitigen Legislaturperiode sei vergangen, und es gebe mehr Affären als gestalterische Politik. So erinnerte sie an den parlamentarischen Untersuchungsausschuss, die Entlassung eines Staatssekretärs und den Umgang mit entflohenen Sicherungsverwahrten. Der Beamtenapparat sei aufgebläht, der Südniedersachsen-Plan schiefgegangen, so Ross-Luttmann weiter.

Handwerkliche Fehler attestierte sie der derzeitigen Regierung bei Gesetzesvorhaben. Beispiel sei das Landesraumordnungsprogramm, das Planungsgrundlage für die Kommunen in den kommenden Jahren sei. Landwirte und Verbände hätten das Programm kritisiert, beispielsweise beim Moorschutz oder den Verflechtungsräumen. Das Landesraumordnungsprogramm, mutmaßte Ross-Luttmann, sei am Reißbrett entstanden. Erst auf Druck sei die Anhörungsfrist verlängert worden.

Zur Bildungspolitik stellte die Politikerin fest: »Schule muss in Ruhe gelassen werden.« Die Regierung höre den Verbänden nicht zu, was sich auch in der Schulgesetznovelle zeige. Es werde sich zeigen, ob die SPD die Einheitsschule stärken und andere Schulformen schwächen werde, meinte die Politikerin. Beim Erhalt der Sprachheilschulen sei man glücklicherweise zurück gerudert. Sie erwartet eine »Schulpolitik zum Wohl der Kinder«. Im Mittelpunkt dürfe nicht das stehen, was die Ideologie vorschreibe. Denn: Mehr als 50 Prozent der Bevölkerung befürworteten eine Stärkung der Gymnasien und favorisierten den Leistungsgedanken. Ein Fünftel der Bevölkerung sei mit der Schulpolitik unzufrieden, deshalb müsse die Landesregierung neu nachdenken. Schule brauche nun Zeit, geredet werden müsse über Inhalte, nicht über Strukturen. So sprach sich die Politikerin beispielsweise auch dafür aus, die Gefahr von sozialen Netzwerken im Unterricht zu thematisieren. Es müsse deutlich werden, dass das Internet nichts vergesse.

Kommendes Thema aber werde die Zuwanderungspolitik sein, die man differenziert betrachten müsse. Klar stellte Ross-Luttmann, dass Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Niedersachsen, »diesem weltoffenen Land«, keinen Platz hätten. In Deutschland gebe es ein Grundrecht auf Asyl, und Menschen in tiefster Not müsse geholfen werden. Neben Alltagskompetenz wichtig sei allerdings die Sprache. Die Landesregierung forderte sie auf, Geld für Sprachkurse in die Hand zu nehmen. Denn die Sprache sei der Schlüssel zum Erfolg. Ross-Luttmann wünschte sich einen großen Zusammenhalt in der Bevölkerung zur Bewältigung  der Flüchtlingsproblematik. Es bedürfe aber auch eines Integrationsgesetzes, das eine Abschiebung in sichere Staaten regele.
»Rot-Grün kann es nicht, Rot-Grün kostet Zukunft«, stellte Ross-Luttmann abschließend fest. Niedersachsen habe Besseres verdient. Die CDU arbeite deshalb an einem Grundsatzprogramm. Sie forderte alle Mitglieder auf, daran online mitzuarbeiten oder sich bei einer Veranstaltung am 27. Februar in Braunschweig zu informieren.
Kritik musste sich die Landespolitikerin aber auch gefallen lassen – beispielsweise in der Gesundheitspolitik: die Privatisierung der Landeskrankenhäuser, zu wenig Plätze für Psychiatrie-Patienten, unzureichend geregelter Rettungsdienst und Ärztemangel waren die Schlagworte. »Südniedersachsen ist das Armenhaus«, fasste ein Zuhörer die Politik der letzten Jahre zusammen.

Der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Joachim Stünkel konnte verdiente Parteimitglieder für ihre jahrzehntelange Treue auszeichnen. »Sie haben die Partei und den Ort mitgestaltet«, hieß es lobend. Ihre Wertschätzung sei deshalb richtig, erklärte Mechthild Ross-Luttmann.  Es sei nicht selbstverständlich, dass man so lange einer Partei treu bleibe. »Es ist gut, dass sich Joachim auf seine alten Recken verlassen kann.« Rückblickend an Stünkels Zeit im Landtag stellte die Politikerin fest, dass es »enorm« sei, was  er in dieser Zeit bewegt habe.

Zudem analysierte Stünkel, dass die Welt voll mit Problemen sei, und er sprach die Kriege in Syrien, dem Irak und der Ukraine an. Kinder müssten Hunger ertragen, Familien würden Hab und Gut verlieren. »Der Russe nimmt sich die Krim«, die westliche Welt gucke zu. »Für Frieden muss gearbeitet werden«, stellte Stünkel fest. Um eine friedvolle Zukunft zu gestalten, müsse man an einer Willkommenskultur arbeiten. Und angesichts der weltweiten Probleme merke man doch, wie klein die Probleme der Kommunalpolitik seien.sts