Älteste Blaudruckerei Europas:

»Das ist ein Pfund«

Einbeck. Da kam die Ministerin ins Staunen: Beim Besuch im Einbecker Blaudruck erfuhr Professor Dr. Johanna Wanka (links), Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, unter anderem, dass es sich bei diesem Unternehmen um die älteste Blaudruckerei Europas handelt, die durchgängig betrieben wird. 1638 wurde sie gegründet, und die Technik ist seither im Wesentlichen unverändert. Wie Blaudruck funktioniert, führte Inhaber Ulf Ahrens (rechts) an praktischen Beispielen vor.

Dabei durfte die Ministerin auch selbst mit einigen schweren Modeln, die zum Teil schon 300 Jahre alt sind, hantieren. Rund 800 Druckstöcke hat der Einbecker Blaudruck über die Jahrhunderte angesammelt, geschnitzt aus Linden, Birnbaum- oder Buchsbaumholz. Biblische Szenen sind ebenso zu sehen wie zeitlose Klassiker wie der »Bauerntanz«, aber auch florale Motive werden gern genutzt. In Einbeck, der früheren Hochburg für Formstecherei, hatte dieses Handwerk eine lange Tradition. 27 Arbeitsgänge sind notwendig, bis ein Blaudruck-Textil fertig ist.

»Das ist richtige Handwerkskunst«, erkannte die Ministerin an, die auf Einladung des CDU-Landtagsabgeordneten Joachim Stünkel (Zweiter von links) das Unternehmen am Möncheplatz besuchte. »Echter Blaudruck scheint auf der Rückseite durch«, verrieten Ulf Ahrens und Inhaberin Ulla Schwerin (Vierte von rechts) das Geheimnis, wie man das Original von möglichen Fälschungen unterscheidet. Diese individuelle Handwerkstechnik macht es auch möglich, dass Textilien jeder Größe bedruckt werden können, beispielsweise altes Leinen aus dem Wäscheschrank der Vorfahren. Auch hier erwies sich die Ministerin als kundige Fachfrau, die auf der Suche nach Stoffen gern über Flohmärkte bummelt. Erstaunliche Technik bewunderte Ministerin Wanka an der Kaltmangel aus dem Jahr 1759, die von Pferden gezogen wurde.

Dieses – noch funktionstüchtige – Gerät sei einzigartig in Deutschland, hob Ulf Ahrens hervor, nur im Deutschen Museum in München sei ein weiteres Exemplar zu finden. Angesichts des Alters des Betriebes, der bis vor sieben Jahren noch von Familie Wittram betrieben wurde, wird derzeit über die Beantragung des Weltkulturerbe-Status bei der Unesco nachgedacht. In Österreich, das hat die Blaudruckerei kürzlich erfahren, gibt es eine solche besondere Anerkennung bereits, es wäre schön, das auch für Deutschland möglich zu machen. »Das ist schon ein Pfund«, erkannte Johanna Wanka das Potenzial an. Sie versprach gemeinsam mit ihren Mitarbeitern, sich um Möglichkeiten der Antragstellung zu kümmern. Zudem wünscht sich Regine Wittram-Poppinga (rechts neben Stünkel) Möglichkeiten für eine Dauerausstellung zum Blaudruck in Einbeck. Aktuell sei im StadtMuseum dazu leider nichts zu sehen.

Schließlich berichteten Ulf Ahrens und Ulla Schwerin, dass das Thema auch touristisch für Einbeck interessant ist. So werden beispielsweise Workshops angeboten, in denen die Teilnehmer innerhalb weniger Stunden selbst ein eigenes Blaudruck-Textil herstellen können. Zum Blau haben sich inzwischen weitere Farben gesellt, die außergewöhnlichen Kostbarkeiten gibt es in neun Farben. Beim abschließenden Einkauf wählte die Ministerin die neueste Variation, einen Naturton. oh