»Der Rothirsch im Solling«

Jägerschaft Einbeck veranstaltete gut besuchte Hubertusversammlung

Einbeck. Bei der Hubertusversammlung der Jägerschaft Einbeck begrüßte Vorsitzender Klaus Dörger zahlreiche Gäste. Nach der musikalischen Einstimmung durch den Bläsercorps Peter-Paul Schroeder sagte er, dass es einmal im Jahr bunt in Deutschlands Kirche werde, denn Anfang November – zum Gedenken an den Heiligen Hubertus – kommen Jäger mit Hunden und Greifvögel in die herbstlich geschmückten Gotteshäuser. In Sievershausen und Stroit fanden Hubertusmessen statt – musikalisch untermalt vom Bläsercorps – die sich großer Resonanz erfreuten.

Dörger erklärte, dass die Legende des Heiligen Hubertus mahne, dass das Wild ehrfürchtig und maßvoll zu bejagen sei. Weiter weist sie auf die Verantwortung der Schöpfung für die Lebewesen hin. Es sollte selbstverständlich sein, dass man der Natur nur das entnehme, was nachwachse. Die Lebensgrundlagen für Wildtiere seien zu erhalten. Die Jagd sei kein wahlloses Erlegen von Wild, sondern bedeute zum überwiegenden Teil Hege.

Dörger freute es, dass neben den üblichen Gästen nicht nur die 24 Jungjäger an der Versammlung teilnahmen, sondern er zwei Nichtjäger auszeichnen konnte. Auf Antrag von Ulrich Bauer, Revierpächter in Ellensen, und Heiko Voges, Hegeringleiter IV, erhielten Henning Gellermann aus Markoldendorf und Reinhardt Bode aus Ellensen das »Goldene Rebhuhn«, die Verdienstnadel der Landesjägerschaft, für den besonderen Einsatz für die Natur und den Naturschutz. In der Gemarkung Ellensen setzten sie sich außergewöhnlich für die Verbesserung des Biotops für Niederwild, Insekten und geschützte Vogelarten ein. Die Beweidung mit Rhönschafen stärkt das Nahrungshabitat.

»Hände weg vom Jagdrecht«, das forderte der Vorsitzende der Jägerschaft. Die angekündigten Gesetzesnovellierungen seien überzogen und führten schon zu einigen Großdemonstrationen in Deutschland. Die ständigen Auflagen, Verbote und Einschränkungen schränkten das Jagdrecht und zukünftig wohl ebenfalls die Land- und Forstwirtschaft ein.

Selbst der beste Jäger brauche ab und zu die Unterstützung eines Nachsuchgespanns, so der Vorsitzende. Die Hilfe des Schweißhundeführers wird bei der Nachsuche bei einem Stück Wild benötigt, um seiner habhaft zu werden, Tierleiden zu beenden und wertvolles Wildbret zu retten. Die Hilfe müsse angemessen entlohnt werden, ein »feuchter Händedruck« reiche nicht aus.

Egal ob starke Sauen, Trophäenträger oder schwaches Wild, die Nachsuche muss erfolgen. Unterlassungen verstoßen gegen die Grundsätze der Weidgerechtigkeit und seien eine Straftat. Die Jagdbehörde kann bei Verstößen mangelnde Zuverlässigkeit annehmen und Jagdschein sowie Waffenbesitzkarte einziehen. Unwissenheit schützt nicht vor Strafe.

An der Wolfkonferenz des NABU Ende September in Wolfsburg nahmen mehr als 400 Personen aus vielen Ländern teil, sagte Dörger, ein Drittel waren Jäger. Stefan Wenzel, Umweltminister in Niedersachsen, sagte, dass die Rückkehr der Wölfe Herausforderungen mit sich bringe. Da Schäden zunehmen, schwinde die Akzeptanz in der Bevölkerung. Helmut Dammann-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen, warnte vor der schnell wachsenden Wolfspopulation.Nach Information vom Wolfsbeauftragten Stefan Simm gab es 2013 17 Rudel in Deutschland, in diesem Jahr umfasst der Bestand bisher 35 Rudel und sechs ortstreue Einzeltiere. Während es 2008 nur einen Biss gab, der Wölfen zuzurechnen war, sind es 2015 (Stand Oktober) 43 von 93 Rissen. Vermehrt werden auch große Nutztiere angegangen. Die weitere Entwicklung müsse kritisch begutachtet werden, sagte Dörger. Informationen, Tipps und Ratschläge gibt es unter anderem bei Stefan Simm, Telefon 0151/51025135, E-Mail stefan.simm@googlemail.com.

Andreas Helms, Revierförster in Mühlenberg, gab im Anschluss einen Einblick in das Thema »Der Rothirsch im Solling«. Die majestätischen Hirsche seien seit Jahrhunderten das Sinnbild für die Jagd. Im Solling, einem der größten deutschen Rotwild-reviere, sei dies nicht anders, so Helms. Das Fell glänzt im Sommer rotbraun, im Winter graubraun. Der Spiegel, der Fleck auf dem Schwanz, den der Waidmann »Wedel« nennt, tritt beim Sommerfell gelbbraun, beim Winterfell grauweiß auf. Der Wechsel zum sommerlichen Fell vollzieht sich von April bis Mai, der zum winterlichen Fell von September bis Oktober.

Rotwild hat ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Oft lebt es in Rudeln zusammen, manche fühlen sich jedoch ebenfalls als Einzelgänger wohl. Großflächige Lebensräume zwischen 350 und 500 Hektar, in denen sie sich zurückziehen können, brauchen sie. Geschlechtsreif kehren sie jährlich zu ihren Brunftplätzen zurück.Bis zum April 2002 lebte das Rotwild in dem etwa 145 Kilometer langen Solling-Umfanggatter. Mit dem Abbau des Zaunes vergrößerte sich nicht nur der Lebensraum, sondern es veränderten sich auch die jagdlichen Einflüsse. Das Rotwildmanagement und die jagdlichen Entscheidungen werden von der Hegegemeinschaft Solling, gegründet schon 2001, vorgenommen. Sie hat 115 Mitglieder und erstreckt sich über eine Gesamtfläche von rund 53.000 Hektar. Der gemeinsame Abschussplan werde mit dem Landkreis Northeim vereinbart, so Helms, auch wenn einige Teile im Landkreis Holzminden liegen. Für das weibliche Wild gebe es einen Poolabschuss (Zuordnung der Abschüsse im Revier), für die Hirsche eine Aufteilung zwischen Landesforsten und privaten Revieren.Der Rückgang der Jagdstrecke sowie der Ein-bruch der reifen Rothirsche der Altersklasse I (über elf Jahre) führte zu der Entscheidung, die Verteilung und Bestandsgröße anhand einer fachlich fundierten und nachvollziehbaren Methode zu ermitteln. Die Hegegemeinschaft entschied sich für die Scheinwerferzählung. Jeweils im März oder April nehmen im Abstand von sieben bis 14 Tagen Zählteams mit Autos und Scheinwerfern nächtliche Rotwildzählungen vor. Wegen der Größe der Fläche wurde das Gebiet »halbiert«, es wird an zwei aufeinanderfolgenden Tagen bearbeitet. In diesem Jahr wurden maximal 562 Tiere gezählt, 444 weibliche und 105 männliche.

Durch das Fallen des Gatters breitete sich das Rotwild aus. Die hohe Äsungsattraktivität der Wildwiesen, des waldnahen Grünlandes und der Felder führten zum Tierwuchs, so dass das genaue Ansprechen schwieriger wurde, erklärte Helms. Rotwild der Klasse II (vier bis zehn Jahre) ähnele dadurch immer mehr reifen Rothirschen der Klasse I. Ausgewachsene Tiere hatten früher ein Widerrist von zwei Metern, ein Stockmaß von 1,20 Meter und wogen zwischen 150 und 160 Kilogramm, jetzt könne das Gewicht teilweise schon bei 200 bis 250 Kilogramm liegen.

Da es eine stetige Bestandszunahme gebe, seien Abschüsse richtig, sagte der Revierförster. Fallen darunter falsche, also zu junge Tiere, treten gemäß der Richtlinien der Hegegemeinschaft Wartezeiten für die jeweiligen Altersklassen auf. Diese gelten dann für das jeweilige Revier, so dass bis zu zwei Jahre eine Sperre für Rothirsche eines gewissen Alters gelten kann. Abnorme und sichtbar kranke Hirsche sind zum Abschuss freigegeben, aber unverzüglich im Anschluss der Geschäftsstelle anzuzeigen. Krankes weibliches Wild ist vorrangig zu erlegen.Zukünftig müssen männliche Tiere, aber auch weibliches Wild vernünftig erlegt werden, so Helms, sonst komme es zu einem unkontrollierten Populationszuwachs. Nach den jährlichen Erfahrungen der Scheinwerfertaxation – in diesem Jahr maximal 562 – einem Erfassungsgrad von ungefähr 60 Prozent bei den Tieren und einer Zuwachsrate von 70 Prozent, ergebe sich der Abschussplan: 440 Tiere – also durchschnittlich 0,8 pro Hektar. Die Anzahl verteilt sich proportional nach Alter und Geschlecht.

Wer einmal im Solling jagen durfte oder sogar einmal einen Hirsch zur Strecke brachte, weiß, wie edel und anmutig das Rotwild anzusprechen sei, sagte Dörger, der Helms für den informativen Vortrag mit einem Präsent dankte.mru