Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales

Etwas auf den Weg bringen, was Flüchtlingen hilft

Sondersitzung zum Thema Betreuung von Asylbewerbern | Runder Tisch soll konkret koordinieren | Wo gibt es Hilfe?

Einbeck. Die SPD hat nach dem ablehnenden Beschluss im Rat nicht locker gelassen und das Thema auf die Tagesordnung gebracht. In einer Sondersitzung hat sich der Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales jetzt mit Flüchtlingsbetreuung in Einbeck befasst. Wichtig war der SPD, dass ein Konzept zur menschenwürdigen Unterbringung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen in Zusammenarbeit mit Behörden und Organisationen wie Wohlfahrtsverbänden erarbeitet wird.

Der Flüchtlingsstrom wachse ständig, führte Marcus Seidel, SPD aus. Die Flüchtlinge kommen aus Syrien, dem Irak oder Afrika in die EU und damit auch nach Deutschland. Inzwischen seien die zentralen Aufnahmelager erschöpft, die Asylsuchenden würden auf die Fläche und damit auch in den Landkreis und die Stadt Einbeck verteilt. Die Vorsorge, die in Deutschland getroffen werde, reiche nicht aus. In Einbeck, der zweitgrößten Stadt Südniedersachsens mit den zahlreichen Ortschaften, sei die Situation zudem besonders, denn es gebe kein Wohnheim und keine Flüchtlingssozialarbeit mehr. Wenn es um eine menschenwürdige Unterbringung und Aufnahme in die Gemeinschaft gehe, sei das mehr als nur Verpflegung. Deutschkurse, aufsuchende Sozialarbeit, Betreuung bei Behördengängen, das Bereitstellen von Dolmetschern und die Vernetzung verschiedener Hilfen gehörten dazu. Zuständig sei zwar zunächst der Landkreis, aber man könne nicht nur auf ihn, auf das Land, auf den Bund oder die EU zeigen, sondern die Probleme würden vor Ort entstehen. Und je eher man sich kümmere, desto einfacher sei die Lösung. Die SPD fordere deshalb ein »umfängliches Konzept«. Man müsse sich der Verantwortung stellen und für ein gedeihliches Miteinander sorgen.

Beim Gemeindebund sei das Thema schon im Frühjahr besprochen worden, erinnerte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek. Es bleibe nur eine kurze Reaktionszeit zwischen Zuweisung und Ankunft, und man wisse sehr wenig über die Ankommenden. Der Städte hätten sich schon an das Innenministerium gewandt, denn ohne Hilfe von Land und Bund werde es nicht gehen, aus dem städtischen Haushalt sei die Aufgabe nicht zu stemmen. Die kostendeckende Erstattung sei dabei die wichtigste Forderung, um zielgerichtet helfen zu können. Bisher gebe es einen Pauschbetrag, mit dem alles abgewickelt werde; soziale Betreuung sei dabei nicht enthalten. Jeder sei angehalten, auf seiner politischen Ebene mit Nachdruck um Unterstützung zu werben, aber das helfe akut nicht, stellte Rolf Hojnatzki, SPD, fest. Die Ankommenden und die Behörden seien gleichermaßen hilflos, Kindergärten und Schulen seien nicht vorbereitet, es gebe Sprach- und Kulturprobleme, was zu Missverständnissen vor Ort führen könne. Man sollte nicht davon abhängig sei, dass sich zufällig eine Organisation oder Ehrenamtliche um das Problem kümmerten, sondern man müsse und könne selbst etwas leisten.

Ihre Fraktion wolle sich der Diskussion nicht verschließen, so Beatrix Tappe-Rostalski, CDU. Es sei gut, dass die Flüchtlinge nicht mehr in Wohnheimen untergebracht seien; man müsse aber darauf achten, dass es menschenwürdige Quartiere gebe. Sie sehe, dass eine Vernetzung vorhanden sei, aber sie wäre ausbaufähig - und es fehle am Geld. »Die Thematik hat uns alle überrollt«, stellte sie fest. Umso wichtiger sei es, ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement zu unterstützen. Im Raum Kreiensen laufe beispielsweise viel über die Diakonie. Sinnvoll wäre es auch, die Ortsbürgermeister und Ortsräte einzubinden und sich an einem Runden Tisch um Austausch und Hilfe zu kümmern. Gerade ausreichende Information sei notwendig, um Vorurteile abzubauen und offen aufeinander zuzugehen.

Der Beschlussvorschlag der SPD sei für sie nicht greifbar genug, kritisierte Heidrun Hoffmann-Taufall, CDU, es fehle eine konkrete Herangehensweise. Ein weiteres Konzept sei überflüssig, Vielmehr müsse man Ehrenamtliche zusammenführen und das Fachpersonal einbinden. Auch in Einbeck gebe es beispielsweise schon ehrenamtliche Ansätze, die man bündeln müsse – ein Runder Tisch mit Professionellen, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Ehrenamt sei mit dem Ziel der Betreuung der Flüchtlinge sinnvoll.

Vor paralleler Arbeit warnte auch Hein-Peter Balshüsemann als Vertreter des Seniorenrates. Vielmehr müsse man vor Ort dort ansetzen, wo der Landkreis nicht tätig werde.

Als Beispiele nannte Rolf Hojnatzki die Begleitung ins Bürgerbüro oder bei der Anmeldung in Schulen oder Kindergärten. Wer übernehme welche Verantwortung – ob professionelle Hilfe oder Ehrenamt zum Einsatz komme, müsse sich aus der Situation ergeben. Allerdings sei das Ehrenamt mal am Ende, gab René Kopka, SPD, zu bedenken. Es  müsse deshalb darum gehen, dass professionelle Hilfe für schwierige Fälle bereitstehe. »Ein vernünftiges Miteinander kostet Geld«, darauf wies Armin Hinkelmann, GfE/Bürgerliste, hin. Man sollte sich vorab überlegen, was man investieren wolle. Ein Runder Tisch sei sicher Klasse, aber auch er werde keine kostenfreien Lösungen finden.

Den Ausschussmitgliedern war es wichtig, einen praktischen Leitfaden zu entwickeln: Wo kann man sich bei welchen Problemen Hilfe holen? Ziel sollte die größtmögliche Begleitung sei – ob es sich dabei um ein »umfängliches Konzept«, einen »Leitfaden« oder »Rahmenbedingungen« handelt, sollte schließlich egal sein. Einstimmig wurde beschlossen, etwas auf den Weg zu bringen, was Flüchtlingen wirklich hilft. Die Verwaltung wurde beauftragt, unverzüglich einen Runden Tisch zu initiieren, an dem Professionelle, die im Bereich Flüchtlingsbetreuung tätig sind, Wohlfahrtsverbände, Kirchen und weitere Akteure beteiligt werden, um eine größtmögliche Begleitung und soziale Integration zu gewährleisten, zum Beispiel Beratung und Begleitung in Behördenangelegenheiten, Mitwirkung bei der Integration in Kindergärten und Grundschulen oder Informationen zum Gesundheitssystem, mit dem Ziel der Erarbeitung eines Leitfadens. Außerdem sollen Fördermaßnahmen dafür beantragt werden, etwa über das Bundesfreiwilligenprogramm.ek