Geschichten und Musik im Einklang

Göttinger Literaturherbst in Einbeck: Vogler Quartett begeistert

Erzählte Musikgeschichte samt Musik – das erlebten die Zuhörer des Vogler Quartetts am vergangenen Wochenende. Die 42. Veranstaltung des 24. Göttinger Literaturherbstes führte das Kammermusik-Quartett in die Einbecker Rathaushalle, wo die Musiker die Zuhörer ­ver­zauberten – mit Musik und ihrer Geschichte.

Einbeck. Das Vogler Quartett blätterte auf musisch-unterhaltsame Art seine »Welt auf 16 Saiten« auf. Tim Vogler, erste Violine, Frank Reinecke, zweite Violine, Stefan Fehlandt, Viola, und Stephan Forck, Violoncello gewährten dabei Einblicke in das Leben als Musiker und als Quartett. Sie schauten zurück auf  drei Jahrzehnte Konzerttätigkeit, in immer gleicher Besetzung.

Das Vogler Quartett hat sich in der Königsdisziplin der Kammermusik ganz nach oben gespielt und gehört seit langem zu den international renommiertesten Streichquartetten. Dabei wurde es ihnen anfangs in der DDR nicht immer leicht gemacht. Das Buch »Eine Welt auf sechzehn Saiten. Gespräche mit dem Vogler Quartett«, (Berenberg 2015) versammelt ihre Geschichten und liefert so ein echtes Zeitzeugnis.

Das Gespräch im Einbecker Rathaus führte die Musikjournalistin Raliza Nikolov. Mit ihrer Hilfe erfuhren die Zuhörer unter anderem, dass das Quartett seine Vorliebe für den Komponisten Franz Schubert teilt und dass auch neue Instrumente durchaus spielenswert sind. Die Musiker erzählten auf unterhaltsame Weise von ihrem Weg: Geprägt von Eberhard Feltz, kam für sie – in der ehemaligen DDR aufgewachsen – die »Wende zur rechten Zeit«. Freischaffende Quartette gab es nicht, und die vier Musiker wollten damals »ihr Ding machen«.

Gegründet hat sich das Quartett 1985 an der Musikhochschule Hanns Eisler in Ostberlin. Seine Karriere startete 1986 mit dem Sieg bei einem Quartettwettbewerb in Evian in Frankreich. Da spielten die jungen DDR-Musiker der Jahrgänge 1964 bis 1966 gerade ein Jahr zusammen, waren zum ersten Mal im Westen.

In dem Buch »Eine Welt auf 16 Saiten« wird der Werdegang der Musiker beschrieben. Da werden offen die persönlichen Lebenswege der Musiker beschrieben: Alle vier stammen aus Familien, in denen Musik eine große Rolle spielt, wie sie in ihren Selbstbiographien erzählen. Cellist Stephan Forck und Bratschist Stefan Fehlandt kommen aus protestantischen Pfarrhäusern mit enger Beziehung zur Musik. Mutter und Vater des Geigers Frank Reinecke waren Lehrer an der Musikschule in Görlitz, der Vater des Geigers Tim Vogler war Violinist an der Komischen Oper Berlin.

Das Profil und Programm des Quartetts wurde eindrücklich mit Musik von Erwin Schulhoff, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Joseph Haydn, Anton Dvorak und Jörg Widmann  vorgestellt, der Alltag und der Abend der Musiker beleuchtet. Das Quartett stellt sich als experimentierfreudig vor, Kinderkonzerte und die Interpretation zeitgenössischer Komponisten stehen neben der Wiener Klassik auf dem Programm.

Heute konzertiert das Vogler Quartett weltweit, hat unter anderem eine feste Konzertreihe am Konzerthaus Berlin, organisiert Kammermusiktage in Homburg und im irischen Sligo, tritt auf den Nordhessischen Kindermusiktagen auf, gibt Meisterkurse und lehrt an ihrer alten Hochschule sowie in Leipzig, Stuttgart und Dublin.

Die tiefgründige Interpretation der Musik und der Einblick in das Künstlerleben quittierte das Einbecker Publikum mit viel Applaus. Den Organisatoren des Göttinger Literaturherbstes ist ein ansprechender Abend zu verdanken.sts