Kunstmeile installiert

Young Art: Möglichkeiten geschaffen, an Kunstinseln aktiv zu werden

Einbeck. Am Ostersonnabend hat die Jugendinitiative »Young Art Einbeck« ihre Ostertradition fortgesetzt und gleich drei aufwendige Kunst-Installationen in der Langen Brücke und auf dem Einbecker Marktplatz präsentiert. Es handelte sich um Kunstinseln, auf denen Passanten vormittags landen und auch selbst kreativ beziehungsweise aktiv werden konnten. In vielen der wöchentlich am Dienstag ab 17 Uhr stattfindenden »Young Art«-Treffen in der TangoBrücke, dutzenden verschiedenen Entwürfen und schließlich den Installationsarbeiten in der Nacht von Karfreitag auf Ostersamstag hinein stand wieder einmal fest: »Young Art« zieht Kunst direkt in den Alltag der Menschen – an Tagen, an denen garantiert auch sehr viele Menschen unterwegs sind.

Die erste der drei Kunstinseln wurde geplant von einem Team unter der Leitung der Kunststudentin Sivia Dinh. Hier ging es vornehmlich um die befreiende Wirkung von Kunst im Leben der Menschen. Unmittelbar vor der TangoBrücke wurde ein vorne offener Raum aus drei weiß bespannten Bauzäunen installiert. Sämtliche Möbel und Einrichtungsutensilien in dieser kleinen eigenen Welt waren zu Beginn der Performance komplett weiß. Der Auftrag: Knallbunt sollte alles werden. Die jungen Künstler sprachen somit die Passanten an und drückten ihnen Pinsel und Farben in die Hand. »Heute ist der Tag, an dem die Menschen sehen sollen, dass man alles gestalten und bunt machen kann, wenn man nur will«, so Kunststudentin Sivia Dinh. Von Stunde zu Stunde wurde somit die weiße Einheitswohnkultur zu einem farbenfrohen Lebensraum. Das Motto »Mach die Welt zu Deiner Leinwand« ging auf und sorgte für Freude bei vielen Zuschauern und bei den aktiv gewordenen Lebenskünstlern. In der zweiten Gruppe um Mitinitiator Volker Stix wurde kunstvoll und mutig ein lokales Reizthema dargestellt, das für vorübereilende Passanten zunächst nicht zu sehen war. Aufgebaut worden war auf dem Marktplatz ein aus drei Bauzäunen geschlossenes Dreieck, das komplett sichtdicht mit schwarzem Kunstleder behängt war.

Wer wissen wollte, was sich kunstvolles in dem geschlossenen Dreieck befand, wurde dazu eingeladen, über eine Treppe auf ein Podest zu steigen. Der Blick über den Zaunrand sprengte dann so gut wie alle österlich-bunten Erwartungen. Am Karfreitag hatten fünf fest entschlossene »Young Artler« ihren Mut zusammengenommen und sich von der Dr.-Friedrich-Uhde-Straße an bis zum Langen Wall entlang der Einbecker Wallanlagen auf die Suche nach eher ungeliebten »Ostereiern« gemacht. Innerhalb von lediglich zwei Stunden war es möglich gewesen, ein selbstgezimmertes, auf Rädern montiertes Holzdreieck mit den Schenkelmaßen von stattlichen 3,50 Meter zu jeder Seite, komplett mit herrchenlosem Hundekot zu bedecken. Der Hundekot war offensicht- und riechlich auf den Wallanlagen von Hundehaltern vergessenen worden. Das alles andere als frühlingshaft anmutende Dreieck wurde sodann in einer Nacht- und Nebelaktion auf dem Marktplatz im beschriebenen Bauzaundreieck auf einer Höhe von gut 1,70 Meter eingehängt. Das eindeutig als geschmacklos zu bezeichnende Kunstwerk erfüllte ohne weiteres Zutun seinen Sinn: Es wurde deutlich, dass der Hundekot auf Einbecks Straßen vielen Bürgern gewaltig stinkt. Auf einer Unterschriftenliste trugen sich sodann auch gut 100 Mitbürger ein, die dieses stinkende Übel aus Einbecks Innenstadt verbannen wollen.

Gleich nebenan sind bei der »Young Art«-Gruppe um Rainer Michael Hartje hunderte Küken in Lebensgefahr geraten. Es ist seit Jahrzehnten gängige Praxis, dass bei der industriellen Eier- und Hähnchenfleischproduktion männlichen Küken gleich nach dem Schlüpfen von den weiblichen getrennt und getötet werden. Über Förderbänder werden männliche Eintagsküken dann in einen Schredder befördert und lebendig gehäckselt. Diese aus rein kommerziellen Gründen laufenden Tötungsmaschinerie hat »Young Art« eindrucksvoll in die Osterharmonie gerückt. Dazu wurden in den letzten Wochen im Team und mit Passanten über 1.000 niedliche Papierküken gebastelt. In einem zweiten abgehängten Bauzaundreieck war eine Kükenschreddermaschine installiert worden. Ob Kinder oder Erwachsene, jeder hat ein Küken in die Hand bekommen und die Wahl zwischen Kükenrettung oder Kükentötung treffen müssen. Wer es gerettet hat, ist die Verpflichtung eingegangen, es zu hegen und zu pflegen, wer es tötete, hat es auf die Metallrutsche in den Schredder setzen müssen. »Vor Ort basteln und vor Ort töten« hat zu interessanten Diskussionen geführt. »Wo bekomme ich denn in Einbeck Fleisch von glücklichen Hühnern, wenn ich mich bewusst gegen die Massenproduktion entscheide?«»Wäre es nicht sinnvoll, auf dem Wochenmarkt eine Broschüre mit Informationen zu Eierproduzenten aus unserer Region auszulegen, die auf solche Praktiken bei artgerechter Haltung gänzlich verzichten?«

Jugendliche, die Lust haben, sich den »Young Artlern« anzuschließen, haben die Möglichkeit, sich dienstags zu den »Young Art«-Treffen in der Langen Brücke 1 einzufinden. Ab 17 Uhr wird regelmäßig zunächst gemeinsam gekocht, bevor dann in großer Runde neue Kunstaktio-nen, Workshops und weitere Aktionen besprochen werden.oh