Sportabzeichen-Team bedauert Bewerber-Rückgang

Vor allem die Schulen haben sich in geringerem Umfang beteiligt | Demografie wird spürbar | 60. Wiederholung

Sportabzeichen-Obmann Jörg Meister war nicht glücklich mit den Zahlen im vergangenen Jahr, und das macht er mit seiner Kleidung deutlich: rotes Jacket als Zeichen, dass es so nicht weitergehen kann, schwarzes Hemd für die Trauer, aber ein bisschen Grün in der Krawatte für die Hoffnung, dass es besser wird. Bei der Verleihungsfeier für erwachsene Sportabzeichenbewerber im Rheinischen Hof gab er die Zahlen für 2015 bekannt:?Mit 1.482 Sportabzeichen (nach 1.776 im Vorjahr) war es das drittschlechteste Ergebnis seit 1996.

Einbeck. Toll seien die letzten 24 Stunden für den deutschen Sport gewesen, schwärmte er, weniger toll werde die Verleihungsfeier angesichts der sinkenden Zahlen. Der demografische Wandel und die Umstrukturierung des Schulwesens spielten eine Rolle. Während die Goetheschule wieder glänzen konnte, fehlten die neue IGS und weiterhin die BBS völlig, was er sehr bedauerte. Im Bereich der Erwachsenen hielt sich der Rückgang allerdings in Grenzen: Hier wurde das viertbeste Ergebnis der letzten 20 Jahre erzielt.

Noch immer seien die neuen Bedingungen nicht optimal. Die Absolventen hätten sich aber weitgehend damit arrangiert, würden sich ihnen doch mehr Varianten bieten. Allen Prüfern, Helfern und Betreuern dankte er für ihren Einsatz, denn sie hätten immer mehr Arbeit zu leisten; insbesondere Klaus Hühold hat mit der Verwaltung eine große Aufgabe übernommen. Immer wieder ein Problem sei die rechtzeitige Abgabe der Laufzettel mit den Gebühren. Neu sei jetzt, den Laufzettel nach der letzten Übung komplett und leserlich ausgefüllt mit den korrekten Bearbeitungsgebühren bei den Prüfern abzugeben; falls das Schwimmen die letzte Übung soll, erfolge die Abgabe ebenfalls bei den Prüfern im Stadion.

Der positive Trend der letzten Jahre habe sich leider nicht fortgesetzt:?Nach mehr als 1.700 Abzeichen 2013 und 2014 waren es jetzt nur 1.482:?1.097 Jugendliche und 385 Erwachsene. Bei den Jugendlichen gab es ein Minus von 225 Absolventen, bei den Erwachsenen waren es 69 weniger. Bei den Familien traten 37 Gruppen mit 137 Teilnehmern an, auch hier ein Rückgang um zehn Gruppen mit rund 20 Absolventen.

Fast konstant war die Zahl bei den Ersterwerbern. Sie seien die »liebsten Kunden«, »aber ich möchte Sie nächstes Jahr auch wiedersehen«, betonte er. Das Sportabzeichen sei der beste TÜV für die Gesundheit, das Flaggschiff des Breitensports, und es sei wichtig, dabei zu bleiben. Die treuen Stammkunden seien die Wiederholer, hier traten gegenüber dem Vorjahr nur 17 weniger an. Bei den Erwerbern mit Zahl sehe man dann schon die Folgen der Alterspyramide, gerade ab der 30. Wiederholung gebe es einen Rückgang. Gründe seien möglicherweise das schlechte Wetter im Herbst und die relativ späten SommerferienDer Sportabzeichen-Obmann rief die Sportler, die in anderen Sportarten sehr gute Leistungen erbringen würden, auf, sich dem »Olympischen Mehrkampforden« zu stellen. Auch die Familien sollten wieder verstärkt antreten. Einen großen Anteil neben Einbeck hätten auch die Stützpunkte in Dassel, Dassensen, Markoldendorf und Naensen geliefert; insgesamt 35 Vereine haben sich beteiligt. Die meisten Erwerber kamen aus dem Bereich der 35- bis 60-Jährigen und überraschenderweise aus der Gruppe der 18-/19-Jährigen, die ältesten seien 80 bis 85 Jahre alt gewesen. Zum Ergebnis beigetragen haben auch 13 Schulen, wobei die Goetheschule mit 492 Abzeichen vorn lag vor der Löns-Realschule mit 131 und der Pestalozzi-Schule mit 97. Einige früher erfolgreiche Schulen habe er vermisst, so Meister, wobei er an die Geldpreise erinnerte, die es für Vereine auf Kreis- und für Schulen auf Landesebene gebe - das seien durchaus Anreize. Leider, stellte er weiter fest, gebe es zu wenig Prüfer. Sie seien bei Wind und Wetter freiwillig auf den Sportplätzen anzutreffen; namentlich Marianne Alten, seit 45 Jahren hier aktiv, hob er hervor.

Eine gute Beteiligung von neun Gruppen gab es beim Ulrich-Böcker-Pokal, der zum 14. Mal vergeben wurde. An der Zahl von 2.000 Sportabzeichen wolle er auch angesichts des enttäuschenden Ergebnisses festhalten. Er dankte allen, die die Aktion unterstützten, auf welcher Ebene auch immer, und er hoffte auf weitere Unterstützung. Er selbst stehe dem Ausschuss seit 25 Jahren vor, und er würde sich freuen, wenn sich einen Nachfolger finde.

Für die Stadt Einbeck lobte der stellvertretende Bürgermeister Alexander Kloss die hervorragenden Leistungen. Die Gesellschaft verändere sich und möglicherweise die Stimmung im weltoffenen, gastfreundlichen Deutschland. Integration von Flüchtlingen gelinge vor allem durch Sprache, aber auch durch Sport:?Sport kenne keine Grenzen, er verbinde Jung und Alt, und vielleicht könne man den neuen Nachbarn damit das Gefühl vermitteln, dass sie angekommen seien. Wenn man das Sportabzeichen auch bei ihnen bekannt mache, könne man sich vielleicht im kommenden Jahr über ein neuen Rekord freuen. Jörg Meister gehöre zu Einbeck wie die drei Türme zum Rathaus, und die leise Rücktrittsankündigung habe er einfach überhört:?»Sie und Ihre Arbeit sind eine wichtige Bereicherung für unsere Stadt.«

Auch der Dasseler Bürgermeister Gerhard Melching ging auf das Flüchtlingsthema ein: Er finde es gut, dass es in der Region so viele Ehrenamtliche gebe, dass sowohl die Flüchtlingshilfe als auch der Sport berücksichtigt würden. Sport sei eine gute Möglichkeit der Integration, etwa durch Fußball. Den Prüfern aus Dassel, Markoldendorf und Sie-vershausen dankte er, verbunden mit einer finanziellen Auszeichnung der Stadt. Er selbst, räume er ein, fehle diesmal in der Statistik. »Apfelernte statt Training«, so seine Entschuldigung, und er spendierte eine Kiste Saft. Dieses Jahr würden die Sommerferien besser liegen, da könne es wieder klappen. Glückwünsche zu den Erfolgen bei diesen »Olympischen Spielen des kleinen Mannes« sprach Hans-Jürgen Schulz aus, Vorsitzender der Sozial- und Sport­stiftung des Landkreises. Das Sportabzeichen – 1913 erstmals verliehen – sei jung und erfolgreich geblieben, und er denke, dass es auch in Zukunft ein zeitgemäßes Angebot sei:?»Viel Erfolg beim Mehrkampf mit sich selber.«

Die stellvertretende Vorsitzende des Landessportbundes Niedersachsen, Dr. Hedda Sander, musste sich ebenfalls als Nicht-Absolventin zu erkennen geben: Aber es fehle ihr an einem Team, das so begeistern könne. Die Schulen hätten im Rahmen der Ganztagsbetreuung Probleme, das Sportabzeichen durchzuführen - dabei komme ihnen doch auch die Aufgabe zu, zu lebenslangem Sport hinzuführen. Die Unterstützung des Kreissportbundes in allen Fragen versicherte der stellvertretende Vorsitzende, Gerhard Haupt, den Teilnehmern.

Dass man das Sportabzeichen weiter gern unterstütze, kündigte Volksbank-Chef Torsten Briest an: Die Volksbank, seit langem Sponsor, sehe die erfolgreiche Aktion. Sport begeistere auch die Mitarbeiter der Volksbank, die gemeinsam trainierten. »Eigentlich müsste ich auch ...« leider bleibe es bisher bei diesem Vorsatz, aber nun habe er die Motivation, das Thema aktiv anzugehen und seinen Beitrag zu leisten, sagte er. Diesmal sei das Jahresende zu schnell gekommen, entschuldigte sich Ulrich Scheele, Leiter des Vorstandssekretariats der Sparkasse Einbeck und sonst ein treuer Sportabzeichen-Absolvent.

Aus eigener Erfahrung wisse er, wie wichtig Training sei, man dürfe nicht gleich aufgeben. Das motivierte Team der Prüfer begleite die Aktiven sehr individuell. Die Sparkasse fördere gern Breitensport, und das Sportabzeichen sei dabei die Paradedisziplin. »Am 10. Mai um 17.30 auf dem Sportplatz – ich bin da, du auch?« machte Jörg Meister gleich den Abnahmetermin für dieses Jahr fest. Für dieses Jahr wünschte er sich bessere Zahlen, damit  bei der Verleihungsfeier am 28. Januar »ein froher Meister« am Pult stehe.ek