Stolpersteine für Familie Stern/Strauß

Gunter Demnig verlegt Gedenktafeln am 12. Februar | Julius Stern kauft Haus Bürgermeisterwall 6 im Jahr 1919

Einbeck. Für die Familie Stern/Strauß werden am 12. Februar in Einbeck Stolpersteine vor dem Haus Bürgermeisterwall 6 verlegt. Stolpersteine sind ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Die Messing-Gedenktafeln, die vor den letzten frei gewählten Wohnorten in den Gehweg verlegt werden, sollen die Namen der Opfer des Nationalsozialismus zurück bringen und dauerhaft an jedes einzelne Schicksal erinnern, wollen alltägliche Mahnmale sein, an denen man nicht vorbei gehen kann.

Die Opfer waren Nachbarn, sie lebten mit den Einbeckern Tür an Tür. Wer war die Familie Stern/Strauß, an die mit den Stolpersteinen erinnert werden soll? Julius Stern, geboren 1886, betreibt seit 1912 eine Viehhandlung in der Hullerser Straße, dort wohnt er zunächst »ohne eigenen Hausstand« zur Untermiete.

Kurz nach der Hochzeit mit Flora Fanny Strauß 1912 zieht das Ehepaar zunächst zum Marktplatz 23, heute als »Steinhaus« bekannt. Ein Jahr später wird Sohn Heinz Rudolf geboren, 1922 Tochter Renate. 1916 lebt für mehrere Monate Minna, die Schwester von Fanny Stern, bei den Sterns in der Wohnung am Marktplatz. Wahrscheinlich lernt sie dort ihren späteren Mann Louis Fuchs kennen. Julius Stern erwirbt 1919 das Haus am Bürgermeisterwall 6, im gleichen Jahr ziehen Louis und Minna Fuchs am Tag ihrer Hochzeit mit dort ein. Louis Fuchs ist zu diesem Zeitpunkt Gesellschafter bei der Peitschenfabrik Stern & Krieger in der Altendorfer Chaussee, das Gebäude kennen viele Einbecker noch als »Möbel-Otto«. Das Ehepaar Fuchs zieht 1932 aus dem Bürgermeisterwall in eine Wohnung auf dem Firmengelände. Im Dezember 1933 ziehen dann Hermann und Bertha Strauß zu ihrer Tochter Fanny und dem Schwiegersohn Julius Stern. Heinz Rudolf Stern wird bereits zu Beginn der 1930-er Jahre an der Universität als Jude diskriminiert und beschimpft. Er verlässt Einbeck deswegen schon 1931 und emigriert zusammen mit einem Onkel nach Sao Paulo/Brasilien. Bis 1935 spitzt sich die Lage für die Familie Stern und alle anderen jüdischen Familien in Einbeck zu.

Renate Stern wird in der Schule als Jüdin ausgegrenzt und gedemütigt, kein Mädchen spielt mehr mit ihr auf dem Schulhof. Julius Stern verzeichnet massive Einschnitte beim Viehhandel. Viele Käufer zahlen das erworbene Vieh =nicht mehr, die SA stellt sich vor die Ställe von Julius Stern, um eventuelle Käufer abzuhalten. Die Familie beschließt zu emigrieren. So verlassen Julius und Renate Stern sowie Hermann und Bertha Strauß im Dezember 1935 Einbeck in Richtung Brasilien. Mit ihnen wandert Hertha, die Tochter von Louis und Minna Fuchs, nach Sao Paulo aus. Mutter Flora Fanny bleibt noch zwei Monate länger in Einbeck als der Rest der Familie, um alles rund um den Verkauf des Hauses zu organisieren, was nur mit großen Verlusten möglich ist.

In Sao Paulo überlebt die Familie, indem sie eine Pension eröffnet. Die ersten Jahre sind hart und entbehrungsreich, unter den einfachsten Bedingungen leben die Familien Stern und Strauß in dem neuen Land und müssen versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen.oh