Totempfähle, Gletscher und begeisterte Konzertbesucher in Kanada

Jugendchor St. Nicolai reiste zwei Wochen durch Westkanada / Viele deutschsprachige Zuhörer / Beeindruckende Landschaften / Dank an Sponsoren

Eine wunderschöne Landschaft, Städte mit sehr unterschiedlichem Charakter, herzliche Gastgeber, interessante Einblicke in kanadisches Leben und überall begeisterte Zuhörer, das sind die Eindrücke des Jugendchores St. Nicolai von einer gut organisierten zweiwöchigen Reise durch Westkanada.

Einbeck. Auf der Weltkarte ist der Bereich Edmonton-Vancouver/Victoria nur ein sehr kleiner Teil des riesigen Landes Kanada. Der Chor reiste aber im Bus von einem zum anderen Ort und merkte, dass es rund 2.000 Kilometer und zwei Zeitzonen sind. Dafür waren zwei Wochen gerade ausreichend. Und die Landschaft war sehr unterschiedlich: Zwischen Edmonton und Calgary etwas eintönig, aber weiter Richtung Westen taten sich mit Durchquerung der Rocky Mountains schneebedeckte Berge und Gletscher auf, und bergig blieb es bis zum Pazifik. Dazwischen lag allerdings das langgestreckte Okanagan-Tal, Kanadas Obst-, Gemüse- und Weingarten, mitten darin Kelowna. Und von Vancouver ging es mit der Fähre weiter nach Victoria auf Vancouver Island, dem Ende und zugleich Höhepunkt der Reise. Die Gruppe hatte durchgängig schönes, nicht zu warmes Sommerwetter.

Chorleiterin Karin Salzer hatte erste Kontakte bei einem Chorwettbewerb in Prag 2009 geknüpft, die 2010 in Kanada vertieft und ausgeweitet werden konnten. Dabei tat sie ein Reisebüro in Vancouver auf, das die Reise unter Berücksichtigung der gefundenen Kontaktpunkte und -personen perfekt organisierte: vom großen bequemen Bus mit Fahrer Frank über Hotels, Dinner- und Luncharrangements bis hin zum Bad in der heißen Quelle in Banff. Nur die Flüge waren in Deutschland gebucht worden.

Die Reise wäre ohne Sponsoren nicht möglich gewesen. Der Jugendchor dankt herzlich der AKB-Stiftung/Stiftung der Familie Büchting, der Jugendstiftung des Landkreises Northeim und der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft für die finanzielle Unterstützung.

Der Hinflug ging von Frankfurt über Calgary nach Edmonton. Über Calgary tobte gerade ein Gewitter, so musste der Pilot einen großen Bogen fliegen, um von Westen zu landen, während das Gewitter nach Osten abzog. Trotzdem ging es nicht ohne Turbulenzen ab. Die Folge waren verzögerter Abflug nach und verspätete Ankunft in Edmonton. Der Rückflug ging von Victoria über Toronto nach Frankfurt. Dabei passierte es, dass das Flugzeug erst verspätet starten konnte, weil die Piloten nicht auffindbar waren; erst nach anderthalb Stunden tauchten sie auf. Zum Glück war der Zwischenaufenthalt lang genug, um die Maschine nach Frankfurt noch rechtzeitig zu erreichen.

Die besuchten Städte waren teils etwas monoton, teils aber sehr interessant beziehungsweise sogar atemberaubend schön. Edmonton ist eine gesichtslose Großstadt, sie wurde gegründet, als Einbeck über seine alten Stadtmauern hinaus wuchs: zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Calgary hatte etwas mehr zu bieten, wie Mike Gardner zeigte, auch weil es einmal die Winterolympiade beherbergt hatte. Banff hat etwas »Bayrisches« an sich, Garmisch ließ grüßen. Von Kelowna sah man bei nur einer Übernachtung kaum etwas, dagegen von der Perle Vancouver in zwei Tagen umso mehr: die schöne Hafenfront vom Lookout-Tower, Gastown, den Stanley-Park, den Blick vom Grouse Mountain und schließlich Granville Island. Die Sänger wunderten sich nicht, dass die Stadt von Ostasiaten, vor allem Chinesen (aus Hongkong) sehr begehrt ist, sie bestimmen das Straßenbild sehr mit. Und schließlich das Kleinod Victoria, die britischste Stadt in Nordamerika: Man meint tatsächlich in England zu sein. Es war ein schöner Abschluss, vor allem auch der Besuch in Butcharts Garden.

Unterschiedlich wie die Landschaften und Städte waren die Unterkünfte. Saubere, normale Hotels in Edmonton und Vancouver wechselten sich mit dem Youth Hostel in Lake Louise ab, das sein eigenes Flair hatte, selbst das übliche »continental breakfast« brachte es mit viel Obst und Müsli zu großem Lob bei den Teilnehmern. Genauso unterschiedlich waren Dinner und Lunch: Von Pizza über Spaghetti bis zu genuss-voll zubereitetem Steak und Lachs war alles drin. Lachs scheint das kanadische Nationalgericht zu sein. Das Frühstück in den Gastfamilien war geradezu üppig amerikanisch und/oder europäisch, auch die Lunchpakete.

Überhaupt waren die Teilnehmer von der kanadischen Gastfreundschaft in drei Orten überwältigt, so viel Herzlichkeit hatten sie kaum erwartet. Die Sprache war nirgends ein Hindernis. In Victoria waren es sogar überwiegend deutschsprechende Gastfamilien, da fühlten sie sich natürlich richtig zuhause. Zum Abschluss lud eine dieser Familien den ganzen Chor zum Grillen mit Bratwurst und deutschem Bier ein.Der Jugendchor St. Nicolai machte keinen Hehl aus seinem Heimatort Einbeck. Tom Astein hatte eine musikalisch unterlegte Video-show über Einbeck vorbereitet, über Geschichte, Stadtbild und Sehenswürdigkeiten. Sie wurde gut aufgenommen.

Die Konzerte des Jugendchores wurden überall mit großem Applaus bedacht, selbst wenn der Zuhörerkreis, wie in Vancouver, nur sehr klein war. Das vielseitige Programm (auswendig gesungen) mit geistlichen Liedern, deutschen Volksliedern und Musicalsongs, nicht zu vergessen die Solos von Sabrina Lürig, wurde sehr gelobt – und das nicht nur von deutschsprachigen Zuhörern wie bei der deutsch-kanadischen Gesellschaft in Edmonton und dem Edelweißclub in Victoria. Selbst die erfahrenen Chorleiter Mike und Anne Gardner in Calgary waren angetan. Von so viel Lob und großem Publikum angefeuert, wuchs der Chor über sich hinaus.Was er nicht erwartet hatte, waren die vielen deutschsprachigen Zuhörer, die überall zuhörten, das hatte man in den USA kaum erlebt. Die Sänger trafen viele Deutschkanadier, die dort seit 50 bis 60 Jahren leben, also nach dem Zweiten Weltkrieg ausgewandert sind, und sogar ehemalige Einbecker waren darunter. Viele waren an ihrem Dialekt noch einer deutschen Region zuzuordnen. Aber es waren überwiegend ältere Leute, die berichteten, dass ihre Kinder kaum noch deutsch sprechen und ihre Enkel überhaupt nicht mehr. Die Sänger waren überaus dankbar für diese heimatlichen Klänge.

Die musikalischen Aktivitäten des Chores in Kanada waren weitgefächert. Es begann mit der Teilnahme an der »Singspiration« im University College of Alberta in Edmonton. 80 Schüler und Studenten nahmen an der Singwoche teil. Die Gäste sangen ihnen etwas vor, lernten neue afrikanische Lieder von ihnen und übten mit ihnen das deutsches Volkslied »Als wir jüngst in Regensburg waren« ein. Der erste »richtige« Auftritt war im Royal Alex Hospital, abends war das erste Konzert in der deutsch-kanadischen Kulturvereinigung Edmonton. Zwei Tage später folgte ein Konzert in der United Knox Church in Calgary, und am nächsten Tag sang der Chor im Garten des berühmten Fairmont-Hotels in Lake Louise – vor einer atemberaubend schönen Kulisse von See und schneebedeckten Bergen. In Kelowna hatte die First Lutheran Church in eine sehr neue moderne Kirche eingeladen, auch hier machte das Singen richtig Spaß, und die Zuhörer lohnten es mit großem Applaus. In einer weiteren Lutheran Church waren sie in Vancouver, leider waren Besuch und Echo nur gering. Umso schöner und erfolgreicher war das letzte Konzert im Edelweißclub Victoria als schöner Abschluss.

Die Reise nach Kanada des Jugendchores war eine Reise in eine andere Welt. Sie war für alle ein großes Erlebnis und wird sicher viele ermuntern, einmal ein Jahr im englisch- oder spanischsprechendem Ausland zu verbringen, so wie es schon acht der Älteren gemacht haben oder es gerade tun.oh