»Unser Handwerk ist ein Stück Lebensqualität«

Kreishandwerksmeister Hermann-Josef Hupe fordert bei Gildentag Bürokratieabbau | Flüchtlinge integrieren

Zahlreiche Teil­nehmer haben die Festveranstaltung zum Gildentag im BBS-Forum besucht; in der ersten Reihe (von links) Kreishandwerksmeister Hermann-Josef Hupe, Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, Superintendent Jan von Lingen, der Kalefelder Bürgermeister Jens Meyer, die stellvertretende Landrätin Gudrun Borchers, Delfino Roman, Präsident der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen, und der stellver­tretende Kreis­handwerksmeister Götz Girmann.

Einbeck. Ausdrücklich bedankte sich der Kreishandwerksmeister für die gute Teilnahme, denn der Besuch sei bei den sich häufenden Empfängen am Jahresanfang keine Selbstverständlichkeit. In fast allen Neujahrsveranstaltungen gehe es diesmal um das Flüchtlingsthema, wobei die Kölner Silvesternacht den Umgang noch erschwert habe. »Soziale Exzesse im Internet sind für unsere Gesellschaft inakzeptabel und können in keiner Weise toleriert werden«, sagte er unter Applaus. Man brauche bei Straftaten eine schnelle Aufklärung und eine deutliche und zeitnahe Antwort des Rechtsstaats, und gemeinsam müsse man daran arbeiten, solche Vorkommnisse zu verhindern.

Die Debatte zur künftigen Gestaltung des Miteinanders sei notwendig, aber sie sollte sachlich geführt werden. Hinter den Ängsten, die geschürt würden, trete das viele Positive, das die Flüchtlingsarbeit geleistet habe und noch leiste, in den Hintergrund. Nach seiner christlichen Überzeugung sollte sich jeder positiv für die Mehrheit der Flüchtlinge einbringen, forderte er. »Jede Krise ist auch eine Chance«, danach werde durch viele junge Zuwanderer der Altersdurchschnitt in Deutschland gesenkt. Die jungen Menschen könnten ausgebildet und in das Sozialsystem eingegliedert werden. Um diese Herausforderung zu meistern, müsse man aber alle Kraft für die Integration der Flüchtlinge einsetzen und von ihnen wiederum einfordern, den deutschen Rechtsstaat und das Staatswesen mit seiner christlichen Kultur anzuerkennen – auch dafür gab es Applaus.

Gespannt sei das Handwerk, wie die Landratswahl am 28. Februar ausgehen werde. Alle drei Landratskandidaten waren beim Gildentag übrigens anwesend.

Das niedersächsische Handwerk, sagte er in Richtung des Festredners, Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, sei mit seinen 83.000 Betrieben, 520.000 Beschäftigten und fast 49.000 Auszubildenden sowie rund 48 Milliarden Jahresumsatz einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren im Land. Im Landkreis Northeim gebe es 1.484 Betriebe, 6.500 Beschäftigte und 569 Auszubildende. Diese Leistungen erforderten Rahmenbedingungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe stärken könnten. Demografischer Wandel, Fachkräftesicherung, Innovation, Investition, Energiewende und Digitalisierung, das seien nur einige der Herausforderungen, aber auch der Chancen für das Handwerk. Das Handwerk fordere die Politik deshalb unter anderem zum verstärkten Bürokratieabbau auf, beispielsweise durch die Reform des Tariftreue- und Vergabegesetzes. Auch energetische Sanierung und Förderung müssten schnellstmöglich wieder auf die politische Tagesordnung. Bei anlasslosen Kontrollen dürfe es keine Kontrollgebühren geben, und die Neugestaltung der Erbschaftssteuer müsse so aussehen, dass insbesondere Familien- und Handwerksbetriebe in Fortbestand und Entwicklung nicht gefährdet seien. Die Zusammenarbeit zwischen Handwerk und Schule solle gestärkt werden, und um Studienaussteiger sollte man sich verstärkt kümmern. Weiter rief Hupe die Politik auf, sich dafür einzusetzen, die Meisterpflicht als Gründungsvoraussetzung für Handwerksunternehmen zu sehen. Und auch von der dualen Ausbildung dürfe man nicht abweichen, sie sei zudem ein Exportschlager. Er rief weiter dazu auf, dazu beizutragen, dass die Attraktivität von Handwerksberufen steigt, dass berufliche und akademische Bildung als gleichwertig gesehen werden und sich die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern.

Das Handwerk, so der Kreishandwerksmeister weiter, sei Jahrhundert alt, universell aufgestellt und im Leben vieler Menschen präsent. »Ohne unser Handwerk wäre unser Alltag nicht vorstellbar. Das Handwerk ist damit ein Stück Lebensqualität.« Der Blick in die Zukunft zeige aber, dass es zusehends schwerer werde für die Betriebe. »Deshalb erwarten wir dringend politische Weichenstellungen, die uns entlasten«, insbesondere zur Entbürokratisierung und zur steuerlichen Erleichterung. Er sei gespannt, inwieweit der Finanzminister als Festredner auf diese Themen eingehen werde.ek