Verurteilung wegen Fahrlässigkeit

Viermonatige Bewährungsstrafe für Hundehalterin aus Wenzen

Wegen Fahrlässigkeit, also der nicht üblichen erforderlichen Sorgfalt, verurteilte das Amtsgericht Einbeck eine Wenzenerin zu fünf Monaten auf Bewährung. Am 6. September 2014 hatten mindestens sieben ihrer Hunde (fünf weitere sollen im Haus gewesen sein) die damals 87-jährige Nachbarin attackiert und ihr heftige Bisswunden an Armen und Beinen zugeführt. Wegen der Tiefe der Verletzungen wurde sie im Kranken-haus stationär behandelt, der Heilungsprozess zog sich bis April hin.

Einbeck. Gegen 16.30 Uhr sah ein Nachbar am 6. September, dass die 87-Jährige auf dem Grundstück am oberen Rand von Wenzen von mehreren Hunden angegangen wurde. Die Tiere bissen in ihre Beine. Als sie sich herunterbeugte, um sich zu befreien, attackierten sie auch ihre Arme. Der Nachbar bemerkte den Vorfall beim Rasenmähen, fuhr mit seinem Gefährt auf die Tiere zu, verwirrte sie damit, und brachte das Opfer in Sicherheit. Bis zur Haustür wurden sie von den Tieren, die sich beruhigt hatten, verfolgt. Er alarmierte umgehend die Rettungskräfte. Dem Nachbarn wurde für seine Zivilcourage gedankt.

Gemäß der Blutspuren wurde die alte Frau im hinteren Teil des Grundstücks, in das die Tiere schon öfter durch Löcher im Zaun gelangten, zuerst angegriffen. Sie bewegte sich, wahrscheinlich um sich in die Sicherheit des Hauses zu retten, in den vorderen Bereich des Geländes. Die Hunde stellten sie in der Nähe des Zaunes erneut, bevor der Nachbar ihr zur Hilfe kam.

Die Angeklagte, die erst kurz nach der Tat bei sich zu Hause eintraf, bedauerte den Vorfall glaubhaft. Noch am Tattag erkundigte sie sich bei den Angehörigen nach dem Zustand der Verletzten, mit der sie ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis hatte. In das Haus ihrer Vorfahren sei sie 2008 eingezogen, erklärte die 39-Jährige, schon ihre Großeltern betrieben Hundehaltung und -zucht. Dafür erhielt sie 2008 auch die Genehmigung vom Veterinäramt des Landkreises Northeim.

Konti­nuierlich wollte sie alles mit ihrem Lebensgefährten instand setzen, doch habe oft das Schicksal nicht mitgespielt. Geld war meistens nicht vorhanden. Sie verdiente es nur durch die Zucht, Unter­stützung erhält sie von ihrem Lebensge­fährten.

Nach einem Beißvorfall im Februar 2014, für den die Wenzenerin zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, wies die Verwaltung der Stadt Einbeck darauf hin, dass zur Gefahrenabwehr die Einfriedung ausbruchsicher sein muss. Zur Antwort erhielt die Stadt, dass dies passiere, wenn das Wetter gut und Geld vorhanden sei. Als Folge der Attacke im September wurden die Zäune repariert. Regelmäßige Kontrollen belegen, dass die Bestimmungen erfüllt werden.

Die Vertreterin vom Veterinäramt des Landkreises Northeim erklärte, dass man für die Haltung und Zucht einen umfassenden Antrag mit vielen spezifischen Angaben wie Anzahl, Rasse oder geplante Höhe der Würfe stellen muss. Weitere Voraussetzungen seien unter anderem Sachkunde, Verlässlichkeit und vorhandenes Terrain. Dem Antrag der Angeklagten wurde 2008 zugestimmt. In der Folge gab es jedoch mehrere tierrechtliche Beschwerden. Öfter waren mehrere Hunde außerhalb des Grundstücks ohne Halter anzutreffen. Ein Jungtierrudel, das wie in Wenzen sieben bis acht Tiere umfasse, könne eine hohe Dynamik entwickeln. Es sei teilweise schwer zu kontrollieren. Der Verdacht der Nachlässigkeit tauchte auf, Belehrungsanschreiben folgten. Nach der Beißattacke darf die 39-Jährige Hunde halten, aber nicht züchten.

Der Neffe des Opfers teilte mit, dass am 6. September schon 15 Minuten vor der Attacke einige Tiere im hinteren Teil des Gartens seiner Tante waren. Drei bis vier habe er zurückgesetzt, weitere seien selber durch den Zaun zurückgekehrt. Konfliktpotenzial und Aggressivität lagen zu dem Zeitpunkt nicht vor. Durch Löcher gab es öfter Hundebesuch. Mit Brettern am Maschendrahtzaun wurde versucht, das zu verhindern, gelang aber nicht. Was genau passiert sei und warum die Tiere angriffen, das wisse keiner.

Nach der Attacke war seine Tante stark eingeschränkt und traumatisiert. 29 Tage wurde sie stationär behandelt. Die tiefsten Bissverletzungen waren erst Anfang April verheilt. Einschränkungen gab es bei Spaziergängen und Aufenthalten im Garten. Vorher konnte sie gut mit Tieren umgehen, hinterher war es schwierig. Kürzlich verstarb sie.

Eine weitere Zeugin teilte mit, dass ihr Grundstück ebenfalls öfter von den Hunden aufgesucht wurde. Die Grenzübertritte samt Hinterlassenschaft beeinträchtigten ihre Kinder, die im Garten spielen wollten.Als sie vor Ort ankam, standen Opfer und Retter unter Schock, berichtete die Polizistin des Polizeikommissariats Einbeck. Die Blutspur auf dem Grundstück war ersichtlich. Beim Gespräch mit der Halterin stellte sich heraus, dass sie während der Tatzeit kurz unterwegs war. Die Ortsbesichtigung ergab: der Metallzaun im vorderen Teil des Gartens war in Ordnung, der Maschendrahtzaun im hinteren Bereich desolat.

Der Richter verurteilte die Angeklagte zu vier Monaten auf Bewährung sowie 600 Euro Strafe, zu zahlen in monatlichen Raten. Mindestens sieben junge Hunde hätten sich schwer, intensiv und lang anhaltend in die 87-Jährige verbissen, es handele sich um eine massive Attacke.

Durch Löcher im Zaun kamen sie auf das Nachbargrundstück und attackierten die ältere Frau. Warum und was genau passiert sei, das wisse man nicht, doch waren die Tiere aufgewühlt und äußerst aggressiv, wie der Zeuge vor seiner Rettungstat feststellte. Es liege Fahrlässigkeit vor. Den anberaumten Sicherungsmaßnahmen nach dem Vorfall im Februar wurde nicht gefolgt. Bei bewiesener Sachkunde müsse jeder Halter wissen, dass Hunde, vor allem wenn sie im Rudel sind, Risiken in sich bergen würden. Besondere Vorkehrungen seien zu treffen. Ein Wurf dürfe nicht mehrere Monate zusammenbleiben. Gebe es keine Veräußerung, seien Absonderungen zu treffen.

Er warf ihr vor, sie habe sich zu wenige Gedanken über Risiken und Höhe des Gefährdungspotenzials, schwerwiegende Folgen, Sorgfaltspflicht sowie Verantwortlichkeit gemacht. Zu ihren Gunsten wurde gewertet, dass sie sich glaubhaft entschuldigt habe, der Vorfall ihr leidtat, sie sich unmittelbar um das Opfer sorgte und sie die Attacke selber tief betroffen habe.

Die Schwere der Verletzungen, die Missachtung der Sicherungsmaßnahmen und die Vorbestrafung wirkten sich negativ aus. Die Angeklagte wisse, dass sie etwas falsch gemacht habe, sie bedauere das Geschehen.mru