Vorsorge: »Je eher, desto besser«

Darmkrebs: Vortrag von Dr. Olaf Städtler beim Förderverein des Einbecker Bürgerspitals

Einbeck. Bei frühzeitiger Diagnose sei Darmkrebs heilbar, sagte Dr. Olaf Städtler beim Förderverein des Bürgerspitals. Einen wichtigen Aspekt spiele die Vorsorge: »Je eher, desto besser«.

Darmkrebs (kolorektales Karzinom) zähle zu den am besten erforschten Krebsarten, erklärte der medizinische Geschäftsführer des Bürgerspitals und Chefarzt der Inneren Medizin. 90 Prozent der Erkrankungen entwickeln sich aus zunächst gutartigen Darmpolypen (Adenom). Die »Enttarnung« zum Karzinom könne dann rund zehn Jahre dauern.

Bei Frauen und Männern liege Darmkrebs bei Neuerkrankungen mit 17,4 Prozent beziehungsweise 16,3 Prozent an zweiter Stelle (hinter Brust- und Prostataerkrankung). Zusammen addiert, sei das kolorektales Karzinom die häufigste Krebsform in Deutschland. Mehr als 62.000 neue Fälle gebe es pro Jahr, rund 26.000 enden tödlich. Zur Erläuterung verglich Städtler: »Wenn am Ende des Jahres in Einbeck keiner mehr lebt, war keiner bei der Vorsorge.« Wichtig seien rechtzeitige Untersuchungen.

Vor einigen Jahren warb der Schauspieler Manfred Krug für die Darmspiegelung (Koloskopie), die effektivste und treffsicherste Methode der Früherkennung. Einige hätten Scham oder Angst, sich »unten herum« behandeln zu lassen. Die Untersuchung sei aber kein »Horrorszenario«, sondern eine erfolgreiche Vorsorgemaßnahme. Mit dem Prozess lasse sich Darmkrebs zu einem großen Teil verhindern. Im Bürgerspital werde sie jährlich mehr als 1.000 Mal durchgeführt, pro Tag gebe es fünf bis sechs Koloskopien.

Die Darmpolypen siedeln sich an der Bauhin´sche Klappe, dem Übergang von Dünndarm zu Dickdarm, an. Beim sukzessiven Prozess wachsen die Krebszellen unkontrolliert und teilen sich. Dabei missachten sie natürliche Grenzen, sie verbreiten sich in angrenzendes Gewebe und können sich aus ihrem Zellverband lösen. Fatal sei, so Städtler, der Darm werde nicht sensibel versorgt, die Entwicklung zum Karzinom merke man oft gar nicht. Weiter kann es passieren, dass Krebszellen ihren Entstehungsort verlassen und mit Blut oder Lymphflüssigkeit in andere Organe auswandern. Dort bilden sie Tochtergeschwülste, die sogenannten Metastasen.

Bei einer Tumorerkrankung abzuwarten, sei fatal, so der Chefarzt, jede Woche, die verstreiche, schade. Konsumierende Eigenschaften haben Tumore, sie ziehen aus benachbarten Zellen und Bereichen Energie.Mögliche Symptome einer Darmkrebserkrankung sind: unbestimmte Leistungsminderung, erhöhte Müdigkeit, blasse Haut, unklarer Gewichtsverlust, leichtes Fieber oder ungewöhnlich starker Nachtschweiß. Sie können aber auch andere Gründe haben. Sichtbare Blutbeimengungen im Stuhl, Änderungen der Stuhlgewohnheiten, vermehrter Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung oder häufiger Stuhldrang mit Blähungen mit Abgang seien schon charakteristischer. Beim vermehrten Auftreten dieser »Warnsignale« sei ein Arzt zu konsultieren. Einhergehe ein schleichender Blutverlust. Niedrige Blut-ph-Werte können vorliegen, die auf Erkrankungen hinweisen, ohne dass die Betroffenen es merken.

Bei einem Krebsverdacht sei ein möglichst früher Arztbesuch von großer Wichtigkeit, die Heilungschancen hängen erheblich davon ab, wie früh die Krankheit aufgespürt werde. Zunächst widme sich der Arzt der Krankengeschichte (Anamnese). Er fragt nach dem aktuellen Befinden, körperlichen Besonderheiten und Veränderungen, Entwicklungen in der Kindheit, Anfälligkeiten für Allergien, frühere Krankheiten sowie Unfällen oder Operationen. Eine große Rolle spiele, welche Beeinträchtigungen bei Verwandten auftraten. Insbesondere, ob jemand an Krebs leidet oder deshalb starb. Eine relativ einfache Methode, die der Hausarzt durchführen kann, sei die Austastung des Mastdarms mit dem Finger. Damit seien einige Tumore zu entdecken. Sie oder Polypen können auch in höher gelegenen Darmabschnitten liegen, so dass die Austastung nur als Vorsorge nicht ausreiche.Darmpolypen und Tumore sondern oft Blut ab, das mit bloßem Auge nicht zu erkennen sei. Blutspuren können Okkultbluttests sichtbar machen.Äußerst effektiv und treffsicher sei die Koloskopie zur Früherkennung. Fast alle Polypen werden gefunden, ein Abtrag sei möglich. Darüber hinaus werden Darmtumore in einem frühen Stadium entdeckt, in dem sie noch heilbar seien.Bei dem Verfahren führt der Arzt ein dünnes, schlauchförmiges Untersuchungsgerät (Endoskop) durch den After in den Darm ein. An der Spitze ist eine Minikamera montiert, mit der das Innere des Darms inspiziert wird. Durch spezielle Arbeitskanäle im Endoskop sind kleine Instrumente in den Darm einschiebbar. Mit ihnen entnimmt der Arzt Gewebeproben oder entfernt gefährliche Darmpolypen; weiter seien auch Veränderungen der Darmschleimhaut zu erkennen.

Für alle, die weder eine familiäre Belastung noch ein erhöhtes Risiko aufgrund einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung haben, werde empfohlen, ab 50 Jahren zur Darmkrebsvorsorge zu gehen. Stuhluntersuchungen auf verborgenes Blut oder eine Tastuntersuchung des Enddarms erfolgen. Ab dem Alter steigt das Risiko für altersbedingten Darmkrebs. Zu Koloskopien als Vorsorge werde ebenfalls geraten. Ein Wahlrecht der Untersuchungsmethoden gibt es ab 55 Jahren. Alle zehn Jahre sei die Darmspiegelung zu wiederholen, bei Auffälligkeiten öfter. Für Risikopatienten mit unter anderem familiären Vorbelastungen oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen können präventive Maßnahmen schon früher erforderlich sein. Zum Schluss appellierte Städtler, sich frühzeitig um die Vorsorge zu kümmern, »Je eher, desto besser«.

Brunhild Vatterodt, Vorsitzende des Förder­vereins, dankte ihm für den interessanten Vortrag. Jeder sollte sich frühzeitig mit dem Thema »Darmkrebsvorsorge« befassen, sagte sie. Informationen dazu gebe es bei Hausärzten und beim Bürgerspital, aber auch bei der Deutschen ILCO, der Selbst­hilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs.mru