Bevölkerungszahl sinkt – das bedeutet weniger Geld

Geringere Schlüsselzuweisungen | Strategie scheint notwendig | Arbeitsgruppe trifft sich

Immer weniger Menschen leben in Dassel: Deshalb muss die Kommune mit weniger Geld auskommen.

Dassel. Die Zahlen sorgen für eine düstere Prognose: Dassels Bevölkerungszahl geht zurück, damit verbunden sind auch geringere Schlüsselzuweisungen für die Kommune. Ideen müssen her, wie die freiwilligen Leistungen weiter gestützt und erhalten werden können. Auch die organisatorischen Aufgaben müssen verschlankt werden. Gemeinsam muss an den richtigen Stellschrauben gedreht werden, meint Bürgermeister Gerhard Melching, Verlierer dürfe es nicht geben.

Ende Dezember hatte Dassel – nach Auswertung der Einwohnermeldedaten – 9.706 Einwohner (mit Erst- und Hauptwohnsitz), im Jahr 2000 waren es noch 11.837 Menschen. Allein 190 Personen hat Dassel im Vergleich zum Vorjahr verloren. Blickt man auf die vergangenen zehn Jahre haben vor allem die kleineren Orte wie Deitersen, Ellensen oder Hunnesrück Einwohner verloren. In Dassel sank die Einwohnerzahl von 2007 zu 2017 von 2.380 auf 2.199 Menschen, in Deitersen von 188 auf 139, in Markoldendorf von 2.160 auf 1.946 Menschen.

Die Zahlen des niedersächsischen Landesamtes für Statistik werden als Grundlage für die Schlüsselzuweisungen genutzt. Sie sind geringer als die Zahlen aus dem Dasseler Rathaus. Wegen Umstellung der Datenbanken sind die Zahlen nicht aktuell, liegen lediglich bis September 2016 vor. Durch die verspätete Feststellung der Einwohnerzahlen droht der Stadt Dassel für das Haushaltsjahr 2017 eine Rückzahlung von mehr als 100.000 Euro. Im Haushalt 2018 wurden rund 36.000 Euro an Rückstellungen wegen zu erwartender Korrekturen im Finanzausgleich eingeplant. Diese Summen fehlen – beispielsweise für die Ortsratsbudgets oder die Freibäder.

Die Zahlen der Landesstatistik weisen in den Jahren 2000 bis 2015 einen deutlichen Sterbeüberschuss für Dassel aus: 1.083 Geborenen stehen 2.056 Gestorbene gegenüber. Plastisch gesehen ist damit ein Dorf der Größe Lauenbergs verschwunden. Hinzu kommt die Überalterung: Das Durchschnittsalter lag im Jahr 2000 bei 41,8 Jahren, mittlerweile ist es im Jahr 2014 auf 47,2 Jahre geklettert. In der Nachbarkommune Einbeck beispielsweise lag das Durchschnittsalter im Jahr 2014 bei 47,1 Jahren. Seit dem Jahr 2000 ziehen mehr Menschen fort als zu. Lediglich 2014 gab es einen kleinen Wanderungsgewinn, woraufhin auch sogleich neue Gruppen in den Kindertagesstätten eingerichtet werden mussten. In 14 Jahren – also zwischen 2000 und 2014 – haben jedoch mehr als 1.000 Menschen die Stadt verlassen.

Die »bedrohliche« Einwohnerentwicklung und damit verbunden sinkende Finanzzuweisungen für die Kommune machen neue Wege in der Zusammenarbeit der Ortschaften notwendig, meint der Bürgermeister.

Melching kritisiert in diesem Zusammenhang auch die erneute Veränderung des Stichtages zur Festlegung der Einwohnerzahlen für den Finanzausgleich 2017. Dieser war einmalig durch Gesetz vom 30. Juni 2016 auf den 31. Dezember 2015 verändert worden. Davon ist Dassel betroffen, waren Ende 2015 doch in zwei Institutionen Flüchtlinge untergebracht. Wenige Monate später aber waren die Geflüchteten wieder weg. Durch die Berücksichtigung der erhöhten Einwohnerzahl (und damit höheren Zuweisungen) sei der zusätzliche Aufwand der Verwaltung und die Unterstützung durch Ehrenamtliche gut honoriert worden, meint Melching. Nachdem nun aber Einwohnerverluste zu verzeichnen sind, droht der Stadt die Rückzahlung. Deshalb bittet Bürgermeister Melching den niedersächsischen Innenminister um Überprüfung des Niedersächsischen Finanzausgleichgesetzes. Dabei soll berücksichtigt werden, dass Kommunen wie Dassel bei der Flüchtlingsunterbringung besondere Leistungen für das Land erbracht haben.

Zu einer Arbeitsgruppe hat der Bürgermeister die politischen Vertreter am 30. Januar eingeladen. Sein Vorschlag, den Gewerbesteuerhebesatz zu senken, um das produzierende Gewerbe anzulocken, hat im vergangenen Jahr keine politische Mehrheit gefunden. Mit der Bezeichnung »Grafschaft Dassel« den
Tourismus zu stärken, konnte die Stadt im Jahr 2011 bei der damaligen Landesregierung nicht durchdringen.

Das Gutachten, das Dassel als attraktive Landstadt ausweist, hat vorgegeben, auf die Bedürfnisse von Senioren zu setzen, damit in diesem Bereich im Dienstleistungssektor Arbeitsplätze geschaffen werden. Auch in diesem Bereich weist die Landesstatik einen deutlich Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse am Arbeitsort Dassel auf. Waren im Jahr 2000 noch 2.368 Beschäftigungsverhältnisse gezählt worden, waren es im Jahr 2014 nur noch 1.907. Der Zuwachs von Beschäftigungsverhältnissen in den folgenden Jahren (2016: 1.958) gleicht die Verluste nicht aus. Denn der Abbau der Arbeitsplätze im Produktionsbereich konnte im Dienstleistungssektor nicht aufgefangen werden.

Melching räumt ein, dass seine Versuche, eine Richtung zu vereinbaren, gescheitert seien. Trotz der Erfolge »fehlt uns eine Strategie«, zusätzliche Arbeitsplätze zu ermöglichen. Die Schwierigkeiten in der Breitbandversorgung oder dem öffentlichen Personennahverkehr kann die Stadt Dassel allerdings nicht lösen. Hier benötigt der gesamte ländliche Raum eine bundesweite Strategie.sts