Gut gerüstet, um dem Markt zu begegnen

Aktionärsversammlung des Einbecker Brauhauses | Letzte Rede von Lothar Gauß | Acht Cent Dividende

Der Aufsichtsratsvorsitzende Robert A. Depner (Mitte) verabschiedete Brauhaus-Vorstandssprecher Lothar Gauß (rechts) mit Karnevalskarten für eine Sitzung in Köln. Ab Oktober wird Martin Deutsch (links), bisher im Team mit Gauß, Alleinvorstand des Unternehmens.

Einbeck. Die letzte Rede von Lothar Gauß als Vorstandssprecher des Einbecker Brauhauses, eine Dividende von acht Cent je Stückaktie, starkes Vertrauen in den Vorstand und die Hoffnung, dass das Brauhaus die rückläufige Tendenz auf dem Biermarkt möglicherweise nicht umkehren, aber ihr stark begegnen kann, das kennzeichnete die Aktionärsversammlung am heutigen Dienstag in der PS.Halle.

In einer knapp dreiviertelstündigen Rede machte Lothar Gauß zunächst allgemeine Ausführungen zum Biermarkt: Ein regenreiches Jahr mit einem durchwachsenen Sommer habe der Branche einen Strich durch die Rechnung gemacht: »Das Wetter ist unser bester Verkäufer.« Das Absatzvolumen werde von einer steigenden Anzahl Brauereien hergestellt. Allein 2017 seien 82 neue Braustätten in Deutschland entstanden. Jetzt gebe es 1.492; lediglich 164 Brauereien produzieren aber mehr als 50.000 Hektoliter pro Jahr.

Der Gründer-Boom führe zu einer Zunahme der Marken- und Sortenvielfalt. 2017 wurden vom Einbecker Brauhaus 575.542 Hektoliter Bier abgesetzt, 1,7 Prozent weniger als im Geschäftsjahr zuvor. Damit habe sich Einbecker besser entwickelt als der Gesamtmarkt, der ein Minus von 2,3 Prozent hatte. Die Eigenmarken hatten mit 448.000 Hektolitern einen Anteil von 78 Prozent am Gesamtabsatz.

Zufrieden sei man insbesondere mit der Absatzentwicklung von Brauherren Pils und Landbier. Im Fokus stand im Jahr des Reformationsjubiläums Luthers Lieblingsbier, Ainpöckisch 1378. Mit der Entwicklung der Eigenmarken insgesamt sei man allerdings nicht zufrieden. Ausgewirkt habe sich die Preiserhöhung für Fassbier ebenso wie die Schließung des Standorts Kassel. Erfreulich habe sich, wenn auch auf niedrigem Niveau, das Exportgeschäft entwickelt.

Im Lohnbraubereich wurden 125.000 Hektoliter abgesetzt, der Anteil an alkoholfreien Bieren lag da bei 55 Prozent. Die Umsatzerlöse beliefen sich auf 31,8 Millionen Euro, davon 31 Millionen für die abgesetzten Biere. Das waren 0,8 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Reduzieren konnte man die spezifischen Herstellkosten. Nachdem über Jahre das Betriebsergebnis kontinuierlich gestiegen ist, lag es Ende 2017 um etwa eine halbe Million Euro unter dem des Vorjahres.

Alle Bemühungen auf der Kostenseite hätten nicht ausgereicht, die Erlösminderungen aus den Bierabsätzen und die einmaligen Aufwendungen bei Personal und Pfandrückstellungen zu kompensieren, so Gauß. Der Jahresüberschuss betrug 301.130,49 Euro, der Bilanzgewinn lag bei 332.837,45 Euro. Das sei die Hälfte des Vorjahreswerts; damals sei es wegen der Bewertung der Pensionsrückstellungen ein besonderes Jahr gewesen.

Eigentlich, sagte Gauß, liege man mit Blick auf diesen Umstand »gar nicht so schlecht«. Die Bilanzsumme ist leicht auf 34,6 Millionen Euro angestiegen, die Eigenkapitalquote verbesserte sich auf 43 Prozent. Zum Rechtsstreit mit einem früheren steuerlichen Berater berichtete Gauß, dass es ein Teilurteil zu Gunsten des Unternehmens gegeben habe. Die Gegenseite habe Berufung eingelegt.

Eine Urteilsverkündung dazu stand bevor, doch das Oberlandesgericht Koblenz habe den Termin aufgehoben. Stattdessen werde noch einmal in die mündliche Verhandlung eingetreten. Investiert wurden 1,3 Millionen Euro in eine neue Logistikhalle und eine halbe Million Euro in Vetriebsequipment, Messestand und Brauereibesichtigung Die Ziele habe man im gesetzten Zeitraum weitgehend erreicht. Man habe Markenauftritt und markenspezifische Werbung neu ausgerichtet.

Sämtliche Abfüll- und Logistikaktivitäten für alle Marken wurden am Standort Einbeck konzentriert, Anfang des Jahres wurde die freitragende Logistikhalle mit 2.500 Quadratmetern Lagerfläche in Betrieb genommen. Durch Grundstückskäufe sei es möglich gewesen, den Standort flächenmäßig zu vergrößern und zukunftsorientierter vorzugehen. Der Standort Kassel wurde aufgegeben. Struktur- und Investitionsmaßnahmen haben sich stark auf den Beschäftigungsgrad ausgewirkt. Es wurden 30 Planstellen abgebaut, so dass die jährlichen Personalkosten von 2013 zu 2017 um eine Millionen niedriger waren. Verbesserte Kostenstrukturen seien notwendig, um die gestiegenen Ausgaben für Rohstoffe, Herstellung und Vertrieb zu kompensieren.

Aber Gauß betonte, dass sie allein nicht ausreichten, den Folgen des demografischen Wandels, des hohen Wettbewerbsdrucks und des Preiskampfs des Handels zu begegnen. Im Januar seien die Abgabepreise für Flaschenbier erhöht worden, der klassische 20er Kasten koste einen Euro mehr.

Wegen höherer Preise, sinkender Markentreue und weil nicht für alle »Fernsehbiere« die Preise angehoben wurde, plane man für dieses Jahr mit einem moderaten Absatzrückgang. Die Preiserhöhung habe sich im ersten Quartal stark auf die Absätze ausgewirkt; insbesondere beim saisonalen Klassiker, dem Mai-Ur-Bock, musste man deutliche Absatzrückgänge verzeichnen.

Das gute Wetter im April und Mai habe aber die Absatzrückgänge wieder kompensiert. Mit einer weiteren zeitlich begrenzten Spezialität, dem Export Bock, will das Brauhaus an die Kreationen zum Jubiläum des Reinheitsgebots und zum Reformationsjubiläum anknüpfen. Eine Sortimentsstraffung wird es bei Martini geben. Und momentan wird geprüft, weitere alkoholfreie Biere und Biermischgetränke einzuführen, um von diesem Trend zu profitieren.

Absatzimpulse erhofft man sich natürlich durch die im nächsten Monat beginnende Fußballweltmeisterschaft. Mit einem breiten Sortiment, zwei modernen Braustätten und einer hoch motivierten Belegschaft habe man exzellente Voraussetzungen, den Gegebenheiten des Marktes zu begegnen und die Position zu verbessern. Nach Umsetzung des Masterplans verfüge man über eine ordentliche Kostenstruktur und die Finanzkraft, auf Veränderungen des Marktes zu reagieren.

Abschließend bedankte sich Lothar Gauß, bei allen, die ihn und das Brauhaus über die letzten Jahre begleitet haben. Anfang Juli werde er 65 Jahre alt, und so war dies seine letzte Rede als Vorstandssprecher: »Zum 1. Oktober werde ich in den Ruhestand gehen.« Fast 30 Jahre war er im Unternehmen beschäftigt, gut zwei Jahrzehnte Mitglied des Vorstands. »Mein Wunsch: Bleiben Sie dem Brauhaus, den Mitarbeitern und der Führung der Gesellschaft gewogen.«

Der Aufsichtsratsvorsitzende Robert A. Depner erinnerte daran, dass im vergangenen Jahr eine Satzungsänderung beschlossen wurde: Danach wird Martin Deutsch ab dem 1. Oktober Alleinvorstand. Die zweite Führungsebene ist bereits neu mit Dorte Simon besetzt, eine weitere Einstellung gibt es zum 1. August. Robert Depner würdigte auch Gauß’ Verdienste: Nach dem Studien von Brauwesen und Getränketechnologie sowie Betriebswirtschaft war Lothar Gauß ab 1979/80 in verschiedenen Brauereien tätig.

In Einbeck hat er am 1. Juli 1989 als technischer Koordinator angefangen. 1997 wurde er Vorstandsmitglied, 2011 Vorstandssprecher. Man danke ihm, so Depner, für die Erweiterung des Aktionärskreises, die Entwicklung und Umsetzung des Masterplans.

Er habe die Marktposition gestärkt, neue Perspektiven geschaffen und somit maßgeblich zum Erfolg des Einbecker Brauhauses beigetragen. Er wünsche ihm alles Gute für den neuen Lebensabschnitt. Er überreichte ihm zwei Karten für die Rocholomäus-Karnevalssitzung im Februar. In der Diskussion über den Bericht gab es etwas Kritik und viel Lob: Es sei nicht gerade eine gute Zeit gewesen, die sich Lothar Gauß für Führungsaufgaben ausgesucht habe - und Einbecker existiere noch. Wer nicht in die Zukunft investiere, werde es schwer haben, sagte Gauß.

Dabei lebe das Unternehmen nicht von der Substanz, sondern schaffe sie. Es werde nichts ausgeschüttet, was man nicht auf dem Konto habe. Er nutzte zudem emotionale Abschiedsworte des früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Peter Ender, ihm für den Kauf aus Brau & Brunnen zu danken. Vorstand und Aufsichtsrat haben vorgeschlagen, eine Dividende von acht Cent je Stückaktie auszuschütten.

Das wurde bei einer Präsenz von 54,02 Prozent mit 99,92 Prozent der Stimmen beschlossen. Zudem erweichten die Aktionäre den Vorstand, die Höhe der Naturaldividende auf zwei Sechserträger Mai-Ur-Bock zu verdoppeln. Zum einen sei der Absatz ja schlecht gewesen, zum anderen seien nicht alle angemeldeten Aktionäre erschienen, es gebe also Potenzial.

Mit 99,99 Prozent wurden die Vorstände Lothar Gauß und Martin Deutsch entlastet - der »dritte grüne Zettel« für die Dreifach-Menge Ur-Bock werde gerade gedruckt, scherzte Robert Depner da. Und die Arbeit des Aufsichtsrats wurde mit einem Abstimmungsergebnis von 94,67 Prozent gut geheißen.ek