Das eigene christliche Profil schärfen

Gottesdienst zum Reformationstag in St. Laurentius | Superintendentin berichtet von Visitation

Wie vielfältig der Reformationstag begangen werden kann, zeigte sich bei einem Gottesdienst mit »Wahl zum Christen des Jahres« in der St. Laurentius-Kirche.

Dassel. Schon im Vorfeld hatte der Gottesdienst zum Reformationstag in St. Laurentius für Aufsehen gesorgt – die angekündigte »Wahl zum Christen des Jahres« wurde mit dem Niveau eines privaten Fernsehsenders gleichgestellt. Dem war aber nicht so – die zahlreichen Kirchenbesucher erlebten einen gehaltvollen Gottesdienst, abgerundet durch Musik der Kirchenband «Ephatha«.

Sechs Kandidaten präsentierte Pastor Possner, sie alle hatten ein unterschiedliches christliches Profil: ein junger ehemaliger Drogenjunkie, der sich mit seinen Eltern ausgesöhnt hat, eine sozial engagierte Frau, die bei Ungerechtigkeiten aktiv wird, eine junge Teamerin, die gerne eine gute Christin wäre, ein Sträfling, der seine Taten bereut, eine ältere Dame, die ihr Leben lang in der Gemeinde engagiert war und einen seriösen Banker. Damit war das »Wahllokal« eröffnet, und die Gottesdienstbesucher mussten mittels Münzen abstimmen. Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses jedoch wurde jäh unterbrochen durch einen Brief von Martin Luther. Der mahnte die »närrischen Christen« an, nicht den Kern zu vergessen: Jeder, der seine Schuld bekenne, sei auf dem richtigen Weg und bleibe in der Heiligen Schrift.

In Bezug auf Römerbrief und Matthäus-Evangelium legte Pastor Martin Possner das »gottesdienstliche Theater« aus, das bewusst mit Übertreibung die heutige Situation abgebildet hat: »Wir sind zu einer Ranking-Gesellschaft geworden«, die Menschen würden bewertet. Manche Menschen würden sich da eher zurückhalten, ganz unbeachtet würde aber auch keiner sein wollen. »Wäre Luther so gewesen, hätte er sich nicht mit Papst, Kaiser und König angelegt.« Im Sinne Luthers warb Possner dafür, voll und ganz für die eigene Überzeugung einzustehen – ganz wie Luthers berühmteste Worte es ausdrücken: »Hier stehe ich, ich kann nicht anders.« Possner forderte eine christliche Grundhaltung ein und rief die Gottesdienstbesucher auf, ihr christliches Profil zu benennen, sich zu überlegen, welche Werte für sie wichtig seien – Barmherzigkeit, Friden, Sanftmut... »Such dir was aus und lebe es.«

Seit Anfang September ist Visitation in der Kirchenregion Dassel- Solling. Superintendentin von Lingen und Mitglieder des Kirchenkreisvorstandes sind in den Kirchengemeinden Emmaus-Dassel, Lüthorst und Lauenberg/ Hilwartshausen unterwegs und informieren sich über unterschiedliche Arbeits-
felder der Gemeindearbeit, besuchen Einrichtungen und Kreise und treffen sich mit Kirchenvorständen, Bürgermeistern, Ortsräten und Vereinen.

Im Visitationsgottesdienst berichtete Superintendentin Stephanie von Lingen darüber: Die Emmaus-Gemeinde sei »sichtbar zusammengewachsen«, stellte sie fest. Die Gemeinden profitierten von einem professionellen Pfarrbüro, dem Gemeindebrief und weit gefächerter Arbeit hinaus – Beispiel sei der Fischclub. »Das ist großartig«, unterstrich von Lingen. Der Zusammenhalt über die Dorfgrenzen hinweg aber bleibe eine Herausforderung. Wahrgenommen worden sei auch die Befürchtung, dass die Region abgehängt werde, schnelles Internet und gute öffentliche Verkehrsanbindungen seien notwendig.

Die Gemeinden, war sich die Superintendentin sicher, trügen zur Lebensqualität bei, beispielsweise mit den Kindertagesstätten. Nicht verschweigen wollte die Pastorin die steigende Zahl an Kirchenaustritten. »Kirche muss sich verändern«, war sie sicher, dürfe aber niemals den Blick für den Nächsten verlieren. Und so warb sie darum, mit ihr in den Dialog zu treten. Gemeinschaft lebe von Kontakten, und alle gemeinsam sollten mithelfen, dass die Welt fröhlicher und gerechter werde.

Gleich im Anschluss an den Gottesdienst bestand die Möglichkeit zum Austausch mit dem Visitationsteam und den Kirchenvorständen der Region bei Knabbereien und regionalen Getränken.

Protestanten in aller Welt erinnern am 31. Oktober an den Beginn der Reformation durch Martin Luther (1483-1546) und die Entstehung der evangelischen Kirchen vor rund 500 Jahren. Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte Luther seine 95 Thesen gegen die Missstände in der Kirche seiner Zeit, die er der Überlieferung zufolge an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte.sts

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