»Das ganze Dorf steht dahinter«

Lauenberger helfen durch Spenden und geben Ukrainern eine neue Perspektive

Jan Bartels, Wiebke Gröger, Ina Fritz und Philip Jazvic haben mit Hilfe der Kontaktperson Magda Zarek Hilfe organisiert.

Lauenberg. Jan Bartels, Wiebke Gröger, Ina Fritz und Philip Jazvic sind zurück von ihrem Hilfstransport und berichten von einem »bewegenden« Trip. Getragen von einem großen, gut funktionierenden Lauenberger Netzwerk konnten sie geflüchtete Ukrainer mit Spenden versorgen und zwölf Menschen aus der Ukraine mit nach Lauenberg nehmen. Dankbar sind die vier vor allem für »die starke Gemeinschaft und die Unterstützung des Ortes«. Jeder bringe Hilfe ein, so wie er kann, sagt Bartels.

Gezielte Hilfe

Die Lauenberger Helferinitiative hat sich am 12. März erstmalig getroffen, mehr als 30 Menschen aus dem Dorf sowie aus Nachbarorten wollten aktiv werden. Der Wunsch nach gezielter Hilfe war da. Aktionen sollten koordiniert werden, es sollte eine Plattform geboten werden.
Schnell war klar, dass es einen Hilfstransport geben sollte, und dass Geflüchteten hier in Lauenberg Unterschlupf gewährt werden sollte. Zunächst fuhr Siebelt Ubben los und knüpfte Kontakte. Die Kontaktperson in Woislawice in Polen sandte eine Liste mit Spendenartikeln, die benötigt wurden – beispielsweise Fertiggerichte, Babynahrung oder Socken.

Am 19. März wurden die Kleintransporter gepackt, und los ging es gen Osten. In Warschau wurde übernachtet, und später dann in Woislawice wurden einige Hilfsgüter über­geben. »Wir wurden herzlich begrüßt und sehr für unsere Ak­tion gelobt. Wir wa­ren die Ersten, die ihre Spenden- Kartons in der polnischen Landessprache beschriftet hatten. Das war eine große Erleichterung.«

Gastfreundliche Polen

Weiter führte die Fahrt nach Chelm, wo ein Supermarkt-Gebäude zur Unterkunft für rund 2.000 Flüchtlinge umfunktioniert worden ist. An einer Sammelstelle wurden die Hilfsgüter abgeladen. Und es gab eine neue Liste von Dingen, die benötigt wurden: Lebensmittel wie Kuchen, Dosenfleisch. Deshalb machten sich die Lauenberger am nächsten Tag auf in den Supermarkt und machten dort die Einkaufswagen voll. Außerdem wurden Rucksäcke und Rollkoffer gekauft, denn die werden von den Geflüchteten ebenfalls benötigt. Die polnische Bevölkerung, sagt Bartels, sei »unwahrscheinlich nett, hilfsbereit und gastfreundlich«. So berichtete Bartels auch davon, wie ein Rastplatz zu einem riesigen Flohmarkt umfunktioniert worden ist, bei dem sich Flüchtende rund um die Uhr kostenlos mit Hygieneartikeln, Spielzeug, Telefonkarten und anderem Notwen­digen eindecken ­können.

Im Vorfeld der Reise war in Lauenberg bereits Wohnraum gefunden, und so war klar, dass ukrainische Flüchtlinge mit in das Sollingdorf genommen werden sollten. An der Stadthalle in Woislawice trafen die Lauenberger auf Mutter, Tochter und Oma. Die Begegnung beschreibt Bartels als »beeindruckend«, er habe »in strah­lende Gesichter« geguckt. Im Vorfeld hatten die Lauenberger ihrer Kontakt­person einen Brief übermittelt, in dem Lauenberg vorgestellt wurde. Eine sechsköpfige Familie (Großmutter, Tochter, die Schwiegertochter und drei Kinder), die in einem kargen Raum untergebracht waren, wollte mit in das Sollingdorf. Bartels war tief berührt, dass die Menschen auf Hilfe aus Lauenberg gewartet haben.

Die Lauenberger wurden zudem gebeten, drei Menschen aus Danzig zu holen, was allerdings einen großen Umweg bedeutet hätte. So wurde für diese Menschen eine Zugfahrt nach Warschau organisiert, wo der Hilfstrupp sie aufgreifen wollte. Im Vorfeld wurde Kontakt gehalten, auch um Vertrauen aufzu­bauen.
Die zwölf Flüchtenden wurden auf die Kleinbusse verteilt und die Rückfahrt startete. »Im Rückspiegel waren zufriedene Gesichter zu sehen«, berichten die Lauenberger. Schon bald kehrte Ruhe ein, die Augen fielen zu.

Nach 17-stündiger Rückfahrt lernten die Ukrainer ihre »neue Heimat« kennen. Wie im »Paradies« oder im »Märchen« sei es hier. Die Geflüchteten sind dankbar für die Hilfe, die ihnen hier zuteil wird. Bei Einkäufen, Amtsangelegenheiten oder Arztbesuchen werden sie weiter von den Lauenbergern unterstützt. »Die Hilfe ist nicht vorbei«, sagt Wiebke ­Gröger.

Die Kirchengemeinde stellt Räume zur ­Verfügung. Hier soll ein Treffpunkt für die ukrainischen Menschen etabliert werden. Am kommenden Sonntag, 27. März, wird eine erste große Zusammenkunft organisiert. Zweimal in der Woche soll der Treffpunkt öffnen. Außerdem wird eine Willkommens­mappe erstellt, die wichtige Informationen enthält.

»Sehr gutes Gefühl«

Immer mal wieder schauen die Lauen­berger bei den Geflüchteten vorbei. Sie seien sehr wissbegierig, wollten die deutsche ­Sprache lernen und arbeiten. Auch ganz Alltägliches kommt dabei zur Sprache: Stehen die Schuhe richtig im Flur, wann gehen deutsche Kinder ins Bett, wie wird hier abge­waschen?
Natürlich sind die Menschen gedanklich mit ihren Männern verbunden, die in ihrem Land bleiben mussten. Soweit bekannt, geht es ihnen gut.

Die Lauenberger freuen sich, dass bisher alles gut funktioniert. Es sei ein »sehr gutes Gefühl«, im Kleinen etwas bewirken zu ­können. Grundlage dafür sei das »tolle Netzwerk«. Und Lauenberg inspiriert mittlerweile auch andere Orte, sich zu engagieren, be­richtet Ina Fritz. Wer sich informieren oder helfen möchte, kann unter der Adresse www.lauenberg-ukraine-hilfe.de im Internet gucken oder Kontakt aufnehmen unter lauenberghilft@web.de. Jetzt heißt es, die neuen Mitbürger, möglichst feinfühlig in ihr neues Leben zu begleiten. »Das ganze Dorf steht dahinter.«sts

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