»Die Motivation des Einzelnen ist das Wichtigste«

Viele Schüler der Rainald-von-Dassel-Schule haben einen Ausbildungsplatz / Selbstbewusstsein / Folgen des Turboabiturs

Der doppelte Abiturjahrgang in Niedersachsen macht es niemandem besonders leicht. Die Abiturienten sind überfordert mit Hochschul- oder Ausbildungssuche, die Universitäten wissen nicht, wie sie der großen Menge an Abiturienten gerecht werden sollen. Doch es macht den Eindruck, als würde über Haupt- und Realschüler kaum noch einer nachdenken. Aber auch sie haben mit den Folgen des Turboabiturs zu kämpfen.

Dassel. Man könnte meinen, die diesjährigen Abgänger der Haupt- und Realschulen hätten kaum Chancen auf dem von Abiturienten umworbenen Ausbildungsmarkt. An der Rainald-von-Dassel-Schule (RvD)  in Dassel teilen 450  Schüler den Schulalltag miteinander. 75 von ihnen machen dieses Jahr ihren Abschluss. Und schon jetzt haben 16 von ihnen einen sicheren Ausbildungsplatz. Viele bereits seit Ende des letzten Jahres. Auch Fabian hat schon im
September angefangen seine Bewerbungen zu schreiben. Acht waren es insgesamt und sieben Zusagen hat er bekommen. Jetzt wird er Industriemechaniker – in einem großen Unternehmen in Einbeck.

Auch die anderen Schüler haben interessante Ausbildungsstellen gefunden. Vom Forstwirt über Müller bis hin zum Elektriker ist alles dabei. 15 der 16 Schüler bleiben in der näheren Umgebung. Das ist außergewöhnlich für die kleine und strukturschwache Region rund um Einbeck.

Der Schulleiter, Peter T. Mispagel, ist stolz auf den Erfolg seiner Schüler. »Wir freuen uns sehr über diese gute Entwicklung. Doch dazu hat nicht nur die Schule ihren Teil geleistet, auch die Elternhäuser sind beteiligt. Motivierte und gut erzogene Schüler sind die Grundlage dieses Erfolgs.«

Die Berufvorbereitung der Schüler spielt eine sehr große Rolle im Schulalltag. Aber es werden nicht nur Messen und Unternehmen besucht oder Bewerbungen im Deutschunterricht geschrieben. In der neunten Hauptschulklasse wurde zum Beispiel ein großes Projekt gestartet. Eine sogenannte Juniorfirma wurde gegründet. Unternehmensführerin Sosdar Erbek ist, so wie der Rest der Klasse, sehr motiviert. »Wir haben eine Firma mit richtigen Strukturen gegründet. Es gibt Abteilungen sowie Marketing oder Buchhaltung. Wir arbeiten alle sehr konzentriert. Wir haben Verantwortung – das macht Spaß.« Ebenso verantwortungsvoll wie in der Führungsposition der Schülerfirma will Sozdar auch in ihrer zukünftigen Ausbildung handeln. Sie ist eines der nur zwei Mädchen, die bereits einen Ausbildungsplatz haben. Arzthelferin möchte sie werden – den Platz hat sie schon seit ihrem Berufspraktikum im letzten Jahr.

Wie andere Schulen auch, tue die Rainald-von-Dassel-Schule viel für den erfolgreichen Jobeinstieg ihrer Schützlinge. Es gebe jedoch auch andere Faktoren, die ausschlaggebend für den Erfolg der Schüler wären. »Unsere Schule hat einen guten Ruf. Andere haben das auch, aber wir bekommen besonders von unseren Praktikumsbetreuern immer zu hören, dass das für unsere Schüler ein großer Vorteil ist. Wir bekommen immer wieder sehr gute Rückmeldungen von den Betrieben. Sie stellen sogar bevorzugt unsere Schüler ein und das oft auch für drei statt nur für zwei Wochen«, erläutert der Schulleiter.

Doch auch die behütete ländliche Idylle könnte ein Faktor für die gute Entwicklung der Schüler sein. Umgeben von Wald und Wiesen bietet sie das Gegenteil von Stadtlärm und Anonymität.

Auch die Schulsozialpädagogin Doris Gabelmann schließt sich diesen Überlegungen an. »Ich glaube, dass hier auf dem Land besonders die engen Kontakte zwischen den Leuten eine große Rolle spielen. Man kennt sich untereinander und das fördert das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der zukünftigen Auszubildenden.« Aber am wichtigsten seien die Motivation der Einzelnen sowie die Mitarbeit der Eltern.

Etwas Besonderes ist auch das gesundes Selbstbewusstsein. Die Schüler haben sich nicht einschüchtern lassen vom doppelten Abiturjahrgang. Sie haben sich nicht von der »Null-Bock«-Einstellung so vieler anderer anstecken lassen. Sie haben fürs Leben gelernt und nehmen nun viele Erfahrungen in ihren neuen Lebensabschnitt mit.
Bis jetzt haben schon 16 Schüler einen Ausbildungsvertrag unterschrieben – in den nächsten Monaten werden wohl noch einmal so viele dazu kommen. Und das ist nicht nur ein voller Erfolg für die Rainald-von-Dassel-Schule, sondern auch ein Mutmacher für viele andere Schüler.oh

Dassel

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