Eilensen feierte fröhlich 900-jähriges Bestehen

Eintauchen in vergangene Zeiten | Gäste waren begeistert von außergewöhnlichem Programm

Großer Andrang herrschte jedes Mal, wenn Eilenser ­Schauspieler das Stück »Der Hexenprozess« in historischen ­Gewändern präsen­tierten.

Eilensen. Groß war das Interesse, viele Gäste kamen, um mit den Eilenser Bürgern das 900-jährige Bestehen des Ortes zu feiern. Harald Rinke, Vorsitzender des Vereins Dorfgemeinschaft Eilensen, freute sich über den regen Zuspruch, die Wertschätzung und Verbundenheit zum Jubiläumsdorf ausdrücke. Bei der Eröffnungsveranstaltung hieß er zahlreiche Besucher und Ehrengäste willkommen.

Vor rund fünf Jahren entstand bei Gesprächen über die Historie des Ortes die Idee, das 900-jährige Bestehen zu feiern, erklärte Rinke. Auf Initiative von Ernst-August Michaelis trafen sich im Februar 2018 16 »Anstifter«. Bei einer Informations- und Ideenveranstaltung wurde das Projekt den Bürgern vorgestellt und im Mai 2018 der Verein Dorfgemeinschaft gegründet. Er umfasst momentan 101 Mitglieder – im Dorf leben 166 Menschen.

Am Anfang stand die Idee, das Jubiläum zu feiern, so Rinke. Begeistert war er, was zusammen erreicht wurde. Allen Helfern, Unterstützern und Spendern dankte er, die zum Gelingen des besonderen Festes beitrugen.

Nach einem Dorfrundgang, bei dem Ortsheimatpfleger Günter Obermann und Hans-Werner Lauks den Teilnehmern viel Wissenswertes vermittelten, und einem Gottesdienst in der St. Anna-Kapelle wurde auf dem »Festhof« von Hans-Hermann Mund das Fest offiziell eröffnet – musikalisch untermalt von Gesangverein und Posaunenchor.

900 Jahre seien eine beachtliche Zeit, meinte Rinke, der ein Blick in die Vergangenheit warf: Die erste urkundliche Erwähnung von »Eylenhusen«, dem heutigen Eilensen, stammt von 1119. Das Stift zu Corvey erhielt Güter in »Crymmenhusen« (Krimmensen), »Eylenhusen« (Eilensen) und »Regildinghusen« (Relliehausen). Eine Abschrift der Urkunde war auch beim Fest zu sehen.

1310 verkaufte der letzte Graf von Dassel, Graf Simon, seine Grafschaft an den Bischof von Hildesheim und veräußert auch das Dorf Eylenhusen samt Herrenhof. Im 14. Jahrhundert wurde die St. Anna-Kapelle neben dem Vorwerk errichtet, ab 1442 gab es ein Freigericht, an das mit einem Theaterstück erinnert wurde.

Im Verlauf der »Stiftsfehde«, in der die Heere von Heinrich I. von Wolfenbütttel und Erich I. von Göttingen-Calenberg 1521 die Burg Hunnesrück weitgehend zerstörten, wurde auch Eilensen bis auf wenige Häuser niedergebrannt. Desaströs war auch der 30-jährige Krieg für die Region mit vielen Verlusten.

1748 bekam der Ort ein Schulhaus, 1769 wurde das Freigericht aufgelöst. Die »Franzosenzeit« von 1807 bis 1813 war für die Einwohner durch Steuern, Abgaben und Dienst hart.

1883 erhielt Eilensen einen Haltepunkt an der Eisenbahnstrecke der Ilmebahn, 1893 gründete sich der Gesangverein und 1898 wurde das erste Feuerwehrgerätehaus gebaut.

Zu Ehren der Gefallenen der Weltkriege errichtete man ein Ehrenmal. 1948 stieg durch Evakuierte, Flüchtlinge und Vertriebene die Anzahl der Einwohner auf mehr als 300.

Im Rahmen der Gebietsreform 1974 schlossen sich 16 politische Gemeinden zur Stadt Dassel zusammen. Ein Jahr später stellte die Ilmebahn den Zugverkehr ein – inzwischen werde die ehemalige Strecke als Radweg genutzt.

1991 belegte Eilensen den ersten Platz beim Bezirkswettbewerb »Unser Dorf soll schöner werden«. Seit einigen Jahren werden 40 Häuser des Dorfes von der Biogasanlage in Deitersen mit Energie versorgt und 2018 wurde der Verein Dorfgemeinschaft gegründet, so Rinke.

Die Jubiläumsfeier sei eine gute Gelegenheit, in die Vergangenheit zu blicken, doch sollte man sich auch immer Gedanken über die Zukunft machen. Ländliche Dörfer wie Eilensen seien im Wandel. Früher landwirtschaftlich geprägt, könnte man einige jetzt als »Wohndörfer« bezeichnen. Ebenfalls verändere sich die Altersstruktur, so Rinke. Bürger und Verantwortliche seien gefragt, Konzepte und Ideen zu entwickeln, um dem Trend gegenzusteuern.

Nicht nur das Jubiläumsfest zeige, dass die Menschen vor Ort ihre Heimat als lebenswert empfinden. Ideen seien immer gefragt, um das Dorfleben weiter aktiv zu gestalten, Altes zu bewahren und Neues auszuprobieren. Mit dem Verein Dorfgemeinschaft sei man auf einem guten Weg und möchte sich weiter aktiv einbringen.

Landrätin Astrid Klinkert-Kittel betonte, dass 900 Jahre Eilensen ein guter Grund zum Feiern sei. Der französische Philosoph Théodore Simon Jouffroy sagte: »Der Schlüssel der Geschichte ist nicht in der Geschichte, er ist im Menschen.« Das treffe auf Eilensen und seine Bürger zu. Über viele Jahrhunderte haben sie sich mit Engagement eingebracht und sich für ihr Dorf eingesetzt. Für die Einwohner sei ihre Heimat »Ruhepol des Lebens« – man kennt und hilft sich, Kultur und Brauchtum werden gepflegt. Für die Zukunft wünschte die Landrätin, dass sich die Bürger des lebens- und liebenswerten Ortes weiter für Eilensen und die Dorfgemeinschaft wie bisher einsetzen.

Der Jubiläumsort habe viel gewonnen, so Bürgermeister Gerhard Melching, gemeinsam wurde positiv und gestalterisch die Zukunft angegangen. Neue Aspekte und Idee wie der Verein Dorfgemeinschaft etablierten sich, zusammen stellt man viele auf die Beine. Eine besondere Herausforderung im ländlichen Raum sei die Mobilität, dafür müsse man sich einsetzen. Viele Aufgaben und Herausforderungen stehen bevor, wie in Eilensen sollte man sie positiv und gestalterisch angehen, lobt er.

Gern nahm er die Einladung in seine ehemalige Heimat an, betonte Bundestagsabgeordneter Konstantin Kuhle. Einige Jahre habe er vor Ort gewohnt, es war eine schöne Zeit. Kuhle dankte allen Mitwirkenden, die so etwas Großes auf die Beine gestellt haben, auf Fortsetzungen freute er sich. »Ihr seid eine tolle Truppe«, lobte er zum Abschluss.

Bundestagsabgeordneter Dr. Roy Kühne betonte, dass sich die Menschen in der Region wohlfühlen. In ländlichen Bereichen könne man viel erleben, zahlreiche Erfahrungen sammeln und gemeinsame Feste wie in Eilensen feiern. Er kritisierte die Überbürokratisierung des Bundes und wünschte sich mehr Vertrauen für die Kommunalpolitik. Nicht Berlin, sondern die Menschen vor Ort wissen, was sie benötigen und wie sie ihre Heimat voranbringen können. Eilensen sei dafür ein gutes Beispiel.

Landtagsabgeordneter Christan Grascha sagte, dass das Dorf Zukunft habe. Gemeinsam setzen sich die Einwohner ein, um es attraktiv zu gestalten. Die Lebensfreude stecke an, lobte er. Dem stimmte Joachim Stünkel zu. Wenn man sich mit seiner Heimat identifiziere, könne man große Ziele zusammen erreichten – wie in Eilensen.

Vertreter des gemeinsamen Ortsrats der Seedörfer bedankten sich ebenso für die besondere Jubiläumsfeier und exzellente Organisation. Lob gab es auch von der Volksbank, von Adolf Everlien sowie von befreundeten Vereinen und Organisationen.

Zum Abschluss der Eröffnungsveranstaltung präsentierten Edith Busch und Gisela Cratius Anekdoten aus vergangenen Zeiten. Bei der Scheunendisco heizte DJ Julian Dumschat die Stimmung immer wieder mit eingängigen Liedern an. Viele Stunden wurden fröhlich und ausgelassen gefeiert.

Buntes Treiben bevölkerte am nächsten Tag das Dorf. An vielen Ecken und Enden gab es immer wieder etwas Neues zu entdecken: Alte Handwerkskunst, Dekoratives und Blumen, aber auch historische Aufnahmen und die Kopie der Urkunde mit der ersten Erwähnung Eilensens.

Für Begeisterung sorgten alte Feuerwehrgeräte wie eine Handspritze von 1823, die benachbarten Wehren aus Wenzen und Markoldendorf zur Verfügung stellten, aber auch historische Landmaschinen der Treckerfreunde aus Hilwartshausen und Sieverhausen sowie vom PS.SPEICHER. Bestaunen konnte man Hütevorführungen, sich umfangreich kulinarisch verwöhnen oder am Auftritt des Spielmannszuges Amelsen erfreuen.

Jedes Mal großen Andrang gab es beim Stück »Der Hexenprozess«. Acht Schauspieler stellten in historischen Gewändern eine historische Gerichtsverhandlung dar. Angeklagt war eine im »schweren« Dialekt sprechende Hebamme, im Bund mit dem Teufel zu stehen und die Kinder zu verhexen.

Selbstverfasste Bänkellieder umrahmten die Vorführungen. Es wirkten mit: Ute Kehr (Schusterin), Rica Traupe (neugierige Lisbeth), Michael Traupe (Richter), Ralf Heine (wortgewandter Schreiber), Christine Baye (Hebamme), Sören Michaelis (Professor Dr. Kasper Hell), Harald Rinke (Medicus) und Markus Grube (Kerkermeister). Viel Beifall gab es für die gelungenen Aufführungen, die an die Tradition des Freigerichts und an die Theatergruppe, die in den 1950 Jahre existierte, erinnerte.

Zum Abschluss des Dorfjubiläums freute sich Rinke, dass alles so gut gelaufen sei. Von Beginn war Eilensen gut besucht, alle Programmpunkte erfreuten sich großer Resonanz. Zahlreiche Besucher und Ehrengäste lobten die gelungene Feier und waren begeistert. Rinke dankte abschließend noch einmal allen, die zum Gelingen der außergewöhnlichen Feier – 900 Jahre Eilensen – beigetragen haben.mru

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