Es ist etwas Besonderes, mit Verstorbenen eine Messe zu feiern

Ausstellung »Letzte Ruhe in Kolumbarien« in der Marienkapelle eröffnet / Begleitheft informiert über verschiedene Grabeskirchen

Die Markoldendorfer Marienkapelle könnte Vorreiter werden – ein Kolumbarium in einem Dorf gibt es noch nicht. Eine Ausstellung in der Kapelle zeigt, welche Chance eine Umwidmung zur Grabeskirche hat. Vorbereitet wurde die Ausstellung von zehn Architekturstudierenden sowie den projektverantwortlichen Professoren Dr. Birgit Franz, Walter Krings, Dr. Georg Maybaum und Diplom-Ingenieur Hans-Josef Ziesen der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Holzminden. Vorgestellt wurden bei der Ausstellungseröffnung acht Kolumbarien, die als Anregung für die konkrete Umsetzung in Markoldendorf dienen können.

Markoldendorf. Die evangelische Kirchengemeinde Markoldendorf steht vor der Aufgabe, für ihre Marienkapelle eine Nutzung zu entwickeln, die einerseits weiterhin von christlicher Gemeinschaft getragen ist, andererseits die bauliche Erhaltung dieses Gotteshauses sicher stellt. Der Arbeitskreis »Zukunft der Marienkapelle« sieht in der Umwidmung zur Grabeskapelle eine Lösung. Nach Wunsch des Kirchenvorstands sollen die Planungen bereits im kommenden Jahr Realität werden.

Rund 30 Gottesdienste werden im Jahr in der Marienkapelle gefeiert. Die Kirchengemeinde erhält nur für ein Kirchengebäude Zuweisungen, muss aber zwei Gotteshäuser unterhalten. Einen möglichen Umbau müsste die Kirchengemeinde tragen.

Pastor Gunnar Jahn-Bettex stellte eingangs fest, dass es nicht gleichgültig sei, auf welche Weise mit den Toten umgegangen werde. Massengräber seien Zeichen für Unmenschlichkeit. Eine liebevolle Bestattung sei notwendig.
Mittlerweile gebe es einen Trend zu anonymer und kostengünstiger Bestattung, erstens aufgrund finanzieller Notlagen, aber auch um den Angehörigen später nicht zur Last zu fallen. 44 Prozent der Bestattungen im Markoldendorfer Bereich seien in diesem Jahr Feuerbestattungen gewesen. Der Weg zu anonymen Gräbern aber sei der falsche Weg, Menschen benötigten einen Ort der Trauer. Das Bedürfnis nach individueller Bestattung werde zudem größer – beispielsweise bei der Gestaltung des Sarges oder der Urne. Die Bestattung habe immer individuellere Züge.

Anonymisierung, Urnenbestattung und Individualisierung: Ein Kolumbarium sei ein guter Bestattungsort mit klarem christlichen Profil. Hier könne man einen Ort der Trauer aufsuchen, in dem zu spüren sei, dass man auch im Tode in Gottes Hand sei, so der Pastor.
Bis zu zwei Prozent betrage mittlerweile der Anteil der leer fallenden Kirchen, erklärte auch Professor Dr. Birgit Franz. Wichtig sei es, dass man den Gotteshäusern die christliche Symbolik lasse. Kolumbarien, fuhr sie fort, seien ein junges Phänomen, 2004 sei die erste Grabeskirche eingeweiht worden.

Um Erdung und Unvergänglichkeit zu symbolisieren werden die Materialien Lehm und Bronze verwendet. Die Studenten der HAWK bereisten verschiedene Kolumbarien, dabei ging es nicht nur um Fakten zu den Urnenplätzen oder zur Ästhetik der Architektur, sondern auch um die Philosophien und die jeweilige Akzeptanz der zu Grabeskirchen umgewandelten Kirchen.

Innerhalb von zwei Monaten waren die Plätze der Urnenbegräbnisstätte Katholische Allerheiligenkirche in Erfurt bereits verkauft. Eine transparente Glaswand gliedert das Kircheninnere in zwei Zonen. Die Grabeskirche St. Josef in Aachen wurde 2006 als Urnenbeisetzungskirche ihrer Bestimmung übergeben. Zu bedächtigen Anlässen werden hier weiterhin Messen gehalten. Regelmäßige Abendmessen werden auch im Kolumbarium Heilig Herz Jesu in Hannover
gehalten. Die Gestaltung der gläsernen Vitrinen für die Urnen visualisiert eine Himmelsleiter.
Dunkle Stelen stehen im Licht durchfluteten Kirchenschiff der Grabeskirche St. Elisabeth in Mönchengladbach. Zum stillen Gebet steht die Kirche allen Menschen offen. Getreu der Maxime »Im Tode sind wir alle gleich« prägt Einheitlichkeit das Kolumbarium St. Konrad in Marl. Wer in der St. Paulikirche in Soest beigesetzt ist, soll dauerhaft mit dem Ort verbunden bleiben und wird nach Ablauf der Ruhezeit in einem im Boden eingelassenen Raum seine ewige Ruhe finden. Neu erbaut wurde 2009 ein zwölf Meter hohes Kolumbarium auf dem neuen Friedhof in Rostock. Auf dem Gothaer Hauptfriedhof findet sich das erste Krematorium Deutschlands, die erste Einäscherung fand 1878 statt. 1892 wurde die Anlage um eine halbkreisförmige Urnenhalle erweitert. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz und wird originalgetreu restauriert.

Die Kosten für den Umbau von Kirchen zu Kolumbarien liegen im sechsstelligen Bereich. Die Kosten für einen Urnenplatz variieren zwischen 1.000 und über 4.000 Euro. Festzustellen bleibt: »Es ist etwas Besonderes, mit dem geliebten Verstorbenen gemeinsam eine Messe feiern zu können.«

Die Ausstellung »Letzte Ruhe in Kolumbarien« ist weiter geöffnet: am Freitag von 17 bis 19 Uhr, am 20. November von 17 bis 19 Uhr,am 21. November von 10.30 bis 12 Uhr, am 22. November von 17 bis 19 Uhr, am 23. November von 17 bis 19 Uhr, am 24. November von 17 bis 19 Uhr und am 25. November von 17 bis 18 Uhr. Ein zur Ausstellung erschienenes Begleitheft gibt Aufschluss über Kolumbarien. Voraussichtlich im Januar werden die Studenten ihre konkreten Planungen für ein Kolumbarium in der Marienkapelle vorstellen.sts