In fast jeder Klasse ein Mobbing-Fall

Anti-Gewalt-Trainer Knippertz referiert auf Einladung der PGS und Rainald-von-Dassel-Schule

Mobbing ist Gewalt – diese These vertrat der Anti-Gewalt- und Kompetenztrainer Steffen Knippertz bei seinem Vortrag, zu dem die Paul-Gerhardt- und die Rainald-von-Dassel-Schule einluden. Mobbing umfasst nicht nur die psychische und strukturelle Gewalt, in vielen Bereichen erreicht sie über kurz oder lang auch die körperliche Ebene. Die Opfer tragen, ob geschlagen oder psychisch misshandelt, meist Schäden fürs Leben das ganze Leben davon.

Dassel. Mobbing, erläuterte der Referent, komme in Schulen vor, am stärksten betroffen seien die Grundschulen, gefolgt von den Gesamt-, den Haupt-, den Realschulen und dem Gymnasium. »In nahezu jeder Klasse findet sich ein Mobbing-Fall.« Deutschlandweit würden fünf Prozent aller Schüler gemobbt. Mobbing sei Gewalt, denn zugrunde liege dem Verhalten die Machtausübung. Ziel sei es, die Persönlichkeit zu zerstören.
Gesellschaftliche Voraussetzungen würden zum Mobbing animieren, meinte Knippertz. Dabei führte er vor allem verschiedene Fernsehformate an, bei denen es nur Gewinner und Verlierer gibt. Computerspiele sorgten zudem für Enthemmung. »Heutzutage ist es viel schwieriger für Jugendliche, sich zu orientieren.«
Dem Mobbing voraus gehe ein ungelöster Konflikt. Desweiteren kämen Kommunikationsschwierigkeiten hinzu, es folgten Taten statt Worte. Der Konflikt verhärte sich, und dann sei es Ziel, dass der Andere das Gesicht verliere, und so werde in wichtige Felder des Lebens eingegriffen.
Kennzeichen von Mobbing seien Dauer und Häufigkeit. Werde ein »Opfer« über zwei Wochen lang einmal die Woche geärgert, könne man von Mobbing sprechen. Hinzu komme eine Kräfteungleichgewicht. Das »Opfer« aber könne den Konflikt nicht lösen.

Täter seien häufiger Jungen als Mädchen, häufig mit antisozialer Persönlichkeitsstruktur. Ursachen für Täterverhalten seien eine machtbezogene Erziehung oder übertolerantes Verhalten der Eltern. Die Medien oder auch Gewalt in der Beziehung der Eltern könnten eine Rolle spielen. Täter verfügten über zu wenig Konfliktlösungsstrategien, wenig Empathie, geringes Selbstwertgefühl und geringe Selbstkontrolle.

Mit den Tätern müsse man arbeiten, im Zweifelsfall aber müsse der Täter gehen, forderte Knippertz. Entscheidend in der Schule sei die Lehrer-Schüler-Dynamik. Die Haltung »Macht doch, was ihr wollt« fördere Mobbing, ebenso wie willkürliches Erziehungsverhalten. Positives Sozialverhalten sollte gefördert, negatives sanktioniert werden. Auch die schweigende Mehrheit könne man einbeziehen, an ihre Zivilcourage appellieren.

Opfer könne jeder sein. Gerade die Stärkung des Opfers sei wichtig, so Knippertz weiter. In der Schule solle man Verhaltensregeln aufstellen, die Konsequenzen bei Verstößen nennen. Soziales Kompetenztraining sei ebenso sinnvoll wie eine angenehm gestaltete Schule.

Mobbing gedeihe, wenn es mangelnde Führungskompetenz  gebe, stellte er fest. Und Mobbing können sich zu schwerer Gewalt entwickeln. Mobbing habe es früher auch gegeben, allerdings nicht in so extremen Formen wie heute. Angesichts des so genannten Cyber-Mobbings plädierte der Referent dafür, mit dem Internet mit Bedacht umzugehen: »Finger weg«. Denn im wahren Leben würde man auch nicht jeden in sein Haus lassen.

Für Mobbing gebe es keine Rechtfertigung. Harte Sanktionen gegen Täter seien notwendig, schloss Knippertz seinen anschaulichen Vortrag. 20 Prozent aller Selbstmordfälle, seien durch Mobbing ausgelöst worden, schätzen Experten.
Steffen Knippertz ist gelernter Erzieher, arbeitet seit mehreren Jahren deutschlandweit in der Jugendhilfe, in Schulen und im Strafvollzug.

Dass es Mobbing und damit alltägliche Gewalt auch in dieser Region gibt, zeigten die Beiträge der Zuhörer. Das Bewusstsein für Mobbing – egal ob bei Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen –w muss also geschärft werden.sts

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