Verfassungs- und Finanzausschuss Dassel

Lieber attraktive Grafschaft als bankrottes Griechenland

Mehrheitliche Zustimmung zum Zukunftsvertrag: 3,9 Millionen Euro vom Land / CDU weiter gegen Neubau in Hilwartshausen

Immer wieder das gleiche Thema: Die CDU stemmt sich gegen den Neubau des Dorfgemeinschaftshauses Hilwartshausen und will nun auch im Zukunftsvertrag festschreiben, dass für dieses Projekt lediglich 100.000 Euro für die Sanierung ausgegeben werden dürfen. Grundsätzlich aber zeichnete sich im Verfassungs- und Finanzausschuss Zustimmung zur Eigenentschuldung und damit zum Vertragsabschluss ab - die Stadt würde damit um 3,9 Millionen Schulden ärmer. Dr. Oliver Fuchs vom niedersächsischen Innenministerium stellte Ziele, Voraussetzungen und Chancen für Dassel dar.

Dassel. Auf 4,5 Milliarden Euro belaufen sich derzeit die Kassenkredite niedersächsischer Kommunen. Mit rund 100 Kommunen ist das Land in Verhandlung bezüglich des Zukunftsvertrages, dessen Ziel dauerhaft starke Kommunen sind.

Zwei Wege zur Entschuldung sind möglich: die Fusion mit einer anderen Kommune oder aber die Eigenentschuldung. Dassel wählt die Eigenentschuldung. Voraussetzungen dafür sind eine unterdurchschnittliche Steuereinnahmekraft und überdurchschnittliche Kassenkredite mit einer Verschuldung von rund 500 Euro pro Einwohner – Dassel liegt bei 497 Euro. Bei der Eigenentschuldung muss im selben Jahr ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden, was die Anhebung von Steuersätzen und Gebühren, eine sparsame Haushaltsführung, eine Begrenzung der freiwilligen Leistungen auf drei Prozent und ein nachhaltiges Haushaltssicherungskonzept einschließt. Die Entschuldung - 75 Prozent der Kassenkredite - solle dauerhaft wirken, stellte Dr. Fuchs fest, um langfristige Spielräume zu sichern. Der Vertrag wird über zehn Jahre geschlossen.

Die Gemeinde werde damit vor große Herausforderungen gestellt. Wenn man allerdings nicht einsteige, laufe man Gefahr, dass die Kassenkredite weiter ansteigen, die Kommunalaufsicht einschreite und der Haushalt nicht mehr genehmigt werde. Für Dassel aber seien die Voraussetzungen für die Eigenentschuldung gegeben. Der Rat der Stadt, der am 30. Juni tagt, muss dem Vertrag zustimmen, dann entscheidet die Entschuldungs-Kommission, ob Dassel die Zuweisung erhält.

Bürgermeister Gerhard Melching führte die desolate Finanzsituation der Stadt auf strukturelle Probleme zurück. Einnahmen seien weggebrochen, Fehlbeträge summierten sich auf. Allein das Defizit bei den Kindertagesstätten betrage eine Million Euro jährlich.

Festgeschrieben werden im Vertrag Maßnahmen zur Einnahmeverbesserung der Stadt und Leistungskürzungen: Ab Januar 2012 wird die Grundsteuer A auf 375 und die Grundsteuer B auf 380 Punkte erhöht. Auf 390 beziehungsweise 400 steigen die Grundsteuern ab 2014. Die Kindertagesstättengebühren werden um 12,5 Prozent angehoben, die Hundesteuer um zehn Prozent.
Die Verwaltungsgebühren werden künftig kostendeckend erhoben. Solange Amelsen und Lüthorst nicht an der Ortsratsbudgetregelung der Stadt teilnehmen, werden die Nutzungsentgelte und Gebühren für Gemeinschaftsanlagen und Sportstätten um 15 Prozent erhöht. Das bedeutet eine Einnahmeverbesserung von 97.300 Euro in 2012 und 159.300 Euro ab 2014.

Entsprechend der demografischen Entwicklung sollen Kindergarten-Plätze im Kindergarten Markoldendorf reduziert werden. Im Bereich der Jugendpflege wird eine interkommunale Zusammenarbeit mit Einbeck vorgesehen. Das Ortsratsgesamtbudget in Höhe von insgesamt 248.500 Euro wird um 15 Prozent gekürzt, auch die Ortsratsmittel für Amelsen und Lüthorst werden um den gleichen Betrag zusammengestrichen.

Der Hort an der Markoldendorfer Grundschule wird geschlossen. Wenn es organisatorisch möglich ist, soll aber die Ferienbetreuung aufrecht erhalten werden. Aufwandsentschädigungen für Ratsmitglieder, Mitglieder der Ortsräte, Ehrenbeamte und ehrenamtlich Tätige werden um 7,5 Prozent gekürzt. Wen es dabei  in welcher Höhe treffen wird, entscheidet der Rat. Der Haushaltsansatz für Städtepartnerschaften  wird auf 3.000 Euro im Jahr begrenzt. Die Gewährung von Beihilfen für Fahrten und Lager wird aufgegeben. Die jährlichen Kürzungen belaufen sich auf rund 127.500 bis 147.500 Euro. Der Zinsaufwand sinkt um 78.000 Euro.

Auch das Freibad Dassel ist von den Sparmaßnahmen betroffen: Das Defizit für das Bad soll für die Stadt auf 50.000 Euro jährlich begrenzt werden. Zur Sicherung der Reduzierung der Aufwendungen soll ein Defizitvertrag mit einem Träger des Bades abgeschlossen werden. Der bisherige durchschnittliche Zuschussbedarf lag bei 75.000 Euro. Für geeignete Maßnahmen zur Kostenreduzierung sind Investitionen möglich. Falls eine Begrenzung der Aufwendungen für die laufenden Bewirtschaftungs- und Unterhaltungskosten auf 50.000 Euro jährlich nicht bis zum 30. April gesichert ist, darf die Stadt das Bad nicht wieder öffnen.

Die Erhöhung des Schulbudgets für die Grundschulen wird zurückgenommen. Das ehemalige Gebäude des Kindergartens Lüthorst soll den örtlichen Vereinen als Eigentum übertragen werden. Durch das Maßnahmepaket wird eine nachhaltige Verbesserung des städtischen Haushalts um rund 330.000 Euro erreicht. Perspektivisch verfolgt werden soll die Entwicklung des Tourismus im Dasseler Gebiet, die interkommunale Zusammenarbeit und der Ausbau von Fahrradwegen. Noch möglich sein soll die Modernisierung des Freibades. Die Entschuldungshilfe in Höhe von 3,9 Millionen Euro sei eine »deutliche Hilfe«, stellte Bürgermeister Melching fest und bedeute genehmigungsfähige Haushalte. Die Selbstständigkeit der Stadt werde damit erhalten.

Dass Dassel zudem eine Bedarfszuweisung von rund 425.000 Euro erwarten könne, deutete der ehemalige Landtagsabgeordnete und CDU-Fraktionschef Joachim Stünkel an. Durch den Zukunftsvertrag mute man den Bürgern »schmerzhafte Einschnitte« zu, hob er hervor. Den künftigen Rat wollte er nicht an Beschlüsse binden und signalisierte die Grundsteuererhöhungen ab 2014 nochmals diskutieren zu wollen. Doch Variationen erhöhten auch das Risiko einer Ablehnung des Vertragswerkes, gab der Innenministeriums-Mitarbeiter zu bedenken. Unbedingt festschreiben wollte die CDU - und das fand mit der Stimme des Bürgerforums auch eine Mehrheit - die Begrenzung des Zuschusses für die Sanierung des Dorfgemeinschaftshauses Hilwartshausen auf 100.000 Euro. Ob das aber in den Vertrag gehöre, zog Dr. Fuchs vom Innenministerium zunächst in Zweifel.

Die SPD behielt sich angesichts dessen bei der Ratssitzung weitere Ergänzungen für den Zukunftsvertrag vor, kündigte der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Achim Lampe an. Zum Erhalt der Selbstständigkeit der Stadt sah er allerdings keine Alternative zum Zukunftsvertrag. »Zuckerbrot und Peitsche« bedeutete für Detlef Muschalla vom Bürgerforum der Vertrag. Große Sorgen bereitete ihm die Zukunft des Freibades. Dass mit dem Vertrag der Stadt die Pistole auf die Brust gesetzt werde, hob auch Günter Ehling für das Bürgerforum hervor.

Melching: »Lieber eine attraktive Grafschaft als ein bankrottes Griechenland«. Bisher hätten die Betreiberverträge, wie für das Freibad vorgesehen, funktioniert. Doch am Ende der Sitzung kritisierte auch der Vorsitzende des Fördervereins Freibad, Thomas Engell, dass ausschließlich das Dasseler Freibad zu Sparzwecken herangezogen werde. Dem Verein sei das nicht zuzumuten, oder seien Hofnarren in den Rat eingezogen, fragte er.

Am Ende sah aber kein Politiker eine wirkliche Alternative zum Zukunftsvertrag. Mehrheitlich wurde dafür gestimmt. In der Ratssitzung Ende Juni wird es aber sicherlich weitere Vorschläge zur Vertragsgestaltung geben.sts

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