Singt die Feldlerche, warnt die Amsel?

Detlef Herbst aus Sievershausen hat 16 Jahre lang Monitoring häufiger Brutvögel betrieben

Hobby-Ornithologe Detlef Herbst hofft, dass seine Arbeit fortgesetzt wird.

Sievershausen/Deitersen. »Arten brauchen Daten« – nach diesem Motto hat Detlef Herbst aus Sievershausen 16 Jahre lang auf zwei Probeflächen im Stadtgebiet Dassel und im Forstamt Dassel ehrenamtlich in den Monaten März bis Juni (also während der Brutzeit) Beobachtungsdaten von Brutvögeln und Durchzüglern gesammelt und dokumentiert und an den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zur Auswertung übergeben. Jetzt beendet Herbst seine Beobachtungstätigkeit für dieses bundesweite Projekt.

Bereits früh hat Herbst seine Liebe zur Ornithologie entdeckt. Als Schüler hatte er einen Lehrer, der für seine Mitschüler und ihn auch entsprechende Exkursionen anbot. Seitdem befasst sich der heute 72-Jährige mit der Vogelkunde in seiner Freizeit. Durch Fachzeitschriften ist er auf das Projekt »Monitoring häufiger Brutvögel« aufmerksam geworden. Nun betreut er seit vielen Jahren die Fläche »Lüthorst« (bei Deitersen) und eine weitere Fläche namens »Solling« in der Nähe der Großen Blöße. Von März bis Juni muss er die Flächen viermal jeweils drei Stunden begehen. Die Brutbestände werden entlang einer Route erfasst, möglichst in den frühen Morgenstunden. Denn mittags ist die Aktivität der Vögel geringer, weiß Herbst. Kartiert werden alle potenziellen Brut-beziehungsweise Reviervögel. Durchzügler und Gäste wie Rotmilan oder Graureiher, notiert Herbst ebenfalls. Auf seinen Rundgängen hat Herbst immer seine Kamera dabei, und ihm gelingen beeindruckende Tieraufnahmen.

Die Route hat eine Länge von drei bis vier Kilometern und führt jeweils am Rand und durch die Flächen. Die rund einen Quadratkilometer großen Flächen im Raum Dassel seien per Zufallsgenerator ausgesucht worden, berichtet Herbst, es handele sich aber um verschiedene Lebensräume.
Zur Verfügung steht dem Hobby-Ornithologen ein Buch, in dem steckbriefartig alle Brutvögel aufgeführt sind. Vermerken muss er in den Karten die Vogelart und ihr Verhalten: Singt die Feldlerche, warnt die Amsel, hat das Tier Futter im Schnabel oder ist es auf Futtersuche?

Alle Beobachtungen aus den Feldkarten werden in Artkarten übertragen. Bis Ende August werden die erhobenen Daten an das NLWKN weitergereicht, das dann den Jahresbericht vorlegt. Auf der Feldfläche »Lüthorst« konnte Herbst 39 Arten zählen, wobei die Feldlerche am stärksten vertreten ist. Im Solling ist der Buchfink die dominante Art. Dennoch muss Herbst bedauerlicherweise feststellen, dass die Zahl der Vogelarten zurückgeht – vor allem in der Agrarlandschaft.
Seine langjährige Beobachtungstätigkeit stellt Herbst nun ein, weil die Meldung der Daten künftig elektronisch mit Tablet oder Smartphone erfolgen soll. Und damit will er sich nicht mehr befassen. Er hofft aber, dass diese Flächen von einer anderen Person bearbeitet werden. Das Projekt läuft unbefristet weiter, denn allein in Niedersachsen existieren rund 200 weitere Probeflächen, die von Hobbyornithologen betreut werden. »Zum Schluss möchte ich an alle ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder von einheimischen Umweltverbänden appellieren, ornithologische oder auch botanische Bestandsaufnahmen zu organisieren, um beispielsweise bei laufenden Planfeststellungsverfahren über Bauvorhaben oder auch bei Ausweisungen von Naturschutzgebieten gegenüber Behörden und Investoren handfeste Argumente vorweisen zu können, damit unsere Umwelt so wenig wie möglich unter diesen Eingriffen beeinträchtigt wird.

Denn eines sollten wir in dieser Zeit nicht vergessen: Die Zerstörung und Ausbeutung unserer eigenen Lebensräume hat auch etwas mit Corona zu tun.«
In Niedersachsen werden im Rahmen des Monitorings derzeit180 Probeflächen alljährlich auf ihre Brutvögel untersucht. Das Flächeninventar umfasst insgesamt 280 Zählgebiete, so dass weitere Mitarbeiter gesucht werden. Das aktuelle Flächenangebot findet man unter www.dda-web.de.

Das Monitoring häufiger Brutvögel – der Bericht 2018 für Niedersachsen/Bremen liegt vor – erlaubt mittlerweile verlässliche Trendaussagen für 90 Vogelarten, von denen im Zeitraum 2003 bis 2018 27 Arten im Bestand zugenommen haben, 43 Arten weisen stabile Bestandverhältnisse auf. Amsel, Ringeltaube und Kohlmeise erreichen mehr als eine Million Brutpaare in Niedersachsen und nehmen im Bestand weiter zu. Der Buchfink ist die landesweit häufigste Brutvogelart, sein Bestand ist stabil. Das gilt auch für Rotkehlchen, Blaumeise, Zilpzalp und Zaunkönig.

Bei den Waldvögeln sind Singdrossel und Heckenbraunelle häufig vertreten. Allerdings ist nur der Bestand der Singdrossel stabil, bei Star und Heckenbraunelle gibt es seit vielen Jahren Negativentwicklungen. Besorgniserregend ist der Rückgang von Tannenmeise, Eichelhäher und Schwanzmeise. Besonders ungünstig entwickeln sich weiterhin die Vogelbestände in der Agrarlandschaft.

Besonders häufig sind hier Feldlerche und Goldammer. Beide Arten verschwinden immer mehr aus der offenen Kulturlandschaft und weisen über inzwischen 16 Jahre anhaltend negative Bestandstrends auf. Auch die Bestände von Rebhuhn, Jagdfasan, Braunkehlchen und Sumpfrohrsänger gehen immer weiter zurück.
Das bundesweite Monitoring häufiger Brutvögel (MhB) wird von Bund und Ländern finanziert. Die Datenreihe zur Bestandsentwicklung der häufigen Brutvögel stammt aus bis zu 2.500 bundesweiten Probeflächen und wurde von Hunderten von Beobachtern erfasst.sts