Steigende Beiträge für die Kassenpatienten ab 2011

Allgemeine Versicherungspflichtgrenze für gesetzliche Krankenversicherung gesenkt / Patientenberatung wird Regelversorgung

Mit dem Jahr 2011 treten für viele Bürger Neuerungen in Kraft: Neu geordnet wurde das Gesetz des Arzneimittelmarktes und das Gesetz zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Denn für das Jahr 2011 drohte der gesetzlichen Krankenversicherung eine Deckungslücke in Milliardenhöhe.

Dassel. Der allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wurde bei 15,5 Prozent gesetzlich festgeschrieben und ist nun wieder so hoch wie vor der Finanz- und Wirtschaftskrise. Arbeitnehmer und Rentner zahlen insgesamt 8,2 Prozent ihres beitragspflichtigen Einkommens beziehungsweise ihrer Rente, Arbeitgeber beziehungsweise Rentenversicherungsträger 7,3 Prozent.

Wenn Zusatzbeiträge erforderlich sind, werden sie von der Krankenkasse als einkommensunabhängiger Betrag erhoben. Über die Höhe entscheidet jede Krankenkasse selbst. Der Zusatzbeitrag ist für alle Mitglieder einer Krankenkasse gleich. Sie führen diesen Beitrag direkt an ihre Krankenkasse ab.

Die bisherige Deckelung der Zusatzbeiträge bei einem Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen beziehungsweise acht Euro entfällt. Stattdessen wird ein Sozialausgleich eingeführt, der sich am durchschnittlichen Zusatzbeitrag orientiert. Übersteigt der durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen eines Mitglieds, so greift der automatisch vom Arbeitgeber oder Rentenversicherungsträger durchzuführende Sozialausgleich, der aus Steuermitteln finanziert wird: Der einkommensbezogene Krankenversicherungsbeitrag des Mitglieds wird um den Betrag der Überforderung – also den Differenzbetrag aus durchschnittlichem Zusatzbeitrag und zwei Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen – reduziert.

Die Beitragsbemessungsgrenze wurde im Vergleich zu 2010 um ein Prozent abgesenkt. Im Jahr 2011 liegt sie bei 3.712,50 Euro im Monat beziehungsweise 44.550 Euro im Jahr. Die Beitragsbemessungsgrenze ist die Einkommensgrenze eines Mitglieds in der gesetzlichen Krankenversicherung, oberhalb derer das Einkommen beitragsfrei bleibt.

Die allgemeine Versicherungspflichtgrenze für die gesetzliche Krankenversicherung (EMV) wurde gegenüber 2010 um 0,9 Prozent gesenkt. Im Jahr 2011 liegt sie bei 4.125 Euro im Monat beziehungsweise 49.500 Euro im Jahr. Die Versicherungspflichtgrenze bestimmt die Einkommensgrenze, ab der ein Arbeitnehmer nicht mehr in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist. Die Voraussetzungen für einen Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung (PKV) wurden verändert. Jetzt kann jeder gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer, dessen Monatseinkommen im Kalenderjahr die allgemeine Versicherungspflichtgrenze von 49.500 Euro überschreitet, als freiwilliges Mitglied in der EMV bleiben oder in die private Krankenversicherung wechseln. Berufsanfänger und Personen, die erstmals eine Beschäftigung in Deutschland aufnehmen, können einmalig zwischen EMV und PKV wählen, sofern ihr Arbeitsentgelt oberhalb dieser Grenze liegt. Darüber hinaus können bisher privat Versicherte in der PKV bleiben, die nach der Eltern- oder Pflegezeit eine Teilzeitbeschäftigung aufnehmen und ein Einkommen unterhalb der Versicherungspflicht beziehen. Dabei muss die Arbeitszeit mindestens um die Hälfte reduziert sein.

Die Bindungsfrist für die Kostenerstattung wurde auf ein Kalendervierteljahr gesenkt. Die Mindestbindungsfrist für die Tarife »Prämienzahlung«, »Kostenerstattung« und »Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen« wurde auf ein Jahr reduziert. Auch bei Wahltarifen gibt es ein Sonderkündigungsrecht.

Medikamente, die im Rahmen von Rabattverträgen abgegeben werden, unterscheiden sich in der Qualität nicht von anderen Arzneimitteln. Dennoch kann es Gründe für Patienten geben, sich bewusst für ein anderes Präparat zu entscheiden. Ab dem 1. Januar 2011 können die Versicherten frei wählen und sich auch für ein anderes als das rabattierte Medikament ihrer Kasse entscheiden. Wer diesen Weg gehen möchte, bezahlt zunächst sein Wunschmedikament aus eigener Tasche. Dann kann er sich von seiner Krankenkasse einen Teil der Kosten erstatten lassen: nämlich den Betrag, den sie für ein entsprechendes Mittel aus einem Rabattvertrag gezahlt hätte.
Ab sofort gehört eine unabhängige Patientenberatung in Deutschland zur Regelversorgung. Kostenlos und anonym kann sich jeder Bürger telefonisch, im Internet oder persönlich in bisher 22 Beratungsstellen bundesweit informieren. Zu den beratenden Experten gehören Mediziner und Juristen – unter www.upd-online.de.  
Die gesetzlichen Krankenkassen werden verpflichtet, bis Ende des Jahres 2011 zehn Prozent ihrer Versicherten mit der elektronischen Gesundheitskarte (eEM) auszustatten. Um die ärztliche Versorgung in unterversorgten Gebieten zu verbessern, werden finanzielle Anreize gesetzt: Ärzte, die sich in diesen Regionen niederlassen, können wieder sogenannte Sicherstellungszuschläge erhalten – zusätzlich zum Honorar.

Die bisher zur Steuerung der ärztlichen Arzneimittelverordnung geltende Bonus-Malus-Regelung sowie die Zweitmeinungsregelung werden abgeschafft. Darüber hinaus werden die Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Ärzten vereinfacht. Bei Markteinführung eines Medikaments mit neuen Wirkstoffen muss der Hersteller jetzt ein Dossier vorlegen, das den zusätzlichen therapeutischen Nutzen für die Patienten gegenüber vorhandenen Medikamenten belegt. Der Gemeinsame Bundesausschuss bewertet den Nutzen innerhalb von sechs Monaten nach der Markteinführung. Wird ein Zusatznutzen nicht nachgewiesen, kann für das neue Arzneimittel ein Höchstbetrag festgelegt werden, den die Krankenkassen maximal erstatten. Wird ein zusätzlicher Nutzen anerkannt, müssen die Hersteller mit den Kassen über den Preis verhandeln. Die Hersteller können also nicht mehr wie bisher ihre Preise für neue Arzneimittel frei festsetzen. So können deutliche Einsparungen bei den Arzneimittelausgaben erzielt werden.

 Hersteller, die ein neues Arzneimittel auf den Markt bringen, müssen künftig die Ergebnisse ihrer zuvor durchgeführten klinischen Studien innerhalb von sechs Monaten nach der Zulassung im Internet veröffentlichen.sts

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