Allerletzte Chance für Angeklagten: 30-Jähriger bestellte mehrfach Waren, ohne sie zu bezahlen

Einbeck. Schulden führten dazu, dass ein 30-Jähriger aus Kreiensen mehrere Male im Februar und Juni 2019 Waren im Internet bestellte, ohne sie zu bezahlen. Mobiltelefone und elektrische Geräte verkaufte er teilweise weiter, um unter anderem Mietrückstände auszugleichen. Er räumte alle Anklagepunkte in der Verhandlung am Amtsgericht Einbeck ein, doch hat er schon mehrere Eintragungen im Strafregister wegen Betruges, keine Ausbildung und Arbeit, eine desolate Wohnsituation sowie schon öfter Besserung gelobt, die aber nicht eintrat. Verurteilt wurde er zu 18 Monaten Haft auf Bewährung.

Er erhält einen Bewährungshelfer, muss 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten sowie Beratungstermine bei der Schuldnerberatung wahrnehmen. Dies sei jetzt seine letzte Möglichkeit, sein Leben in den Griff zu bekommen, mahnte Richterin Martina Sievert. Beim nächsten Vergehen gehe es in die Justizvollzugsanstalt Göttingen.

Am 6. Februar 2019 bestellte er sechs Huawei-Mobiltelefone für rund 5.000 Euro sowie am 4., 6. und 24. Juni Computerzubehör, einen Monitor, ein Headset, Speicherkarten und eine Canon EOS für rund insgesamt 1.700 Euro. Mit diesen Gegenständen hätte er erhebliche Erwerbsmöglichkeiten gehabt, sagte die Staatsanwältin. Einiges davon veräußerte er weiter im Wert von etwa 3.600 Euro, der Rest wurde von der Polizei bei der Wohnungsdurchsuchung eingezogen. Angeklagt sei er wegen gewerbsmäßigen Betruges in fünf Fällen.

Der Kreienser meinte, dass er damals etwas durcheinander war. Er hatte Schulden, die Kündigung der Wohnung drohte und seine Freundin, mit der zusammen lebt, leide an Sozialphobie und Depression. Finanziell sehe es nicht gut aus, momentan sei auch seit gut einem Jahr das Gas abgestellt, so dass es kein warmes Wasser gebe. Manches Mal denke er, dass ihm alles über den Kopf wachse.

Richterin Sievert erinnerte ihn, dass er bei der polizeilichen Vernehmung Mitte 2019 gesagt habe, er wolle seine Probleme angehen, Jobcenter und Schuldenberatung aufsuchen sowie eventuell Privatinsolvenz beantragen. Ziel von ihm war, so viel Hilfe wie möglich zu bekommen. Schockiert war sie über die desaströse Situation in der Wohnung in Kreiensen, und dass sich nichts geändert habe. Bei der Durchsuchung der Wohnung fand die Polizei viele ungeöffnete Briefe.

Rund 8.000 Euro Schulden hat der Angeklagte. Offene Rechnungen gibt es noch für Nahrungsmittel, Nahrungsergänzungsmittel sowie zeitweise auch für die Miete. Zwischendurch drohte die Kündigung der Wohnung. Online habe er einmal eine Schuldnerberatung angefangen. Doch die wollten dann auch Geld, das hatte er nicht. Termine beim Jobcenter stehen bevor, kündigte er an. Er versicherte, dass er jetzt Briefe öffne und versuche, Rechnungen zu bezahlen – teilweise in Raten. Dazu zählen auch Rückstände aus vorherigen Betrugsfällen. Seit 2012 weist das Zentralregister einige auf – zudem noch 2019 einen Eintrag wegen Falschaussage.

Warum zwischen Februar und Juni eine Pause war, wollte die Richterin wissen. Der Angeklagte erklärte, dass er in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Mit den Bestellungen im Februar konnte er erste Rechnungen bezahlen, mit denen im Juni weitere.

Die Staatsanwältin teilte mit, dass die Polizei einige der Waren bei der Durchsuchung wiederfand. Die anderen wurden zur Bezahlung der Miete weiterveräußert. Mehrfach nahm der Angeklagte gewerbsmäßigen Betrug vor. Positiv sei, dass er voll geständig sei und seit den Taten 2019 keine neuen hinzukamen. Hingegen trat er in der Vergangenheit schon öfter einschlägig in Erscheinung. Rund 3.600 Euro für die weiterverkauften Waren seien noch nicht bezahlt. Sie beantrage 18 Monate Haft. Mit der Frage der Bewährung tat sie sich schwer, eine »wackelige Sozialprognose« liege vor. Sie appellierte an den 30-Jährigen, er »müsse langsam den Schuss hören« und sein Leben in den Griff bekommen. Mit »Bauchschmerzen« gab sie ihm ein »allerletzte Chance« und sprach sich für eine Strafe auf Bewährung aus.

Verteidiger Dr. Friedemann Neddenriep erklärte, dass sein Mandant in einer ganz erheblichen Drucksituation gelandet war. Er hatte Mietrückstände und musste auch noch Schulden von vorherigen Taten zurückbezahlen. Hinzu kommen die psychischen Probleme seiner Lebensgefährtin sowie die schwierige Wohnungssituation. Der Angeklagte sei geständig und übernehme die volle Verantwortung. Dr. Neddenriep plädierte für eine Strafe von einem Jahr auf Bewährung.

Dem Antrag der Staatsanwältin folgte das Schöffengericht. Richterin Martina Sievert erklärte, dass der Angeklagte in keiner einfachen Situation war und noch sei. Er habe die Taten eingeräumt, der Grund für sie stellten Schulden und Mietrückstände dar. Jedoch übte er nicht das erste Mal Betrug aus. Bei der Vernehmung bei der Polizei habe er viel versprochen, kaum etwas aber davon umgesetzt.

Mit viel »Augen zu drücken« wurde sich für eine Bewährungsstrafe entschieden. Dies sei verbunden mit der Hoffnung, dass er sein Leben jetzt endlich in den Griff bekomme. Gelinge ihm das nicht, stehe beim nächsten Mal der Weg in Justizvollzugsanstalt Göttingen an. Neben 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit muss er mehrere Gespräche bei der Schuldnerberatung vor Ort wahrnehmen. Wenn die kommenden drei Jahre ohne weitere Tat vergehen, werde die Haftstrafe erlassen; gebe es wieder Auffälligkeiten, müsse er die 18 Monate absitzen.mru