Ausdrucksstark, beeindruckend und brillant

»Bravo«-Rufe für Noah-Streichquartett mit Beethoven

Erik Wenbo Xu, Michael Stürzinger, Bettina Barbara Bertsch und Alexandra Psareva während der Pause im Alten Rathaus.

Einbeck. Zwischen Holzkirchen, Eberbach und Warendorf machte das »Noah Quartett« jetzt Station in Einbeck. Ob mit Beethovenjahr oder ohne – diese Künstler waren hörenswert und beeindruckend. Sie spielten drei Streichquartette von Ludwig van Beethoven, das frühe Opus 18/4 in c-moll, das Opus 59/3 »Rasumovsky« in C-Dur aus seinen mittleren Lebensjahren und das Opus 131 in cis-moll aus seinem Spätwerk, als er bereits völlig taub war. Das habe er »wohl über das innere Ohr geschrieben«.

Ungewöhnlich bereits die Sitz-Anordnung mit der Bratsche – Erik Wenbo Xu - vorn und dem Violoncello – Bettina Barbara Bertsch – hinten. So erhielt bei der Rundumbestuhlung im Alten Rathaus die Bratsche einen anderen, beziehungsweise mehr Klang. Die Violinen spielten Michael Stürzinger und Alexandra Psareva. Allen ist gemeinsam, dass sie bereits in der Kindheit mit dem Unterricht begannen, viele Wettbewerbe gewannen, in zahlreichen Ensembles spielten und sich durch die Arbeit in der Elbphilharmonie kennenlernten. Tournee-Anstrengungen? »Ja, aber das Spielen ist doch unsere Leidenschaft«, stellte Bertsch fest.

Dass diese Art der Musik Beethovens seinen Zeitgenossen ebenso revolutionär vorgekommen sein muss, wie die der Rolling Stones und der Beatles in den 1960er Jahren, brachten die Vier hervorragend zum Ausdruck. Bei höchster Konzentration sowie absoluter Präzision im Zusammenspiel gelang es den Vieren, die dynamische Bandbreite der Werke und die überraschenden Wendungen zu zeigen: Ob im Scherzo des ersten Werks, das ins humorvoll Ländlerische übergeht oder dem Introduzione im zweiten Stück, bei dem »Trauermusik«-Klänge mit abruptem Übergang ins Fröhliche mit mehr Tempo wechseln, die Kunst des Komponisten und der Künstler beeindruckte. Die Melancholie im »Andante con moto quasi Allegretto« – dazu gehörte auch das teils gezupfte Cello – des zweiten Werks kam zum Ausdruck, in einem warmen Klang, der in der guten Akustik dieser Halle zum Tragen kam. Vor der Pause dann das brodelnd-virtuose nacheinander Einsetzen der Instrumente im letzten Satz des zweiten Werks und ein atemberaubendes Tempo, das den Künstlern alles abverlangte. Hier war keiner Solist, hier spielte ein einziger brillanter Klangkörper.

Als ein »architektonisches Meisterwerk, das trotz der sieben Sätze wie aus einem Guss klingt«, bezeichnete eine Expertin aus dem Publikum das dritte Stück aus dem Spätwerk. Hier tauchen Melodienfragmente auf, die den schmerzvollen Abschied aus der Welt der Töne spüren lassen.

Dem nicht endenwollenden Schlussapplaus, sowie »Bravo«-Rufen und Blumen folgte als Zugabe ein langsamer, berührender Satz aus dem letzten Streichquartett. »Das Leben hat soviele Fragen, in diesem Stück sind soviele Antworten« lautete dazu ein Gedanke der Konzertmeisterin Alexandra Psareva. Das Sahnehäubchen auf dem sehr gelungenen Abend.

Mit der Interpretation seiner Werke durch diese Künstler und diesem zahlreichen, fachkundigen Publikum wäre Beethoven vollauf zufrieden gewesen. Und das Quartett freute sich über das lebensgroße Plakat in der Stadt, das ihren Abend angekündigt hatte. Das gab es zuvor noch nie.des