Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Sanierung

Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Sanierung

Klimaschutzteilkonzept | Untersuchung zu Leerständen und Baulücken | Demografie und geänderter Bedarf

Einbeck. Eine Leerstands- und Baulücken­erhebung soll helfen, klimagerechtes Flächenmanagement in Einbeck zu gewährleisten. Aufgrund des demografischen Wandels mit deutlichem Rückgang der Einwohnerzahl und durch Strukturwandel, etwa in Einzelhandel, Landwirtschaft und Gewerbe, sind Kommunen zunehmend von Leerständen betroffen.

Dem stehen allerdings weitere Flächenausweisungswünsche für Neubaugrundstücke gegenüber. Klimagerechtes Flächemanagement zielt vor allem auf die Stärkung der Innenentwicklung.

Damit sollen weniger bisher unbebaute ­Flächen in Anspruch genommen werden. Das wäre auch ein Schritt zur Reduzierung von ­Verkehrsmengen und zur Energieeinsparung sowie zur Verringerung von Treibhausemissionen. Bundesweit ist eine Flächeninanspruchnahme für Siedlungen und Verkehr auf ­höchstens 30 Hektar pro Tag im Jahr 2030 vorgesehen – derzeit liegt dieser Wert bei 70 Hektar.

Im Rahmen einer Klimaschutzinitiative des Bundes hat die Stadt Einbeck ein Klimaschutzteilkonzept für klimagerechtes Flächenmanagement erarbeiten lassen; das Konzept ist zu 70 Prozent gefördert worden. Dr.-Ing. Uwe Ferber vom Planungsbüro StadtLand in Leipzig hat die Ergebnisse im Ausschuss vorgestellt.

Viele Leerstände und niedrige Zinsen:

Vor diesem Hintergrund könne man derzeit so günstig wie nie in den Markt gehen, stellte er fest. Er riet zudem dazu, diese Bedingungen möglichst schnell zu nutzen, am besten innerhalb des nächsten halben Jahres. Es komme auf eine gesunde Abwägung des Flächenverbrauchs für die Entwicklung der Kernstadt und der Ortschaften an. Es gehe um den Erhalt ­gewachsener Siedlungsstrukturen sowie um Entscheidungshilfen, um Aktivitäten zu ent­wickeln. Ziel des Klimaschutz-Teilkonzepts sei es unter anderem, eine aktive Innen- und eine maßvolle Außenentwicklung zu fördern.

Die Zeichen der Zeit wiesen darauf hin, schnell in Bestände zu investieren, von denen es gerade im ländlichen Raum viele gebe.

Verschiedene Studien würden einen jähr­lichen Rückgang für Einbeck um bis zu 400 Einwohner jährlich bis zum Jahr 2030 prog­nostizieren. Verbunden mit der Altersstruktur ergebe das eine hohe Zahl von Leerständen. Der Trend gehe zu Ein-Personen-Haushalten; notwendig sei zudem eine höhere Zahl von ­behindertengerechten Wohnungen. Zum schon vorhandenen Leerstand komme weiterer Wohnraum, der Jahr für Jahr überflüssig werde: 195 Wohneinheiten bis zum Jahr 2020 sowie fast 350 bis 2030.

Man habe es mit vielen kleinteiligen Strukturen zu tun. Prägend seien die Siedlungs­bestände aus den 60er bis 80er Jahren, sie seien in einem eher guten Zustand. Mängel gebe es vor allem im Kern der Innenstadt sowie in den – nördlichen – Ortschaften, so Ferber.

241 Leerstände, 398 Baulücken und 148 Teilleerstände hat StadtLand in der Untersuchung ermittelt. Allein für die Kernstadt wurden 68 Leerstände und 74 Baulücken aufgeführt. Weitere Baulücken in größerer Zahl gibt es in Kreiensen, Greene, Wenzen und Salzderhelden. Überall seien auch interessante Bestände, die man sichern müsse. Flächenpotenziale wurden im Bereich Walkemühlenweg Nord, Deiner­lindenweg, Walkemühlenweg, Kapellenstraße und Weinberg ausgemacht.

Die Nachfrage könnte mit dem Bestand gedeckt werden, durch Sanierung, Modernisierung oder Umnutzung sowie durch Schaffung zeitgemäßer Grundrisse, so die Untersuchung. Eine Nachverdichtung stehe dem Wunsch nach Stadtgrün eventuell entgegen, das Wohnen im Einfamilienhaus im Grünen bringe wiederum Probleme mit Umwelt und Natur, etwa durch längere Wege, Flächenverbrauch oder Schaffung und Kosten von Infrastruktur.

Für das Kommunale Flächenmanagement riet der Planer, Datenbanken anzulegen und zu pflegen und Informationen für Nutzer und ­Eigentümer gezielt aufzubereiten. Um Leerstand zu »mobilisieren«, sollte man freie
Immobilien und Wohnungen aktiv bewerben. Eigentümern könne man mit Beratungsangeboten, etwa zu Fördermitteln, entgegen kommen.

Initiativen wie »Wohnen in Einbeck« oder »Hauspaten« könnten hilfreich sein, genau wie die Unterstützung bei Bau-, Sanierungs- und Abbruchanträgen. Betriebswohnungsbau wäre ebenfalls eine Variante, die man prüfen könne. Dafür gebe es erfolgreiche Beispiele. Im Rathaus sollte man sich als Brückenbauer verstehen
Neubauflächen hätten nur einen geringen Anteil am Flächenverbrauch, gab Klaus-Reiner Schütte, SPD, zu bedenken. Das Gutachten gebe allerdings wertvolle Hinweise. Bauplätze sollten weiter bedarfsgerecht ausgewiesen werden, denn ein Neubau sei eine Einstellungsfrage.

Die Auflistung von Baulücken verfälsche das Bild, denn nicht jede Lücke sei auch ein freier Bauplatz. Viele Lücken, bestätigte Eunice Schenitzki, SPD, würden nicht zur ­Verfügung stehen, gerade in den Ortschaften. Es wäre wichtig, das Thema in die Ortsräte zu bringen, die genauere Informationen hätten. Lob für das Gutachten gab es von Dr. Marion Villmar-Doebeling, FDP. Allerdings wollte sie darin kein Korsett sehen, sondern die Bürger sollten auswählen können, wo sie sich ansiedeln wollten. Wenn die Verwaltung drohe, jede Neuausweisung von Bauplätzen/Baugebieten durch die Stadt bedeute eine »kalte Ent­eignung« beziehungsweise Wertverlust bei bestehenden Immobilien, sei das nicht akzep­tabel.

Etwas zu tun, gehe nur mit den Eigentümern, denen man mitunter gut zureden müsse. Die Probleme werde man so aber nicht lösen, meinte Rolf Hojnatzki, SPD. Schon in den 80er Jahren habe es den Gedanken gegeben, Bau­lücken zu nutzen und keine neuen Baugebiete auszuweisen. Damit könne man die demografische Entwicklung aber auch herausfordern, warnte er. Man brauche verfügbare Bauplätze, müsse attraktiv bleiben für die Eigenentwicklung.

Er sehe in der Ausarbeitung einige fragwürdige Aussagen. Das Konzept sollte man jetzt nur zur Kenntnis nehmen und es noch einmal ausführlich beraten, auch in den Frak­tionen. Vermeiden müsse man Selbstbeschränkungen, die die Entwicklung dramatisch behindern könnten. Er sehe zudem ein »gefährliches Vorgehen« bei der Ermittlung von Leerständen: Keine Gardinen gleich Leerstand – das sei fragwürdig.

Auf die Bedeutung des Konzepts für die Planung verwies Jürgen Höper vom Sachgebiet Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung. Damit habe man unter anderem eine Orientierung für Planungen im Außenbereich. Man sollte die Diskussion in Gang bringen, denn ein Investitionsstau sei häufig auch ein Entscheidungsstau.

Um weniger Skepsis bat Dirk Ebrecht, CDU, den Ausschuss. Hier sehe man endlich einmal Zahlen, über die man beraten könne. Die Politik müsse die Entwicklungen kennen, damit sie nicht von ihnen überrascht werde. Eine Gefahr sehe er im Gutachten nicht, gefährlich werde es eher, wenn man weiter bremse.

Mit den Kenntnissen vor Ort und den vor­geschlagenen neuen Maßnahmen sehe er einen Weg, zu Erfolgen zu kommen, sagte Armin Hinkelmann, GfE.

Die Verwaltung berate zu Förderprogrammen, betonte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek. Aber die Politik beschließe und diskutiere das Vorgehen. Man brauche eine Basis, auf der man Strategien für konkrete Maßnahmen entwickeln könne.

Das Problem sei seit langem bekannt, man habe es aber immer weggeschoben, stellte Walter Schmalzried, CDU, fest. Er halte die Untersuchung für solide und notwendig für die Zukunft der Stadt. Er habe kein Problem damit, das Thema in die Ortsräte zu tragen, aber das sollte nicht zu weiteren Verzögerungen führen.

Mit Mehrheit hat sich der Ausschuss dafür ausgesprochen, die Untersuchung in den Ortsräten und Fraktionen zu beraten und sie dann erneut im Ausschuss vorzulegen.ek