Bannmeilenvortrag zog Publikum in den Bann

Walter-Wilhelm Funcke begeisterte mit historischer Darstellung der Landwehr und der Bannmeilensteine

Zahlreiche Gäste kamen in den Ur-Bock-Keller des Einbecker Brauhauses, um Wissenswertes über Landmeile und Bannmeilensteine zu erfahren.

Einbeck. Acht Gedenkstellen erinnern an die Bannmeile rund um Einbeck. Das Einbecker Brauhaus hat sie 1979 an den Standorten der ehemaligen Wachtürme der Landwehr zum 600-jährigen Jubiläum in Erinnerung an den ersten Bier-Beleg 1378 geschenkt. Anlässlich des 40. Geburtstag ihrer Aufstellung wird am kommenden Sonntag, 8. September, eine sportliche, familiäre Veranstaltung durchgeführt. Im Vorfeld hielt im Ur-Bock-Keller der Brauerei Walter-Wilhelm Funcke einen Vortrag über »Türme der Einbecker Landwehr – Schutz und Bewirtung«.

Martin Deutsch, Vorstand des Einbecker Brauhauses, freute sich, dass so viele Personen gekommen waren, um viele spannende und interessierte Informationen von Funcke zu bekommen. Die Bannmeile war früher ein beneidenswertes Gebiet, kein anderes Bier außer Einbecker durfte verkauft werden.

Die Aufgaben der Landwehr waren unter anderem Abgrenzung des Rechtsgebiets und des Jagdgebiets, Einhegung von Viehweiden, Schutz der Bevölkerung gegen Übergriffe von Feinden, Personenkontrollen bei Durchlässen sowie Erhebung von Wegegeld und teilweise auch Zöllen, erklärte Funcke zu Beginn.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Einbecker Bier 1378. 600 Jahre später ließ die Brauerei an den ehemaligen Standorten der Landwehr Gedenksteine aufstellen. Eingeweiht wurden sie mit einem Bannmeilenmarsch 1979, der auch eine Hommage an den Biertreck von Einbeck nach München im Mai 1969 war.

Die Gedenksteine sind wie in Kuventhal 90 Zentimeter im Boden verankert und 1,60 Meter hoch. Noch oben verjüngen sich die rund 800 Kilogramm schweren Steine, und sie zeigen den Umriss der Landwehr. Der jeweilige Standort ist rot markiert. Den Transport übernahmen 1979 Horst Kranke und Ottfried Kuhfuß von der Brauerei, aufgestellt wurden sie von der Firma Schramm. Dietrich Evers, Künstler aus Wiesbaden, der 1976 auch das Wandmosaik im Sudhaus gestaltete, konzipierte sie.

Früher lag Einbeck in einem Wasser- und Sumpfgebiet, das Krumme Wasser lief mitten durch die Stadt. Mit der Zeit wuchs sie und benötigte auch Schutz. Palisaden folgte eine hohe Mauer mit Türmen und Wassergräben. Durch die Entwicklung der Kanonen reichte das bald nicht mehr aus, Wälle und Gräben kamen hinzu.

Um 1400 wurden einige Großprojekte begonnen: Bau des Mühlenkanals, ein zweiter Befestigungsgürtel um die Stadt und die Landwehr. Erstmals erwähnt 1381, sollte sie die Feinde schon weit vor der Stadt abhalten. Wo es keine natürlichen Hindernisse wie Ilme oder Leine gab, entstanden Wälle. Genutzt wurde das natürliche Gelände mit Böschungen und Hecken. 22,6 Kilometer umfasste die Landwehr und hatte an den wichtigen Durchgangsstraßen bewachte Durchlässe mit Schlagbaum: am Leineturm, Roten Turm, Reinserturm, Pinkler-Turm, Klapperturm, Bartshäuser Turm, Kuventhaler Turm und am Hube-Turm.

Durch Abschaffung der Stadtmiliz, Einführung einer Garnison im Dreißigjährigen Krieg, »Ewigen Landfrieden« (1495) sowie Augsburger Religionsfrieden (1555) verlor die Landwehr an Bedeutung. Auf Landstraßen konnte man sich wieder freier und ohne Angst vor Feinden bewegen. Die Stadt Einbeck verpachtete die Türme und Gebäude samt Wachdiensten und Schankrecht zwischen 1620 und 1750. Gaststätten und Pensionen entstanden.
Zum Schutz der heimischen Produkte durften nur sie innerhalb der Bannmeile verkauft werden, das galt ebenfalls für das Einbecker Bier. Es gab ebenso einen Bierzwang – teilweise auch bei Privatpersonen. Sie waren verpflichtet, sich nur von einem Berechtigten ihr Bier zu einem festgesetzten Preis zu beschaffen.

Oft gemeint werde, so Funcke, dass die Worte Pinkler und Klapperturm auf Warnsignale wie »Pinken« oder »Klappern« zurückzuführen seien, dies treffe nicht zu. Durch den großen Lärmpegel in einer handwerklich geprägten Stadt wäre das nicht zu hören gewesen. Warnsignale wurden eher durch Trompeter erstellt. Ein Fernsehsender meinte, »Pinkler« käme vom wilden Pinkeln, das stimme ebenfalls nicht, sondern, wenn kleine Steine gegen das Streichblech beim Pflug schlagen.

Turm-Pächter hatten die Aufgabe, Reisende zu registrieren, »kein fremdes und verdächtiges Gesindel zu dulden«. Sie mussten auf Felder, Hut und Weide der Bürgerschaft achten und »darauf sehen, dass keine Früchte gestohlen würden, dass das Vieh keinen Schaden anrichte und dass kein fremdes Vieh eingetrieben würde.«

1434 wurde erstmals der Leineturm erwähnt, 7.800 Meter von Einbeck entfernt. Zuerst am Fluss und im Überschwemmungsgebiet gelegen, erfolgte im 18. Jahrhundert der Neubau an der heutigen Stelle. Der Name des »Roten Steins«, errichtet 1428, stammt wohl von der Straße zum Steinbruch oder dem Bau mit roten Sandsteinen, so Funcke. Rund 1.800 Meter stand er östlich von Einbeck und war von Dornenhecken umgeben. Im Siebenjährigen Krieg wurde er zerstört. Der Gedenkstein in der Nähe der Kläranlage erinnert an ihn.

Schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts gibt es den Reinserturm, 1.710 Meter südlich vom Benser Tor. Von den Truppen vom Herzog von Sachsen wurde 1447 zerstört. 1794 entstand in der Papenstraße das erste städtische Brauhaus, ab 1800 durfte im Reinserturm nur noch Bier von dort verkauft werden. Beliebt waren Tanzveranstaltungen. Mit Fahrrädern von der Firma Stukenbrok besuchten Gäste gern die Lokalitäten, und sie versuchten sich 1866 auch beim Kreis-Sacklaufen, teilte Funcke mit.

2.269 Meter südlich von Einbeck liegt der Pinkler. Erstmals wurde er 1477 erwähnt. Ob es jemals dort einen Wachtturm gab, sei ungewiss, so Funcke. Nach der Zerstörung im Siebenjährigen Krieg wurde das Areal wieder aufgebaut, in der Feldmark kann man noch den Verlauf der Landwehr erkennen.

Der 1446 errichtete Klapperturm liegt 3.200 Meter westlich von Einbeck und hat den letzten noch existierenden Turm. Seit mehr als 150 Jahren betreibt Familie Rese die dortige Gastwirtschaft. Die »stärkste Eiche« Deutschlands stand vor dem Ort. Immer wieder gab es Renovierungsarbeiten, der neue Turm entstand vor wenigen Jahren.

Der Bartshäuser Turm existiert seit 1439, 3.467 Meter von Einbeck entfernt. Schon 1791 gab es einen Pächter mit Namen Johann Friedrich Öltzen. Nachkommen von ihm leben immer noch vor Ort.

Um 1450 entstand 4.031 Meter von Einbeck entfernt ein Durchgang bei Kuventhal, aber wohl ohne Wachtturm. Um das Areal herum kann man noch gut die Landwehr erkennen. Zahlreiche Gastwirte boten vielfältige Unterhaltung. Gäste brachte auch die 1831 fertiggestellte Wilhelmsbrücke, die das beschwerliche Passieren der Hube ersetzte.

Den ersten Wachtturm gab es schon 1366. Den 3.200 Meter nördlich von Einbeck gelegenen Hube-Turm. Nach rund 650 Jahren wurde der dortige Bau am 21. März 1970 »heiß« abgerissen, die beliebte Gaststätte brannte innerhalb von fünf Stunden »planmäßig« ab. Um Richtung Norden zu reisen, musste jeder früher die Hube passieren. Vom Tiedexer und Oster Tor folgte man verschiedenen Routen, die am Hube-Pass zusammenliefen.

Dort gab es Schlagbaum, Wachtturm, Zollstation und Schankwirtschaft. Beliebt war bei Gästen der Besuch bei Familie Hase und ihrem dreibeinigen »Kampfhund« oder die Teilnahme an Hube-Bergturnfesten. Selbst König Georg II. genoss 1740 sein Aufenthalt dort – wie auch König Georg IV. 1821. Kurz danach entstand die Wilhelmsbrücke.

Zum Abschluss dankte Jürgen Herbst, Vorsitzender des Einbecker Sportvereins, mit einem Präsent Walter-Wilhelm Funcke für den kurzweiligen und unterhaltsamen Vortrag, der die Zuhörer in den Bann zog. Er freute sich auf weitere historische Präsentationen von ihm und lud alle Interessierten zur Teilnahme an der Bannmeilen-Veranstaltung am kommenden Sonntag, 8. September, ein.mru