Die Gründung der Baptistengemeinde in Einbeck

Der Einbecker Carl Steinhoff als erster Prediger | Polizeidiener lösen Gottesdienst gewaltsam auf

Carl Steinhoff, der Gründer der Einbecker Baptistengemeinde und historische Ansichten der »Neuen Kapelle«.

Einbeck. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lernte der junge Einbecker Carl Steinhoff in Stuttgart »die einfache und doch erhabene Verfassung und Ordnung einer neutestamentlichen apostolischen Gemeinde« kennen. Als einer der »von der Liebe Jesu glühenden Männer« kehrte Steinhoff mit einem Bruder namens Schwarz 1843 in seine Heimatstadt zurück und gründete die Gemeinde gläubig getaufter Christen in Einbeck, die Baptistengemeinde.

Sie »redeten überall von Gottes Wort und forderten Buße und zum Glauben an Jesum Christum. Es währte nicht lange, so zeigte sich die Frucht ihrer Arbeit. Ein Ehepaar Grill wurde bekehrt und getauft. Das Samenkorn zur Entstehung der Gemeinde gläubig getaufter Christen war gelegt.«

Allerdings hatten die Mitglieder der jungen Gemeinde in Einbeck, wie andernorts auch, keinen leichten Stand: »Sie wurden verkannt, verspottet, verfolgt, angefeindet von der Welt, von der Obrigkeit und besonders von den Pastoren der Landeskirche.« Carl Steinhoff war in seiner Missionsarbeit sehr umtriebig.

Er predigte nicht nur im ersten Versammlungsraum der Gemeinde in der Altendorfer Straße, sondern auch in Hamburg, »wo er vier Menschen taufte«. Später fanden die Gottesdienste in seinem Einbecker Privathaus statt. 1849 wurde der Bund Deutscher Baptistengemeinden gegründet, wobei die Einbecker Gemeinde in der »Mittel- und Süddeutschen Vereinigung einen Mittelpunkt« bildete.

Zwei Jahre später »wurde ein neu erbautes Versammlungslokal der Gemeinde in Einbeck eröffnet.« Doch bereits keine zwei Wochen danach wurde der Gottesdienst von der Stadtverwaltung »bei zehn Taler Strafe verboten.« Das Verbot wurde durch den städtischen Polizeidiener überwacht, doch Steinhoff ließ sich nicht einschüchtern. Prompt erschienen beim nächsten Gottesdienst zwei Polizeidiener und forderten die Versammlung auf, sich aufzulösen. Doch niemand verließ den Raum.

Daraufhin holte einer der Bediensteten Verstärkung. Als die Gemeindemitglieder die ersten Lieder sangen, kam ein dritter Polizeidiener mit einem bewaffneten Gendarmen in den Saal. Bevor die Situation eskalieren konnte, beendete Steinhoff den Gottesdienst. Die Situation spitzte sich weiter zu: Eine Woche später »traten die Polizeidiener mit einem bewaffneten Gendarmen abermals ein und trieben die Anwesenden aus dem Saal.

Ich wich nicht vom Katheder, sondern sagte meinem Hauspersonal, sie möchten sich ruhig verhalten.« Steinhoff wurde ins Rathaus zitiert, wo ihm unter Androhung von zehn Talern Strafe der Gottesdienst verboten wurde. Der Einbecker Baptistenprediger ließ sich nicht mundtot machen: »Ist der Rat oder das Werk aus den Menschen, so wird es untergehen; ist es aber aus Gott, so könnt ihr es nicht dämpfen.«

Allerdings wurden die Gottesdienste ab jetzt in privatem Rahmen abgehalten, so dass die Baptisten einige Monate in Ruhe gelassen wurden. Im Mai 1852 erhielt Steinhoff erneut eine Vorladung. Schweren Herzens kam er der Aufforderung nach, doch im Rathaus kam anders, als er erwartete: »Eine sehr erfreuliche Kunde harrte dort meiner. Auf Grund einer Ministerialverfügung wurde mir eröffnet, daß uns ferner bei unseren Gottesdiensten keine Hindernisse mehr in den Weg gelegt werden sollten.«

Hintergrund war eine Entscheidung der königlich Hannoverschen Regierung, in der es hieß, dass »in Betreff der von dem Magistrat zu Einbeck gegen C. Steinhoff ergriffenen Maßregeln wegen Abhalten öffentlichen Gottesdienstes der Wiedertäufer« mitgeteilt wurde, dass »ein Einschreiten gegen die Einbecker Baptisten aus dem in Unserer Verfügung vom 21. November 1851 enthaltenen Grunde für stattnehmig nicht erachtet ist.«

Nachdem das Verbot aufgehoben war, blühte das Gemeindeleben der Einbecker Baptisten auf. In einem Bericht des Bruders »Georg Meyer, Einbeck« heißt es: »Am 30. August (1854) verkaufte ich 20 Bibeln und 14 Testamente und besuchte etwa 70 Familien, wobei ich wohl 100 Traktate verbreitete; am 31. verkaufte ich 18 Bibeln und 7 Testamente.« 1856 hatte die Gemeinde 56 Mitglieder.

Doch ein Jahr darauf wurde die Versammlungsfreiheit wieder eingeschränkt, »eine Petition sämtlicher hannoverschen Gemeinden dagegen an den König wurde abgelehnt«. 1862 wurden diese Beschränkungen gelockert, in dem sie »für Inländer« zurück genommen wurden. Im gleichen Jahr wurden aus der Einbecker Gemeinde »nur die nicht tief verwurzelten Bäume ausgerissen«.

Die verbliebenen Mitglieder wurden dabei »nur noch mehr befestigt«. Offenbar gab es Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Gemeinde, denn nur »mit Hilfe fremder Brüder« konnte der »Frieden« wieder hergestellt werden. Carl Steinhoff trat zurück.

Sein Nachfolger wurde C. Kippenberg, zum »provisorischen Mitältesten« wurde August Dücker aus Amelsen ernannt. Unter der neuen Führung kehrte Ruhe in die Gemeinde ein, denn für das Jahr 1865 meldete die Gemeinde Einbeck: »Getauft im Jahre 1865 sind sieben, auszuschließen brauchten wir keinen.«wk