BTM-Beihilfe als Freundschaftsdienst

23-Jähriger zu Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt

Einbeck. Wegen Beihilfe zum Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Weiterveräußerung wurde ein 23-jähriger Einbecker vom Schöffengericht Einbeck unter Vorsitz von Richterin Martina Sievert zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Zudem muss er 1.700 Euro an »Ärzte ohne Grenzen« zahlen. Positiv für ihn fiel aus, dass er noch keine Einträge im Strafregister hat, es sich um die »weiche Droge« Marihuana handelte, die Taten länger her sind und er teilgeständig war; negativ ist, dass es sich jeweils um große Mengen handelte.

Dealer-Kontakt

Im Juni/August 2019 besaß er 150 Gramm Marihuana. Sein Vater fand die Betäubungsmittel und vernichtete sie. In der Folge war der Angeklagte »aufgeschmissen«, er kontaktierte einen bekannten Dealer aus Einbeck. Dieser wurde kürzlich in einem gesonderten Verfahren vom Landgericht Göttingen zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Von der Polizei ausgewertete Chat-Protokolle verdeutlichten, dass der Angeklagte in der Folge den Dealer, den er seit der Kindheit kennt, kontaktierte, um Nachschub zu organisieren.

Bei der ersten Hauptverhandlung im November sagte der 23-Jährige aus, dass ein kleiner Part der 150 Gramm zum Eigenkonsum bestimmt war, der größere Teil zum Weiterverkauf. Dieser Aussage widersprach er bei der zweiten Verhandlung. Er habe dies nur ausgesagt, um Freunde nicht mit »hineinzureißen«. Die 150 Gramm waren für ihn und Bekannte bestimmt, ohne Weiterveräußerungsabsicht. Er habe die Betäubungsmittel nur zentral bei sich lagern wollen.

Als Bote unterwegs

In den Monaten danach war der 23-Jährige auch als Bote für den Dealer unterwegs. Mehrfach führte er auf freundschaftlicher Basis ohne Gewinnbeteiligung Fahrten nach Hannover durch, bis er im Frühjahr 2020 seinen Führerschein wegen BTM-Einfluss im Straßenverkehr verlor. Dies war für ihn wie ein Warnsignal, danach konsumierte er nicht mehr. Inzwischen hat er eine sichere Arbeitsstelle und will auch sein Abitur nachmachen.

Am 19. Oktober 2020 ging er mit dem Dealer in einen Keller in der Einbecker Südstadt. Während der Angeklagte »Schmiere stand«, holte der andere Betäubungsmittel aus einer Sporttasche und wog einen Teil ab. 750 bis 800 Gramm befanden sich in einem Klarsichtbeutel, den der Angeklagte sich unter den Pullover steckte. Anschließend verließen die Männer den Keller. Vor Gericht sagte der Dealer, dass der Angeklagte nur der Transporteur aus dem Haus heraus war. Der anschließende Weiterverkauf lief ohne ihn ab.

Bei Ermittlungen im Bereich Alfeld und Einbeck stieß die Polizei auf den Dealer, der im Verdacht stand, im großen Rahmen gewerbsmäßig Handel mit Betäubungsmitteln zu betreiben. Die Beamten führten Maßnahmen wie Telefonüberwachungen und Observierungen durch, stießen auf den »Bunker« in der Südstadt und fanden bei Durchsuchungen Betäubungsmittel, aber auch eine Kamera. Mehr als 600 Videosequenzen wurden ausgewertet. Die Beamten identifizierten einige Personen, Strafverfahren wurden eingeleitet. Neben dem Dealer wurde ein weiterer Hauptverdächtiger vom Landgericht Göttingen zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt. Weitere Gerichtsverfahren laufen gegen Mittäter beim Amtsgericht Einbeck.

Chat-Protokolle

Auf den Filmen tauchte der 23-jährige Angeklagte auf. Er half seinem Freund »ehrenamtlich«, weder Geld noch Marihuana erhielt er als Belohnung, beteuerte er; er konsumiere seit dem Führerscheinverlust nicht mehr. Den Hauptorganisator kenne er seit seiner Kindheit und unterstützte ihn.

Der Staatsanwalt berichtete, dass der 23-Jährige angeklagt sei, bei Drogengeschäften geholfen und selber veräußert zu haben. Der BTM-Handel 2019 wurde durch die Chat-Protokolle bestätigt. Zudem räumte der Angeklagte sie »ohne Not« am ersten Verhandlungstag ein. Zwar widersprach er dem jetzt, doch das nahm der Staatsanwalt ihm nicht ab. Im Oktober 2020 half er dem Hauptorganisator, Marihuana aus dem »Bunker« zu bringen. Dies entspreche dem Tatbestand der Beihilfe.

Arbeit und abstinentes Leben

Zugunsten des jungen Manns fallen die Teileinräumung der Taten aus, dass Marihuana eine »weiche Droge« sei, dass die Geschehnisse schon länger zurückliegen und dass keine Einträge im Strafregister vorliegen würden. Zudem habe er einen Job, sei längere Zeit abstinent und wolle sein Abitur nachholen. Ein negativer Aspekt sei, dass bei beiden Fällen eine große Menge Betäubungsmittel zusammenkam. Der Staatsanwalt sprach sich für eine Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung sowie eine Geldauflage von 1.700 Euro aus.

Der Verteidiger erklärte, dass es im Oktober 2020 keinen Handel von seinem Mandanten gab, Beihilfe räumte er ein. Ähnlich erachtete er die Situation im Sommer 2019. Der Tatbestand des gewerbsmäßigen Handels sei durch die Chat-Protokolle nicht eindeutig bewiesen – die Betäubungsmittel wären nur für den Eigenkonsum des 23-Jährigen und einiger Freunde gewesen. Er sprach sich für eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung aus.

Das Schöffengericht um Richterin Martin Sievert verurteilte den Angeklagten wegen Beihilfe und Handels mit Betäubungsmitteln zu neun Monaten Gefängnis und zu einer Geldstrafe von 1.700 Euro an »Ärzte ohne Grenzen«. Bestätigt wurde von Zeugen, dass der Angeklagte im Oktober 2020 nur eine »untergeordnete Rolle« gespielt habe. Handelsabsichten 2019 räumte er am ersten Verhandlungstag »ohne Not« ein, auch wenn er diesen jetzt widersprach. Positive Zukunftsperspektiven lägen vor, weshalb die Richterin hoffte, dass der 23-Jährige strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung trete.mru