Bürger halten sich weiter an die Corona-Regeln

Landrätin Astrid Klinkert-Kittel und Polizeichef Michael Weiner: Verantwortungsvoller Umgang

Auf Abstand, aber in engem Schulterschluss: Die Northeimer Landrätin Astrid Klinkert-Kittel und der Leiter der Polizeiinspektion Northeim, Michael Weiner, bestätigen, dass die Bürger im Landkreis weiterhin verantwortungsvoll den Regeln folgen, die die Corona-Krise allen auferlegt.

Die Bürger im Landkreis Northeim halten sich an die Vorgaben zur Eindämmung des Coronavirus, an Abstandsregeln und Kontaktsperren. Das stellten der Leiter der Polizei­inspektion Northeim, Polizeidirektor Michael Weiner, und die Northeimer Landrätin Astrid Klinkert-Kittel in einem Gespräch mit der Einbecker Morgenpost fest.

Einbeck. »Wir haben noch Corona-Zeit«, mahnte Landrätin Astrid Klinkert-Kittel. Auch angesichts der erfolgten Lockerungen dürfe man nicht nachlässig werden, sondern müsse weiter drauf achten, Abstand zu halten. Schleichend könnten sich alte Gewohnheiten wieder ihren Weg bahnen, warnte sie: »Man erwischt sich einfach dabei.« Dass seit dieser Woche Maskenpflicht gelte, bewirke auch, dass man sich öfter an die Situation erinnere. Polizei und Ordnungsämter seien derzeit viel in der Öffentlichkeit in sogenannten Präventionsstreifen unterwegs, sie würden vor Ort in Augenschein nehmen, wie die Menschen sich verhielten. »Bisher sind wir sehr zufrieden«, betonte sie.

Wenn er die Zahlen seit Mitte März betrachte, könne er feststellen, dass polizeiliche Maßnahmen nur in sehr geringem Umfang erforderlich wurden, berichtete Polizeichef Weiner. Es seien nur wenige Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten begangen worden. Im Zusammenhang mit Corona seien seit dem 13. März 405 Sachverhalte bei inzwischen hunderten Kontrollen dokumentiert worden, daraus ergaben sich 62 Ordnungswidrigkeitsverfahren sowie 30 Straftaten, die allerdings nicht nur mit dem Infektionsschutzgesetz in Verbindung standen. Die Polizei sei nicht darauf aus, Anzeigen zu schreiben, »wir setzen auf Vertrauen, Dialog und Prävention. Das bringt uns den Menschen näher.« Verfahren würden nur eingeleitet, wenn es zwingend erforderlich sei. Den Beamten werde großer Respekt entgegen gebracht. Veränderungsspitzen im Verhalten, etwa im Zusammenhang mit den Osterfeiertagen, habe man nicht festgestellt. »Die Bevölkerung macht mit«, lobte er.

Der am Montag wieder angelaufene Schülertransport habe gut geklappt, ergänzte die Landrätin. Die Schüler hätten sich vorbildlich verhalten, und viele hatten ihren eigenen Mundschutz dabei. Am Freitag habe die Kreisverwaltung zudem noch 2.000 Masken besorgt und an die Busunternehmen verteilt.
Insgesamt »überhaupt gar keine Sorge«

Im Krisenstab des Landkreises ist Michael Weiner dabei, so laufen Austausch und Informationen auf kurzen Wegen. Betretungsverbote habe man noch nicht aussprechen müssen; an stark frequentierte Orten habe man mehr Streifen geschickt. Insgesamt habe er wegen der Situation »überhaupt gar keine Sorge«, sagte Weiner, und das habe sich in den vergangenen Wochen nicht geändert, und das gelte auch für das bevorstehende lange Wochenende um den 1. Mai. Er beobachte keinen Stimmungswandel bei der Bevölkerung. Die Krise bewältige man im Schulterschluss mit anderen Behörden, vieles könne so schnell geklärt werden, etwa das Vorgehen bei häuslicher Gewalt oder zur Einhaltung der Quarantäneregeln: »Da sind wir gut vorbereitet.«

Mit der Landrätin ist er einig, dass die Gegebenheiten vor Ort dazu einen Großteil beitragen: Man könne in die Natur, und das nehme viel Druck raus. »Hier muss man nicht, wie man das von Bildern aus Großstädten kennt, eng in Parks zusammensitzen, sondern es gibt keine räumliche Bedrängnis – das ist ein großer Pluspunkt«, ist die Landrätin überzeugt. Viele Bürger, gerade auch Familien mit Kindern, hätten das Spazierengehen wiederentdeckt, und man sei mehr im Garten. Da spüre man eine Entschleunigung. »Bei aller Not, die uns dazu gebracht hat, haben viele die Chance genutzt, sich auf andere Werte zu besinnen«, sagte Astrid Klinkert-Kittel. Es sei eine schlimme Zeit - sie diene aber auch dazu, Solidarität und Rücksichtnahme unter Beweis zu stellen, eine Rückbesinnung auf Gutes. »Viele von uns freuen sich auf und über kleine Dinge, man weiß sie mehr zu schätzen.«

Polizei weiter im Alltagsmodus

»Läuft das, was wir tun, sind wir auf dem richtigen Weg mit dem, was wir gestalten?«, diese Fragen stelle man sich regelmäßig, ebenso die Frage danach, ob der Landkreis angemessen reagiere, erläuterte Michael Weiner. Dazu werte man Reaktionen aus der Bevölkerung aus – mit dem Ergebnis, dass keine Negativ-Welle zu spüren sei. Die Polizei, das ist ihm sehr wichtig, bearbeitet außer Corona nach wie vor andere Themen: »Das ist unser Alltagsmodus, und da gibt es Verlässlichkeit«, versicherte er. Unter den neuen Rahmenbedingungen ziehe man sich nicht zurück, sondern Gefahrenabwehr oder Verkehrssicherheit blieben wichtig. Die Funktionsfähigkeit der Dienststellen konnte man gewährleisten. Wichtig sei, dass man die Beamten im Dienst schützen könne. Vereinfachte Verfahren, beispielsweise bei Vernehmungen, würden dazu beitragen, Ansteckungsrisiken zu minimieren. Aber auch die Umrüstung der Kommissariate habe man schnell umgesetzt.

In der Kreisverwaltung tausche sich der sogenannte C-Stab täglich aus, so die Landrätin; einmal pro Woche gebe es eine Verbindung mit den Bürgermeistern, wobei auch der Polizeichef zugeschaltet sei. Dabei würden übergreifende Themen besprochen. Im Mai seien unter anderem eine Kreistagssitzung in der Northeimer Stadthalle vorgesehen, und das sei natürlich eine planerische Herausforderung.

Geplant: Kreishausöffnung ab 4. Mai

Nachdem bislang nur »unabdingbare« Geschäfte erledigt werden könnten, sei geplant, das Kreishaus ab dem 4. Mai nach Absprache für den Publikumsverkehr zu öffnen, kündigte sie weiter an. Entsprechende Vorbereitungen seien dazu angelaufen. Teilweise habe man das Tagesgeschäft ohnehin fortgesetzt, beispielsweise bei den Zulassungstellen. Die Deponie Blankenhagen werde wieder für Privatleute öffnen, Katlenburg sei bereits zugänglich. Viel Zeit nehme die Umsetzung von Verordnungen des Landes in Anspruch. Ziel sei es stets, die Zahl der Erkrankungen im Griff zu behalten, so dass die Krankenhäuser sie bewältigen könnten, und das Ansteckungsniveau zu minimieren, und das sei bisher gelungen.

Jeder sehne sich nach dem Leben der Vor-Corona-Zeit, vermutete die Landrätin: »Aber das dauert noch.« Freuen könne man sich über mehr Freiheiten in kleinen Stücken, immer verbunden mit der Notwendigkeit, sich mit der Situation zu arrangieren.

Die Zahl der Anfragen beim Bürgertelefon des Landkreis sei erheblich zurückgegangen, führte sie weiter aus. Gerade am Anfang der Krise habe es viele Unsicherheiten gegeben, und man habe diesen Service personell verstärkt. In den ersten Tagen ging es vor allem um gesundheitliche Fragen; hier sei aber inzwischen durch die Medien viel Aufklärungsarbeit geleistet worden. Auf schnelle Antworten setze der Landkreis über die Social-Media-Kanäle, etwa zum Thema Schulöffnung oder bei der Öffnung der Lotto-Annahmestellen oder der Eisdielen, was man über das Land klären konnte. Die Eisdielen habe man behandelt wie Gastronomiebetriebe: Sie durften nur liefern beziehungsweise Abholservice anbieten. Inzwischen habe man das verändert, der Verkauf am Tresen sei wieder zulässig. »Wir lernen alle, die Situation ist neu, so etwas hatten wir noch nicht«, stellte sie fest. Zwischen »forsch« und »ängstlich« müsse man eine gute Mitte finden.

Weiner spricht Bürgern ein Lob aus

»Die Bürger gehen gut damit um«, so Polizeichef Weiner. Für die Polizei bedeute die Kontaktsperre aktuell weniger Kriminalität, weniger Rohheitsdelikte, Verkehrsunfälle, schwere Straftaten im öffentlichen Raum – allein deshalb, weil weniger Menschen unterwegs seien. Wohnungseinbrüche gebe es fast gar nicht, weil viele zuhause seien. Das zeige der Vergleich der ersten drei Monate 2019 und 2020. Der befürchtete Anstieg bei der häuslichen Gewalt sei bisher ausgeblieben, es gebe ein Plus von drei Fällen. Über einen Anstieg um sieben Fälle berichtete er beim Widerstand gegen Polizeibeamte. Die Beamten, die sonst in Sachen Prävention im Einsatz seien, unterstützten jetzt die Streifen. Vermutlich werde es mehr Kriminalität im Internet geben; das werde aber erst in ein paar Wochen deutlich. Auch Betrugsversuche mit gefälschten »offiziellen« Schreiben könnten sich mehren: Die neuen Maschen würden gerade auf ältere Mitbürger abzielen.

Dass man in vielen Bereichen digital unterwegs bleibe, davon geht die Landrätin aus. 75 Beschäftigte der Kreisverwaltung seien im Homeoffice, der Umstieg von Papier auf Computer sei gelungen. Entsprechende Verfahren sollte man beibehalten. Auch Telefonkonferenzen oder Skype könnten zum Alltag werden. Ähnliches gilt auch für die Polizei: Laptops mit entsprechenden Sicherheitszugängen könne man im Homeoffice noch nutzen, wenn Corona vorbei sei. Verschlankte Verfahren oder Online-Anzeigen führten dazu, dass man mehr Zeit für andere Bereiche habe, was keinen Qualitätsverlust bedeute, so Weiner.
Besonderes Lob spricht die Landrätin dem vierköpfigen Stab Beschaffung der Kreisverwaltung aus: Material wie Masken, Kittel und Desinfektionsmittel sei immer vorhanden gewesen, und hier habe man eine großartige Unterstützung aus der heimischen Wirtschaft erhalten, die schnell sehr flexibel reagiert habe durch entsprechende Umstellung der Produktion. So hätten z.B. Praxen oder andere Dienstleister beim Landkreis Schutzausrüstung anfordern können, und man habe noch niemanden wegschicken müssen. Das sei ein wichtiges Signal.ek