Claudia Jung: Bierorden und Hofbräuhaus-Lied

Erst die vierte Frau in der nun 24-köpfigen Reihe der Träger des Einbecker Bierordens: Claudia Jung hat am Mittwochabend im Alten Rathaus die Auszeichnung vom Präsidenten der Gesellschaft der Karnevalsfreunde Einbeck, Albert Eggers, erhalten, und die Schlagersän­gerin dankte mit einer munteren Rede.

Einbeck. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek stellte die Ordensträgerin der 70. Session vor, obwohl sie, wie sie lachte, ja als Bürgermeisterin bis Aschermittwoch »offiziell nix zu sagen« habe. Claudia Jung, geboren 1964 in Ratingen, sei Fotolaborantin, Arzthelferin, Reiseleiterin und Hobbysängerin gewesen, bevor sie ab 1984 das Singen intensivierte und ab 1988/89 erste Hits landete.

Sie lebt in der Holledau, dem größten zusammenhängenden Hopfenanbaugebiet der Welt, und ist verheiratet mit Hans Singer, zugleich ihr Produzent. Mehr als 20 Alben hat sie inzwischen veröffentlicht, zuletzt »Frauenherzen« 2016. Für sie sei es ein großes Geschenk, dass ihr Beruf ihr Hobby sei. Zweimal hat sie den »Echo« gewonnen, fünfmal die »Goldene Stimmgabel«, neun Goldene und fünf Platinalben hat sie für ihre Erfolge bekommen. Namhafte Komponisten würden sich um sie reißen. Die Bandbreite ihrer Musik sei groß, sie sei dabei authentisch und treffe den Nerv des Publikums.

Als zielstrebiger Widder sei Claudia Jung eine Macherin, sie habe das Ziel vor Augen, schaue nach vorn und sei glücklich, wenn Menschen froh und gut gelaunt seien. Damit, so Dr. Michalek, sei sie hier genau richtig.

Claudia Jung habe schauspielerisches Talent, und sie sei politisch aktiv, unter anderem von 2008 bis 2013 als Abgeordnete des Bayerischen Landtags und derzeit im Kreistag in Pfaffenhofen. Sie wünsche sich mehr Ernsthaftigkeit im Entertainment und mehr Sanftheit für Politiker. Privat verbringe sie gern Zeit mit ihrer Familie und beim Reiten. Seit 1998 habe sie einen Hof mit mehr als 50 Tieren, sei gern mit Gummistiefeln im Stall. Sie habe seit über zehn Jahren die Schirmherrschaft über ein Kinderschutzprojekt, sie engagiere sich für die Welthungerhilfe, bei einem Mitmachzirkus für Kinder und zugunsten sozialer Projekte.

In Einbeck war sie 2004 und 2015 Gaststar beim Eulenfest. Unbedingt müsse sie die wahre Geschichte des Bockbieres kennen, so Dr. Michalek, hätten die Einbecker den Bayern im 16. und 17. Jahrhundert doch Entwicklungshilfe auf diesem Gebiet geleistet. Dass Markus Söder behaupte, das Bockbier sei von Albrecht Dürer erfunden worden, sei nicht mal ein »alternativer Fakt.« Claudia Jung, stellte sie fest, sei eine vielseitige Frau, die mit beiden Beinen im Leben stehe. Sie sei durchsetzungsstark und kollegial, setze sich ein für Menschen in Not, für Tiere und für die Heimat. Als »Klasse-Frau, nett und völlig unkompliziert, so wie ich« habe Eulenfest-Schlagerexperte Rudi Reinert sie charakterisiert. Sie sei  eine würdige Ordensträgerin.

Die mit Orden, Jubiläumskrug, Urkunde und Blumen ausgezeichnete Künstlerin freute sich sehr. Karneval, gestand sie, sei eigentlich nichts für sie, obwohl sie in der Nähe von Düsseldorf geboren wurde. Aber die Verbindung zwischen Hopfen und Einbecker Bier sei stark: »Da muss ich hin.« Weniger begeistert sei sie zunächst davon gewesen, dass der Preisträger eine 15-minütige Rede halten müsse. Sie sei über 50 und habe sich deshalb ein paar Notizen gemacht, schmunzelte sie.

Bier habe eine uralte Tradition, die ersten Brauerinnen seien die alten Ägypterinnen gewesen. Über Jahrhunderte habe sich Bier zum wichtigen Lebens- und Genussmittel entwickelt. Teil ihrer Dankesrede war auch ein Lied mit dem Publikum: Mit »In München steht ein Hofbräuhaus« brachte sie die Besucher in der vollbesetzten Rathaushalle auf die Beine. Überrascht wurde sie von Gundi Eggers und Brauhausvorstand Martin Deutsch, die eines ihrer Lieder, »Alles, was ich brauche, bist du«, aufs Einbecker Bier umgetextet haben. Umrahmt wurde die Ordensverleihung durch ein kurzweiliges Programm.

Den Einzug der Karnevalisten begleitete der Spielmannszug Amelsen, und die ersten Spitzen feuerte Markus Henze als »Till« ab. Er selbst finde sich in der Jubiläumssession jung, dynamisch und gut aussehend. »Fake News« nahm er aufs Korn, auch Einbeck bleibe davon nicht verschont - oder sei etwa doch ein Funken Wahrheit dran, dass ein großes Bratwurst-Imperium geplant sei, dass zwei örtliche Optiker sich zusammenschließen mit Monopol in ganz Niedersachsen, dass Einbeck Marketing und Einbeck Marketing InitiativGemeinschaft das Verwirrspiel, wer zuständig sei, durch Fusion beenden würden, und dass es einen Krankenhausneubau statt Neustädter Palais gebe, eine Einbecker Charité?

Kein Witz sei dagegen, dass 20.000 Euro für eine fast aussichtslose Klage gegen die Höchstspannungsleitung ausgegeben würden, Geld, das an anderer Stelle, etwa für die Jugend, besser eingesetzt sei.

Auf die lange und illustre Reihe der Bierordensträger verwies Martin Deutsch, und er ließ den Preisträger 2017, ffn-Morgenmän Franky, zu Wort kommen. Aus dessen Laudatio werde leider nichts, um 3.45 Uhr sei Sendebeginn, aber ein »Papp-Fränky« ließ grüßen. Rund um die Ordensverleihung und die Einbecker Vesper begeisterte Louisa Mose als »Mary Poppins« einen Auftritt, der einfach »superkalifragilistisch« war, wie Moderator Bernd Droste bestätigte. Tanzmariechen Janina Kalinowski und die Damengarde mit ihren schwungvoll choreographierten Darbietungen sowie die »Prosecco-Schwalben« mit ihrer »1.000 Frauen«-Hommage an Claudia Jung sorgten für viel Beifall.

»Ich bin Mutter, ich bin Hausfrau, ich bin Köchin und ich wasch den Wagen, ich hab tausend Jobs auf einmal und alle unbezahlt«, da sang Claudia Jung selbst kräftig mit. »One, 2, step« feierten eine Hüttengaudi. »Achten Sie auf ein volles Glas, Sie werden’s brauchen«, riet Bernd Droste den Gästen zum Auftritt des Bierkutschers Albert Eggers. Im Nachklang zum Luther-Jahr gab er unter anderem den Tipp: »Geh’ keine schmalen Wege, wenn du besoffen bist.«

Er analysierte Steuergeschenke, berichtete von seinem Navi, das ihm, als er es zur Hölle wünschte, den Weg zur Schwiegermutter gewiesen habe, und er verriet die Geheimnisse von Generalisten und Spezialisten im Stadtrat: Die einen wissen nichts über alles, die anderen alles über nichts. Finanziell hätte die Stadt ausgesorgt, wenn es so viele Kneipen wie Friedhöfe gebe.

Der Rote Milan, den man sich gegen den Dassenser Windpark wünsche, sei keine örtliche SPD-Größe, und an der zu reaktivierenden Ilmebahn-Strecke warte die Landrätin vermutlich immer noch auf die erste Verbindung nach Einbeck. »Man muss dem Leben immer ein Bier voraus sein«, dieser Weisheit war nichts entgegen zu setzen. Die Sammlung der Karnevalisten für einen Defibrillator für das neue Jugendgästehaus erbrachte knapp 1.300 Euro – die Gäste waren nicht nur gut gelaunt, sondern auch großzügig.