Demokratie muss unterstützt und aktiv begleitet werden

Ausstellung »Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen« im BBS-Forum eröffnet / Friedrich-Ebert-Stiftung mit neuesten Daten

Demokratie ist nicht selbstverständlich, sondern sie muss unterstützt und aktiv begleitet werden. Welchen Bedrohungen sie beispielsweise von rechts ausgesetzt sein kann, das zeigt die Ausstellung »Demokratie stärken – Rechts­extre­mismus bekämpfen«, die jetzt im Foyer der Berufsbildenden Schulen in Einbeck eröffnet wurde. Bis einschließlich 12. November ist sie zu sehen. Eingeladen sind alle Interessierten, be­sonders aber Jugendliche.

Einbeck. Eine andere Zeit, eine konkrete Bedrohung: Auf den Anfang der 90er Jahre blickte Schulleiter Günter Dietzek zurück, als er die Besucher, unter ihnen Bundestagsabgeordneter Dr. Wilhelm Priesmeier, Landtagsabgeordneter Uwe Schwarz, Landrat Michael Wickmann sowie die Bürgermeister Ulrich Minkner und Gerhard Melching, willkommen hieß. Ein enges Netz gegen rechts habe man damals ge­knüpft, um Asylbewerber vor Übergriffen schützen zu können. Die damals vorherrschende dumpfe Form von rechter Gewalt sei heute in der Region mehr anzutreffen.

Das sei beruhigend, aber es gebe keinen Grund für eine Entwarnung. Rechtsextremismus sei kein Phänomen am Rand der Gesellschaft, sondern Ausländerfeindlichkeit und Rassismus drängten in die Mitte, in alle Gruppen. Aktuelle Zahlen, ermittelt von der Friedrich-Ebert-Stiftung, be­legten, dass 21 Prozent der Deutschen ausländerfeindlich seien. Von vielen werde das demokratische System der Bundesregierung als nicht zufriedenstellend empfunden. »Das schreckt auf«, so Dietzek.

Er freue sich, dass die Ausstellung, erarbeitet auf neuesten Daten, hier gezeigt werden könne. Vermittelt wurde das von Uwe Schwarz und René Kopka. Schüler der ­Sozial­assis­tenten-Klassen werden die Besucher betreuen. Das Angebot sei ein wichtiger Mosaikstein gegen Rassismus und Ausländerfeind­lichkeit – beides müsse man in die Schranken weisen.

Für die Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Niedersachsen, die die Ausstellung erarbeitet hat, freute sich Franziska Schröter über das große Interesse am Thema. »Rechtsextremismus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, und das verstärkt sich«, warnte sie. Die Ziele der 1925 gegründeten Stiftung, benannt nach dem ersten demokratisch gewählten Präsidenten, seien noch aktuell: Förderung der poli­tischen Bildung, Vergabe von Stipendien und internationale Verständigung. Die Rechte sei kein Randphänomen, sondern ein vielschich­tiges Programm in der Gesellschaft. »Sie dringt in die Zivilgesellschaft ein, wirbt mit Freizeit­angeboten, um ihre Ansichten zu verbreiten und die Menschenwürde zu diskreditieren.« Demokratie müsse immer wieder neu gestärkt werden, man müsse Menschen dafür begeistern. Das sei ein Anliegen der Ausstellung. Sie zeigt auch einen Tisch, der als Jugendwettbewerb Teil der Wanderausstellung wird. Die Referentin rief die Schüler auf, sich aktiv daran zu beteiligen: »Demokratie braucht Demokraten.« Mit dem 8. Mai 1945 endete in Deutschland die Zeit von Krieg und Diktatur, blickte Uwe Schwarz zurück. »Es gibt nicht mehr viele, die das selbst erlebt haben«, die noch aus eigener Anschauung wüssten, dass Menschen wegen ihrer Religionszugehörigkeit, Behinderung, poli­tischen Gesinnung oder Homosexualität gequält und verfolgt wurden. Im Landkreis gebe es noch viele Spuren, die auf die NS-Vergangenheit hinweisen würden.

Die Chance, Zeitzeugen zu hören und das Wissen über die NS-Zeit nicht nur aus Geschichtsbüchern zu erfahren, sollte man nutzen, wünschte sich Schwarz. Rassismus, Antisemitismus und Gewaltverherrlichung dürften nicht den Hauch einer Chance habe, fuhr er fort, das sei eine dauerhafte Aufgabe. Dabei habe sich das Gesicht des Rechtsextremismus geändert, aber die Gewaltbereitschaft sei unverändert hoch. Und leider seien die Antidemokraten in der Mitte der Gesellschaft nicht immer erfolglos. So sitze die NPD in drei Land- und mehreren niedersächsischen Kreistagen. War Northeim lange ein Schwerpunkt, so seien es nun Bad Lauterberg, Herzberg und Scharzfeld, und erst in der vergangenen Woche habe das Landgericht Göttingen ein Urteil wegen Volksverhetzung verhängt. Eine Partei, die dermaßen menschenverachtend und undemokratisch sei wie die NPD, gehöre verboten. Zu mehr als zwei Dritteln werde sie aus Steuermitteln finanziert – um damit Hetzkampagnen gegen das demokratische System zu finanzieren. »Unsere Demokratie braucht keine braunen Gestalten. Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen«, machte Schwarz deutlich.

Seit 1949 sei der soziale Friede in Deutschland ziemlich erfolgreich gesichert, stellte er fest. Politik sei aber nur so erfolgreich wie die daran Mitwirkenden. Aufklärung gegen rechts sei wichtig, um Lebensfreude in einer toleranten Welt und in einem gastfreundlichen, friedlichen Land zu vermitteln. Er hoffe deshalb, dass die Ausstellung viele Besucher finde.

Die Ausstellung zeige die möglichen Gefahren für eine Bedrohung der Demokratie, würdigte Landrat Michael Wickmann die Schau. Da sei nicht nur ein aktuelles Thema, sondern grundsätzlich Bestandteil politischer Bildungsarbeit. Ein Problem sei, dass zu wenig für Bildung getan werde. Der Landkreis bemühe sich sehr, auch wenn es ihm finanziell schwer falle. Perspektiven für Aus- und Weiterbildung zu eröffnen, bedeute, dass es weniger Grund gebe, Extremisten nachzulaufen; das gelte sowohl für Rechte wie für Linke.

Es sei dramatisch, wenn Extremismus die öffentlichen Plätze präge, die Mehrheit des Landes wolle so etwas nicht. Deshalb dürfe man sich auch nicht lethargisch zurücklehnen. Die Deutschen seien aufgrund ihrer Geschichte aufgerufen, die Lektion besonders gründlich zu lernen. »Wir wollen eine tolerante, weltoffene und freiheitliche Gesellschaft«, so Wickmann, und deshalb müsse man sich damit auseinandersetzen, wenn jemand wie Thilo Sarazzin viel dummes Zeug schreibe. »Wir müssen die Kraft haben zu zeigen, dass das falsch ist.« Demokratisches Verhalten müsse gelehrt und gelernt werden.

Schule sei deshalb ein wichtiger Faktor. Politische Bildung müsse junge Menschen anstiften, sich in öffentliche Dinge einzumischen. »Es muss deutlich werden, dass demokratisches Handeln nicht delegiert werden kann, sonst stirbt die Demokratie. Demokratie müsse auch großen Herausforderungen stand halten und ihnen gerecht werden, sie habe zudem wirtschaftliche und soziale Umwälzungen zu meistern.

»Die Lösung muss dabei anders aussehen als die der rechtsextremen Verblender.« Achtsam und wachsam sein im Sinne einer demokratischen Entwicklung, dazu rief er auf. Deshalb müsse man etwas tun gegen rechte Horden, die etwa an den Schulen werben würden und ihnen zeigen, dass es anders gehe: Jeder sei verantwortlich für das, was er geschehen lasse.ek