Den Alltag kritisch in den Blick nehmen

Altabt Stephan Schröer spricht bei Ingenieuren über das Führen nach Regeln des Benedikt

Dass Führung eine bedeutende Ingenieurs-Aufgabe sei, stellte Diplom-Ingenieur Karl-Heinz Fricke beim Treffen der Regionalgruppe Alfeld, Einbeck, Northeim im Verein Deutscher Ingenieure (VDI) fest. Mit dem Vortrag des Altabtes Stephan Schröer aus der Abtei Königsmünster, Meschede, wollte man diesen Aspekt nun aus einem anderen Blickwinkel betrachten: Schröer machte die Zuhörenden mit der Gedankenwelt des heiligen Benedikt bekannt: wacher Aufbruch und weise Mäßigung in gesunder Spannung.

Einbeck. Benedikt von Nursia (480 bis 547) gilt als der Begründer des christlichen Mönchtums. Er schrieb die Benediktusregel. Sie versteht sich als Anleitung für Anfänger im klösterlichen Leben und besteht aus einem Prolog und 73 Kapiteln. So fordert Benedikt zum Hören auf, erklärte Altabt Schröer. Man solle in sich hineinhorchen, wie die eigene Arbeit erlebt werde. Das Jammern entspreche nicht Benedikt, vielmehr fordere er auf zu guter Leistung, allerdings ohne Übertreibung. Führung sei für Benedikt immer ein Dienst, beinhalte »wachen Aufbruch und weise Mäßigung«.

Mehr durch Beispiel als durch Worte solle man führen. Dabei solle man sich vom Gespür für den rechten Augenblick leiten lassen. Mit dem »entschlossenen Ernst eines Meisters« und der »liebevollen Güte eines Vaters« könne man die Führungsrolle ausfüllen. Dabei sei aber auf eine Haltung des Vertrauens zu achten, die es ermögliche, Fehler zu vergeben. »Derjenige, der führen will, muss sich selbst führen können«, so Altabt Schröer weiter. Hilfreich seien Gelassenheit, Nüchternheit und das Fehlen von Überheblichkeit. Auch der »Kultur der Rede« hat sich Benedikt gewidmet. So plädiert er dafür, nicht endlos zu diskutieren, seine Meinung offen allen darzulegen, anderen zuzuhören, zu überlegen und dann zu entscheiden.

Die Führungsaufgabe sei Teil der Alltagsstruktur, fuhr Schröer fort. »Zeitmanagement ist Selbstmanagement.« Eine Tagesstruktur mit ausreichend Schlaf und Arbeit, aber auch Zeit zur kräftigenden Muße sei wichtig. »Wer nur arbeitet, arbeitet nicht mehr gut.« Altabt Schröer rief die Zuhörer dazu auf, den Alltag kritisch in den Blick zu nehmen. Ist der Tag ausgeglichen? Traut man sich, Zeit für Muße zu nehmen, für Mahlzeiten oder das Lesen eines Buches? Zeit müsse man sich nehmen für Arbeit, das Nachdenken, das Spielen, das Lesen, die Freude, das Liebhaben, das Träumen, das Lachen und das Planen.

Der heute 71-jährige Schröer studierte Volkswirtschaft und schloss mit dem Grade eines Diplom-Kaufmanns ab. 1967 trat er in die Benediktinerabtei Königsmünster ein. Als junger Ordensmann studierte er Theologie. 1972 wurde er zum Priester geweiht. Sodann schloss er noch ein Studium für das Lehramt an Gymnasien an. 1976 wurde er zum zweiten Abt der Benediktinerabtei Königsmünster gewählt, wovon er sich nach 25 Jahren zurückzog.sts