Die erste öffentliche Badeanstalt

»Auf der Insel« am Deinerlindenweg | Gebäudereste | Scheiterhaufen-Gräberfeld

Die Grabungsleiterin Sarah Enders und Stadtarchäologe Markus Wehmer stehen dort, wo die erste öffentliche Einbecker Badeanstalt gewesen ist, man sieht die Fundamente aus Sandstein nahe des Mühlengrabens.

Einbeck. Die erste öffentliche Einbecker Badeanstalt ist gefunden, entdeckt wurde sie jetzt bei den archäologischen Grabungen am Deinerlindenweg. Das ist aber nicht der einzige Fund auf dem rund 10.000 Quadratmeter ­großem Areal. Grabungsleiterin Sarah Enders und der Einbecker Stadtarchäologe können Fundstücke aus Steinzeit, Eisenzeit und neuer Neuzeit präsentieren. Lehmentnahmegruben aus der Eisenzeit, Wassergräben aus dem 17. und 18. Jahrhundert, eine Grube der Michelsberger Kultur aus der Steinzeit und einen Urnenfriedhof aus der älteren römischen Kaiserzeit samt Scheiterhaufen-Gräberfeld wurden freigelegt.

Anfang Juni hat die Firma Arcontor aus Cremlingen mit den Grabungsarbeiten begonnen, Ende August ist Schluss. Auch dank des Archivs von Walter-Wilhelm Funcke konnte der Start der Badeanstalt am Mühlenkanal auf das Jahr 1878 datiert werden. Damals hat »Carl Bolle auf der Insel« seine neu errichtete Badeanstalt angepriesen. Ab Mitte Juni betrug der »Abonnements-Preis« zwei Mark, ein Handtuch eine halbe Mark. Für Männer und Frauen gab es getrennte Badezeiten. Fließend Wasser gab es zu den Zeiten in den Gebäuden nicht, die Menschen holten sich ihr Wasser aus Brunnen, die Wasserqualität ließ dabei aber oftmals zu wünschen übrig, berichtet Wehmer.

Auf der »Insel« gab es zudem Tanzmusik. Hier standen drei Häuser, die, so Wehmer, also auch als Gaststätte genutzt wurden. Die Gebäude bestanden aus trocken gesetzten Steinen, die nicht vermörtelt wurden, so Wehmer. Bei der Badeanstalt wurden Sandsteine unter die Erde gelegt als Fundament, schöne Quader wurden aufgesetzt und mit Fachwerk überbaut. Die Badeanstalt war ungefähr acht mal zehn Meter groß. Eine Brandstelle wurde gefunden, ein Gewölbekeller, Keramikscherben, eine Dreibeinpfanne und Speiseabfälle aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
1903 beschloss der Magistrat der Stadt den Umbau der Gebäude auf der Insel. Ende der 1920er Jahre entstanden Wohnhäuser. Funckes Archiv zeigt Bolles Wohnhaus um 1950.

Wassergräben aus dem 17./19. Jahrhundert wurden bei den Grabungen entdeckt, Lehm-entnahmegruben und eine Grube der Michelsberger Kultur. Die Michelsberger Kultur war eine jungsteinzeitliche Kultur in Mitteleuropa. Wehmer freut sich über eine Siedlungsgrube mit »gut datierbaren Fundstücken«. Anders in der Lehmentnahmegrube – hier ist der Boden bis in die Tiefe entkalkt, es finden sich deshalb beispielsweise keine Knochen. Im westlichen Bereich des Grabungsgebietes wurde ein Urnenfriedhof freigelegt. Von den 19 Urnen aus dem 2. Jahrhundert sind einige vollständig erhalten. Sie gehören zu einem sogenannten Scheiterhaufen-Gräberfeld, datiert von 1.000 vor der Zeitrechnung bis 400. Dabei wurde ein Scheiterhaufen für Feuerbestattungen genutzt, in die Urnen und drumherum wurde Leichenbrand gefüllt. Die Urnen, kündigt Wehmer an, sollen restauriert werden, und er freut sich über das erste Scheiterhaufen-Gräberfeld. Das habe sein Vorgänger immer gesucht...sts