Die Geschichte einer Fundsache

Einbeck. Das ist eine Geschichte, die nicht alle Tage passiert und fremde Menschen einander näher gebracht hat. Grund dafür ist ein altes Fotoalbum. Daniela und Sven Grobe aus Einbeck haben vor nicht allzu langer Zeit einen Garten am Kleinen Varlenkamp gepachtet. Zunächst machten sie sich daran, Ordnung zu schaffen. In der Gartenhütte fiel ihnen dabei ein alter Koffer mit Gläsern und ein Album mit Fotos aus dem 19. Jahrhundert in die Hände. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen ließen sie teilhaben an einem anderen Leben. Sie zeigten Hochzeitsgesellschaften, Kinderaufnahmen, ein Lebensmittelgeschäft. »Alle mit gezacktem Rand«, wie Sven Grobe sagt, wie man das von früher her kennt. In dem Album fand sich zudem eine Todesanzeige einer Dina Ebeling aus Uslar-Schlarpe.

Dem 43-Jährigen ließ das keine Ruhe, denn »irgendwo wird das Album hingehören«. Er recherchierte im Internet, griff zum Telefonhörer und rief Uslarer mit diesem Nachnamen an. Er wollte die Fotosammlung gerne in die Hände zurückgeben, in die sie gehörte. Aber er kam nicht weiter. Da hatte Daniela die Idee, die Suche über ein soziales Netzwerk zu starten. Kurze Zeit darauf meldete sich eine frühere Freundin bei der 46-Jährigen, die mittlerweile in Göttingen lebt. Ihr war der besondere Vorname Reimar aufgefallen, der bei den Angehörigen in der Todesanzeige auftauchte. Freundin Stefanie L. stellte die Verbindung her, und so kam der Kontakt zwischen Reimar Ebeling und Ehepaar Grobe zustande.

Daraufhin machte sich das Einbecker Paar auf den Weg nach Groß Lengden bei Göttingen. Als Reimar Ebeling die Erinnerungsstücke in der Hand hielt, sei er sehr gerührt gewesen, berichten Sven und Daniela Grobe. Schließlich hielt der inzwischen betagte Mann Erinnerungen aus längst vergangenen Tagen in der Hand: Kinderfotos seiner Tochter, Aufnahmen, die seine Zeit bei der Handelsmarine zeigen und ein Abbild von sich selbst im Alter von vier Jahren. Er erinnerte sich, dass er die Geburtstagsnacht im Luftschutzkeller verbringen musste. Anhand dieser Fotos gab es natürlich viel zu erzählen. Das Treffen war »sehr emotional«, sagt Daniela Grobe. Sie wollte eigentlich, nachdem erste Recherchen nicht weitergeführt hatten, die Fotosammlung wegschmeißen, aber ihr Mann ließ nicht locker.

Wie das Fotoalbum nach Einbeck gekommen ist, bleibt ungeklärt. Reimar Ebeling war nie in Einbeck, hat hier keine Kontakte. Aber er ist dankbar, dass das Ehepaar Grobe sich die Mühe gemacht hat, denjenigen zu finden, dem die Fotos etwas bedeuten. Und jetzt ist das Fotoalbum da, »wo es hingehört«, ist Sven Grobe zufrieden. Und Daniela freut sich, dass sie auf diese Weise auch wieder Kontakt zu ihrer früheren Freundin hat.sts