Direkt an der Grenze zur Ukraine helfen

Julian Burgmann, Marc Böker und Björn Liebig sind mit Spenden zum zweiten Mal in der Region Chelm

Julian Burgmann, Marc Böker und Björn Liebig (von links) waren bereits Anfang März mit Spenden im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet; gestern sind sie erneut gefahren, um denen zu helfen, die vor dem Krieg dorthin geflohen sind.

Odagsen/Einbeck. Gestern Mittag ging’s los, und wenn es gut gelaufen ist, dann sind die Helfer heute am Ziel: in der Region Chelm in Polen, an den Grenzstationen Dorohusk und Zosin. Zum zweiten Mal fahren Julian Burgmann aus Odagsen, Marc Böker aus Fredelsloh und Björn Liebig aus Einbeck mit einem vollbeladenen Transporter Richtung Osten, um Kriegsflüchtlingen zu helfen. Rund 1,4 Tonnen Hilfsgüter hatten sie an Bord, zuletzt sind 150 Kilo Äpfel und eine Ladung Tierfutter verstaut worden – der VW Crafter der Ilmebahn war bis unters Dach vollgepackt. Zudem wollen sie vor Ort einkaufen, was dort gebraucht wird, wenn Menschen nur mit ein paar Gepäckstücken ihr Land verlassen mussten.

Erste Tour nach Wojslawice

Anfang März hat Marc Böker unter dem Eindruck der Bilder der Not der Geflüchteten im polnisch-ukrainischen Grenzgebiet eine Hilfsaktion gestartet, die Wellen geschlagen hat und zu einem großen Erfolg wurde. Innerhalb kurzer Zeit standen drei Garagen voll mit Spenden. Über soziale Netzwerke hat Julian Burgmann davon erfahren; beide Männer sind sehr gut befreundet, sie hatten sich nur ein paar Jahre aus den Augen verloren, und spontan hat er seine Hilfe angeboten, die mehr als willkommen war. Julian Burgmann wurde von seinem Arbeitgeber, dem Dachteam Bock aus Moringen, für diese Aktion freigestellt. Mit einem von Marc Bökers Arbeitgeber ETT Verpackungstechnik gesponserten Lieferwagen sind sie nach Polen aufgebrochen, nach Wojslawice, etwa 40 Kilometer von der Grenze entfernt – als erste größere Stadt Anlaufpunkt vieler Geflüchteter. Kurz danach stieß auch Björn Liebig, mit dem Julian Burgmann seit Kindertagen befreundet ist, dazu, ebenfalls mit einem Auto voller Hilfsgüter. Jeder Beteiligte hatte seinen Aufgabenbereich: Kommunikation vor Ort, Planung der nächsten Schritte, Einkäufe, Regelung der Finanzen. »Wir kennen uns gut, das hat geholfen, dass jeder sofort seine Rolle gefunden hat.«

Großeinkauf mit Fingerspitzengefühl

In der Nähe von Wojslawice befinden sich zwei Grenzstationen, Zosin und Dorohusk, über die die Ukrainer nach Polen kommen, allerdings keineswegs reibungslos, sondern häufig erst nach stundenlangem Warten. 50 oder sogar 70 Stunden, auch bei Minus-Temperaturen, harren sie dort aus: alte kranke Menschen, Mütter mit Babys, die in dieser Zeit nicht gewickelt werden können. Von sehr traurigen Schicksalen haben die Männer in diesen Tagen erfahren, das hat sie berührt und darin bestärkt, dass es wichtig ist, was sie tun.

Mit Hilfe des Bürgermeisters von Wojslawice und einer Dolmetscherin haben sie überlegt, was vor Ort benötigt wird. Dank der Geldspenden, die für die Aktion eingegangen sind, konnten sie die auf die Schnelle eingerichteten acht Flüchtlingsunterkünfte mit ausstatten: Kühlschränke, Küchengeräte, aber auch Fernseher wurden beschafft. Zudem ist immer wieder in örtlichen Supermärkten groß eingekauft worden: schnell verzehrbare Lebensmittel, Hygieneartikel, Windeln, Babytücher, Getränke, Obst, Süßigkeiten – mit Fingerspitzengefühl haben sie darauf geachtet, dass in den Regalen anschließend noch genug Waren für die einheimischen Kunden oder weitere Helfer waren. Sie waren die ersten ausländischen Freiwilligen, die die Polnische Humanitäre Organisation PAH, die vor Ort tätig ist, unterstützt haben, unter anderem auch mit der Bestückung eines großen Vorratslagers. Überall ist man ihnen dort mit großer Freundlichkeit begegnet.

Unterstützung daheim »blieb weiterhin riesig«

Die Unterstützung zuhause blieb unterdessen weiterhin riesig: »Mit jedem Foto und Video, was wir dort gemacht und anschließend verschickt haben und das geteilt wurde, gingen neue Spenden ein«, berichtet Julian Burgmann. Egal, wieviel jemand gespendet hat: Alles ist der Gruppe gleich viel wert, alles ist wichtig, wenn damit geholfen wird. Die Flüchtlinge, die sie dort getroffen haben, möchten am liebsten so schnell wie möglich zurück nach Hause. Es sind fast durchweg Frauen und Kinder sowie alte Menschen; sie kommen meist aus dem Osten der Ukraine oder aus der Hauptstadt Kiew. Sie harren nun in der Nähe der Grenze aus, um bei einem Ende des Krieges schnell wieder nach Hause zu können.

Insgesamt zehn Geflüchtete haben sie auf der Heimfahrt aber mitgenommen, ihnen hier in der Region erstmal ein sicheres Zuhause verschafft, in dem sie zur Ruhe kommen können.

Elf Stunden Fahrt sind es, wenn es gut läuft, 14 Stunden, wenn es unterwegs Verzögerungen gibt – gestern sind die drei erneut aufgebrochen. Diesmal haben sie weniger Zeit, deshalb soll es jetzt direkt an die Grenze gehen, um dort zu helfen. Die Dankbarkeit, die sie erfahren haben, hat sie sehr motiviert, und dass sie noch einmal fahren würden, das war ihnen schnell klar. Familien und Arbeitgeber stehen hinter ihnen, ermöglichen diesen besonderen Einsatz erneut.
Die Hilfe wird weitergehen. Wer Marc Böker, Björn Liebig und Julian Burgmann bei ihrer Aktion unterstützen möchte, kann das beispielsweise durch eine Spende auf das Konto mit der IBAN DE29 2625 1425 0101 9105 45, Inhaber Julian Burgmann, tun; Spenden sind auch per Paypal an mumphali@t-online.de möglich.ek