Drohnen helfen bei der Rettung von Rehkitzen

Landvolk und Jägerschaften in den Landkreisen Northeim und Osterode stellen Netzwerk Kitzrettung vor

Landvolk-Geschäftsführer Manuel Bartens (Zweiter von links) und Kreisjägermeister Dietmar Grüning (Fünfter von links) haben gemeinsam mit Vertretern von Jägern und Landwirtschaft das Netzwerk Kitzrettung vorgestellt; über dem Mähwerk von Landwirt Harald Ude (rechts) steht die Drohne.

Einbeck. Was die Jägerschaften in den Landkreisen Northeim und Osterode und das Landvolk Northeim-Osterode jetzt gemeinsam auf einer Wiese von Harald Ude aus Kalefeld gezeigt haben, kann viel Tierleid vermeiden: Ausgebildete Drohnenteams können Rehkitze in zum Mähen vorgesehenen Wiesen mittels Wärmebildtechnik orten, damit sie rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Die Setzzeit fällt ab Anfang Mai häufig mit der ersten Mahd zusammen; die Muttertiere legen den Nachwuchs zum Schutz vor Feinden im hohen Gras ab. Aber erst mit etwa drei Wochen können die Kitze bei drohender Gefahr selbstständig aufstehen und flüchten. Die Verpflichtung, die Wiesen vor der Mahd abzusuchen, besteht bisher auch – allerdings ist dazu in der Regel die Begehung notwendig. Die Drohnentechnik vereinfacht das – mit den dafür notwendigen Absprachen – erheblich.

Wie Manuel Bartens, Geschäftsführer des Landvolks Northeim/Osterode, Kreisbauernverband, erläuterte, gebe es diese Drohnenteams andernorts schon. Hier sei das Netzwerk Kitzrettung jetzt neu eingerichtet worden mit dem Ziel, die notwendige Vorab-Suche strukturiert, einfach und schnell planen und vornehmen zu können. Alle Jägerschaften, Hegeringe und Pächter seien aufgerufen, sich an diesem Netzwerk zu beteiligen, und auch die rund 2.500 Mitglieder des Landvolks habe man darüber informiert und um Weitergabe der Idee gebeten.

Die schon bestehende gute Vernetzung in den Landkreisen Northeim und Osterode lobte der Northeimer Kreisjägermeister Dietmar Grüning. Es seien schon geschulte Teams zusammengestellt worden, weitere würden noch folgen. Aktuell gibt es acht Drohnenteams im Landkreis Northeim, gemeinsam mit Osterode sind es etwa zwei Dutzend. Hilfreich war dabei die Bundesmittelförderung im vergangenen Jahr für die erforderliche Ausrüstung, die zweckgebunden nur für die Kitzrettung beziehungsweise Wildtiersuche eingesetzt werden darf. Wichtig, so Grüning, sei die systematische Suche. Bisher sei das auf den zum Mähen anstehenden Wiesen »klassisch« erfolgt: personen- und zeitintensiv per Ablaufen zu Fuß, wobei die Nutzer wüssten, welche Flächen besonders als Ablagefläche für die Kitze in Frage kämen. Die Landwirte beziehungsweise diejenigen, die mähen würden, hätten die Verpflichtung, dass möglichst kein Tierleid entstehe. Eine 100-prozentige Garantie gebe es nicht, laut Tierschutzgesetz müsse aber eine vorherige Absuche erfolgen.

Der Einsatz der Drohnenteams braucht etwa zwei Tage Vorlauf. Notwendig sind der Pilot, der die Drohne steuert, ein Co-Pilot, der die Suche auf einem großen Bildschirm mitverfolgt, sowie zwei Helfer, die sich um die Tiere kümmern. Die Kitze mithilfe von Handschuhen und Grasbüscheln aus der Wiese zu tragen, sei möglich, erläuterte Grüning. Man müsse dann aber dafür sorgen, dass sie gesichert seien und nicht wieder auf die Wiese laufen würden. Eine andere Lösung, für die sich immer mehr Landwirte entschieden, seien etwa umgedrehte Wäschekörbe, mit Stangen gesichert und mit Fahnen markiert. Da werde dann drum herum gemäht.

»Der halbe Quadratmeter, der nicht gemäht ist, macht nichts aus«, stellten Grüning und Bartens fest. Die zurückgelassenen Rehkitze seien keine verlassenen Tier-Waisen, betonte der Kreisjägermeister. Und auf keinen Fall dürfe man sie direkt anfassen – die Mutter nehme sie dann nicht wieder an.
Im vergangenen Jahr seien über die Suche im Landkreis Northeim etwa 270 Kitze vor der Mahd aus Wiesen geholt beziehungsweise gesichert worden, hieß es. Allein im Bereich der Jägerschaft seien es über das Drohnenteam innerhalb von zwei Wochen 17 Tiere gewesen. Pro Saison seien es bis zu zehn pro Team, so die Schätzung, mindestens aber fünf bis sechs. Auf seinen Flächen waren es sechs im vergangenen Jahr, ergänzte Landwirt Harald Ude, auch mal drei auf einer Fläche.

Neben der rechtzeitigen Kontaktaufnahme mit dem Jagdpächter und von dessen Seite mit den Drohnenteams, die sich als Freiwillige rechtzeitig darauf einstellen müssen, spielt der Zeitpunkt der Suche eine große Rolle: Treffen ist in der Regel gegen 4 Uhr morgens, um 4.15 Uhr geht es los, damit man die Wärmepunkte auf dem Computerbildschirm gut erkennen kann. Ein späterer Start würden dafür sorgen, dass die Kitze nicht mehr eindeutig zu identifizieren sind und beispielsweise auch warme Steine oder Maulwurfshügel als »verdächtig« gelten. Wenn man das zum richtigen Zeitpunkt unterwegs sei, könne man richtig viel erkennen. Ebenfalls sehr nützlich ist es, den Drohnenteams die geplanten Mähflächen vorab samt GPS-Daten mitzuteilen, damit die Drohne programmiert werden kann und nach Raster besonders präzise abgesucht wird.

Die Kosten für die Anschaffung einer Drohne plus Wärmebildkamera bezifferte Grüning auf rund 6.000 Euro. Das Landvolk habe die Anschaffung dort, wo es möglich war, unterstützt, denn diese Arbeit komme auch den Landwirten zugute. Gefördert wurde allerdings nicht ebenfalls erforderliches zusätzliches Material, etwa Ersatzakkus oder Sprechfunkgeräte, mit denen sich Piloten und Sucher vor Ort verständigen.

Aus rechtlichen Gründen ist es wichtig, dass der Pächter informiert und möglichst selbst oder ein Vertreter vor Ort ist. In enger Absprache mit den Behörden ist es auch erlaubt, im Rahmen der Suche über Schutzgebiete zu fliegen.

Das Verhältnis von Jäger und Landwirten sei nicht immer spannungsfrei, räumte Geschäftsführer Bartens ein. Hier könne man einen Beitrag leisten, der zeige, »dass wir auf dem gleiche Feld spielen.« Neben dem Drohneneinsatz seien natürlich die konventionellen Suchmaßnahmen ebenfalls noch gefragt: »Jedes Absuchen ist wichtig.« Die Landwirtschaft sei aus rechtlichen Gründen, aber auch aus Eigeninteresse in der Pflicht, Vorsorge zu treffen: Über Wildkadaver können schädliche Keime ins Tierfutter gelangen.

Bei den Jägern gebe es eine gute Resonanz auf die Beteiligung an dieser Aufgabe, so die Vertreter der Jägerschaften. Der hohe zeitliche, persönliche und auch finanzielle Aufwand werde in der Regel durch eine Aufwandentschädigung des Landwirts vergütet, auch als Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung. Von Seiten der Jäger werde da viel Idealismus eingebracht. Eine Liste der Ansprechpartner findet man auf www.landvolk-nom-oha.de.ek