Durch »göttliche Vorsehung« nach Halle und in die Neue Welt
Mitarbeiter der Franckeschen Stiftungen zu Halle besuchen Einbeck / Taufeintrag und Haftbefehl / Patriarch der Lutherischen Kirche
Einbeck. In der Münsterkirche St. Alexandri wurden die Mitarbeiter der Franckeschen Stiftungen aus Halle von der Leiterin des StadtMuseums, Dr. Elke Heege, willkommen geheißen. Als derjenige, der sich in den alten Einbecker Kirchenbüchern bestens auskennt, gab Gerd Hillebrecht vom Einbecker Geschichtsverein Erläuterungen zu Mühlenberg in Einbeck, was die Stadtführer, die später mit den Gästen unterwegs waren, noch vertieften.Heinrich Melchior Mühlenberg ist am 6. September 1711 in Einbeck geboren beziehungsweise getauft worden. Die Taufe fand in der Neustädter Kirche St. Marien statt. Mühlenbergs Geburtshaus befand sich in der heutigen Altendorfer Straße 30. Es ist 1826 beim Stadtbrand zerstört worden, das heutige Gebäude wurde nach dieser Zeit dort errichtet.
Der Vater, Nikolaus Melchior Mühlenberg, wurde am 20. November 1664 in Einbeck geboren. Er war Schuhmachermeister, Brauer und Diakon in St. Marien sowie mehrmals auch Gildemeister der Schuhmacher. Er ist am 27. Januar 1729 gestorben und somit erst einige Jahre später, als Mühlenberg selbst dies in seinerBiographie darstellte: Er habe, so schrieb er selbst, früh den Vater verloren, wobei er das Jahr 1723 angab. Die Mutter, Anna Marie Mühlenberg, geborene Kleinschmidt, wurde vermutlich am 2. November 1667 geboren. Sie starb am 29. Dezember 1747 in Einbeck, wovon Mühlenberg in der Neuen Welt erst Jahre später erfuhr. Heinrich Melchior war das siebte von neun Kindern.
Er besuchte die Rats-Lateinschule in Einbeck. Nach einer »Pause« im Schulbesuch nahm er ab 1732 Privatstunden in Griechisch und Hebräisch, anschließend wurde er wieder in der Lateinschule aufgenommen. Das Schulgeld verdiente er in einem Chor, der in »besseren« Familien Einbecks gastierte. 1734 war, nach einem Jahr in Zellerfeld, das letzte Jahr seiner Schulzeit in Einbeck. 1735 ging er als 140. Student an die neu gegründete Georg-August-Universität Göttingen, wo er Theologie belegte. Sein Professor, Dr. Joachim Oporin, war durch den Halleschen Pietismus geprägt: Er unterwies Mühlenberg im bibeltreuen, zupackenden und wohltätigen Christentum im täglichen Leben. Ein Stipendium ermöglichte Mühlenberg ein dreijähriges Studium in Göttingen. Anschließend gründete er mit weiteren Studenten eine Kleinkindschule. Ab 1737 predigte er regelmäßig in der Universitätskirche, zugleich wurde er in das Theologische Seminar aufgenommen.
Über Umwege kam er zu den Glauchaschen Anstalten, den Franckeschen Stiftungen zu Halle. Diese Empfehlung sah er später als »göttliche Vorsehung« an. Der Hallesche Pietismus wurde seine geistige Heimat. Er entschloss sich, das Studium hier zu vervollständigen und anschließend einen Missionsauftrag zu übernehmen. 1739 wurde er in Leipzig ordiniert. Er trat eine Stelle in Großhennersdorf an, weil sich die Missionsaufgaben zerschlagen hatten. Bis 1741 leitete er die dortigen Waisenanstalten, anschließend war die Situation finanziell nicht mehr zu halten. Er musste zurück nach Einbeck, um seinen Erbteil in Anspruch zu nehmen. Auf dem Rückweg, der über Halle führte, boten ihm die Franckeschen Stiftungen die Aufgabe als Pastor von drei deutsch-lutherischen Gemeinden in der damaligen britischen Kolonie Pennsylvania in Nord-Amerika an. Die Vorbereitungen sollten in London erfolgen. Nachdem er sich von allen Gönnern verabschiedet hatte, führte die Reise Mühlenberg noch einmal nach Einbeck. Dort durfte er im Februar 1742 eine Predigt bei seinem ersten Beichtvater in der Neustädter Kirche halten. Mühlenberg habe »verbotene pietistische Convertikel gelesen«, hieß es anschließend, und am 8. März erging ein Haftbefehl. Er konnte die Anschuldigungen aber entkräften. Am 17. März 1742 verließ er seine Heimatstadt mit der Postkutsche in Richtung Hannover.
In London traf er im April ein, neun Wochen lang hielt er sich hier auf. Die Überfahrt nach Amerika endete in Savannah am 4. Oktober, 1742. Am 25. November kam Mühlenberg in Pennsylvania, dem Ziel seiner Reise, an. Nach erfolgreicher beruflicher Tätigkeit und Gründung einer großen Familie mit Anna Maria Weiser, die er im April 1745 heiratete, verstarb Mühlenberg am 7. Oktober 1787 in New Providence/Trappe. Er wurde neben der von ihm gegründeten Kirche im Ort bestattet. ek