Ein gemeinsamer Erfolg: Viele sind in Arbeit

PiA-Projekt für junge Langzeitarbeitslose läuft aus | Individuell fördern | Betriebe sollten Förderung nutzen

Mit vielen Teilnehmern ging der Blick im Alten Rathaus zurück auf den erfolgreichen Verlauf des Projekts »Perspektiven in Arbeit« (PiA) und auf künftige ähnliche Fördermöglichkeiten.

»Alles!« Das hat ein Teilnehmer geantwortet auf die Frage, was sich durch PiA für ihn verändert hat. Das Projekt »Perspektiven in Arbeit« steht kurz vor dem Abschluss. Im Alten Rathaus hat der Bildungsträger, die Deutsche Angestellten-Akademie, jetzt einen Nachmittag veranstaltet, in dem für das Projekt Bilanz gezogen wurde, bei dem es aber auch um Chancen für Wirtschaft und Langzeitarbeitslose mit Potenzial ging.

Einbeck. »Perspektiven in Arbeit« (PiA) hatte eine vierjährige Laufzeit; es ist vom Bundes­ministerium für Arbeit, vom Europäischen Sozialfonds und von der Europäischen Union ge­fördert und vom Jobcenter und über die Integrationsrichtlinie Bund mitgetragen worden. Zum 30. Juni wird es beendet sein – leider, wie Träger und Teilnehmer bedauern. Ziel war es, langzeitarbeitslosen jungen Menschen eine Perspektive zu geben, individuell angepasst. Sabine Schneider, DAA Südniedersachsen, stellte fest, es sei für Unternehmen immer schwieriger, zuverlässige Mitarbeiter zu finden. Zwar gebe es Langzeitarbeitslose, aber häufig würden die Kenntnisse nicht passen.

Ein großes Potenzial liege somit brach. Mit dem Jobcenter sei man über PiA neue Wege gegangen, auch unterstützt von der Stadt Einbeck. Die Idee sei zusammen mit dem Jobcenter entwickelt worden. Nur mit Geduld, langsam und schrittweise habe man Ziele erreichen können. Sie habe sich gefreut, dass die Ideen in der Praxis erprobt werden konnten. Für die Zielgruppe der 18- bis 35-Jährigen, die im Juni 2015 gestartet sei, sei die Teilnahme freiwillig gewesen. Es gab keine festen Stundenpläne, man setzte auf Flexibilität, Einzelcoaching und die Mitbestimmung des Projektverlaufs durch die Teilnehmer.

Die Bausteine seien am Arbeitsmarkt ausgerichtet gewesen. Die Teilnehmer hätten gezeigt, dass sie Aufgaben zuverlässig bewältigen könnten. Sie hätten gelernt, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen. Mit Partnern wie Schulen, Betrieben, etwa im Pflegebereich, Einzelhandel, Handwerk, Bauhof oder Tierheim sei man gut zurecht gekommen. Insgesamt 140 Teilnehmer waren über die Jahre dabei, etwas mehr Männer als Frauen, darunter 35 Migranten. Eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle oder eine Umschulung habe ein Drittel gefunden. Von den anderen zwei Dritteln berichteten 80 Prozent, dass sich ihr Leben deutlich stabilisiert habe. Das »Einigeln« sei aufgebrochen worden. Als sehr gut lobte sie die Zusammenarbeit mit dem Jobcenter, aber auch die Teilnehmer seien »wirklich großartig« gewesen.

Ohne Druck durch Sanktionen entwickeln

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek betonte, dass Langzeitarbeitslosigkeit die Hölle sein könne: Viel Freizeit, aber wenig Spaß, das habe viele negative Auswirkungen auf die Persönlichkeit. Man könne in eine Abwärtsspirale geraten, aus der es ohne Hilfe kaum einen Weg gebe. Hier setze PiA an. Das Projekt, das zeige auch der Rahmen der Veranstaltung, sei erfolgreich gewesen, auch weil es nicht der Norm entspreche. Die Stadt Einbeck habe das gern unterstützt, beispielsweise durch die Fotoausstellung »Arthouse im Rathaus«, aus der inzwischen eine Reihe geworden sei.

Mit früheren Fördermaßnahmen habe man nichts gegen Langzeitarbeitslosigkeit tun und keine wirkliche Verbesserung erzielen können, stellte Axel Pfeiffer, Teamleiter Markt und Integration beim Jobcenter, Geschäftsstelle Einbeck, fest. Dass sich die Teilnehmer ohne den Druck durch Sanktionen entwickeln konnten, sei eine niedrigschwellige Maßnahme gewesen, deren Ergebnis nicht enttäuscht habe. Durch kleinschrittiges Vorangehen habe man Fortschritte und endlich wieder Erfolgserlebnisse für die Teilnehmer erreichen können. Die positive Außenwirkung habe das Projekt in vieler Hinsicht gestärkt. Die Erfolge seien aber auch nur möglich gewesen mit den Betrieben. Insgesamt habe PiA unter Beweis gestellt, was möglich sei, wenn man sich kümmere – somit habe sich die Mühe gelohnt. Bei einer schwierigen Ausgangslage würden die Zahlen für sich sprechen. Viele seien in Arbeit oder wenigstens näher dran. Er sei schon sehr gespannt auf das Nachfolgeprojekt, das eine Zielgruppe von Personen über 35 Jahren habe.

Aufstehen und den Tag einteilen, das sei für viele Langzeitarbeitslose etwas, was sie, wie Pünktlichkeit, neu lernen müssten, fuhr er fort. Betriebe wollten Auszubildende, die auch übermorgen noch da seien, auf die sie sich verlassen könnten. Er verwies auf das Teilhabechancengesetz, das gerade Langzeitarbeitslosen gute Möglichkeiten eröffne. Das Jobcenter finanziere lieber Arbeit statt Arbeitslosigkeit. Unternehmen, die Langzeitarbeitslose einstellten, bekämen sie in den ersten zwei Jahren zu 100 Prozent finanziert, anschließend Jahr für Jahr etwas weniger. Die Fördermöglichkeiten seien noch nie so günstig gewesen.

Umdenken in Betrieben wichtig

PiA-Teilnehmer kamen in einer Fragerunde mit Projektleiterin Angela Koll zu Wort. Es war wichtig für sie, Arbeitsaufträge anzunehmen und zu Ende zu führen. Künstlerisch konnten sie sich betätigen, kreativ werden – dabei hätten sie Stärken erkannt und gelernt, Ziele zu verfolgen. Sie hätten aber auch voneinander gelernt. »Von Herzen«, so ein Teilnehmer, wolle er sich bedanken für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auch die individuell mögliche Länge des Projekts sei günstig gewesen. So berichtete ein Teilnehmer, dass er einen Erweiterten Realschulabschluss mit einer Eins vor dem Komma geschafft habe, das gebe ihm gute Aussichten für eine Ausbildung und eine Zukunft: »Ohne PiA hätte ich das nicht geschafft.« Er könne ein solches Projekt nur empfehlen, aber man müsse auch dazu bereit sein.

Menschen mit dessen Talenten kennengelernt

In einer Diskussionsrunde berichteten Projektbeteiligte – Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, Axel Pfeiffer, Frank Seeger von der Wirtschaftsförderung der Stadt Einbeck, Michael Schreiber, Inhaber eines Malerbetriebs in Bad Gandersheim, DAA-Standortleiterin Katrin Janke, Petra Bayer von der Geschwister-Scholl-Schule sowie Thomas Koß-Merrettig und Elke Volger vom Alten- und Pflegezentrum Deinerlinde – von ihren Erfahrungen mit PiA-Teilnehmern.

Dabei hieß es, der Blickwinkel habe sich geändert: Man habe den Menschen gesehen und seine Talente kennengelernt. Wenn das Team gut sei und die Arbeit Spaß mache, halte der neue Mitarbeiter durch. Wenn jemand für etwas »brenne«, sei das wichtiger als ein lückenloser Lebenslauf. Wichtig sei, mit Herzblut dabei zu sein. Dann sei auch die Herkunft egal. Der direkte Kontakt, der die Frage »Klappt das mit uns?« beantworte, sei besser als Hochglanzwerbung, um einen Job interessant zu machen. Wertschätzung für Mitarbeiter werde künftig eine größere Rolle spielen.

Rektorin Petra Bayer lobte die Win-Win-Situation: Die Kinder würden die Arbeitsgemeinschaften lieben, »und unser Kunstraum sieht fantastisch aus.« Alle seien traurig, dass das Projekt bald vorbei sei. Man müsse, ermunterte Bürgermeisterin Dr. Michalek, am Thema dran bleiben und Verständnis für Talente entwickeln. Die Teilnehmer hätten Offenheit gezeigt, die Arbeitgeber müssten sich öffnen für Gruppen, die sie bisher nicht so im Blick hatten, so ein Fazit.

Ein Umdenken in den Betrieben und das Bekanntmachen von guten Fördermöglichkeiten, das seien wesentliche Aspekte, die man verfolgen müsse. PiA, hieß es, habe Fans gefunden, und es sei schön, freute sich Angela Koll, dass so viele Mitwirkende vielen Menschen dabei eine Chance gegeben hätten.ek