»Ein Super-Beispiel für eine Hauptschule«

Letzte Zeugnisse: Abschlussklassen der Wilhelm-Bendow-Schule verabschiedet | Schule wird aufgehoben

Die Schülerinnen und Schüler der neunten und zehnten Klassen der Wilhelm-Bendow-Schule feierten ihren Abschluss.

Mit der Entlassung der letzten drei Klassen hat die Wilhelm-Bendow-Schule nicht nur das Schuljahr beendet, sondern auch die Ära der Hauptschule in Einbeck. Im Wilhelm-Bendow-Theater gab es zum Abschied viel Lob für die engagierte Arbeit der Schule.

Einbeck. Man entlasse nicht nur die Schüler, sondern verabschiede sich auch von der Schule, stellte die kommissarische Schulleiterin Carmen Henne fest. Bei Aufräumarbeiten habe sie Interessantes gefunden, etwa Bücher über die Schulgeschichte, mit deren Hilfe man zur Schulaufhebung, so der offizielle Name des Vorgangs, einen Blick zurückwerfen könne. Zunächst befand sich der Standort der Hauptschule ab 1955 am Teichenweg, wo eine Modellschule für Einbeck gegründet wurde, mit den Klassen 7 und 8.

1960 wurde angebaut. 450 Schüler zählte die Schule 1970.

Nach Einführung der Orientierungsstufe, durch neue Einzugsbereiche und den Rückgang der Geburtenzahlen gab es weniger Schüler. 1989 wurde, nach langem Kampf, die erste zehnte Klasse an einer Hauptschule eingeführt.

Ab 1999 wurde Siegfried Pinkepank, ihr Vorgänger, Schulleiter. 2004 zog die Schule an den Hubeweg. Eine Hauptschule gebe es im Stadtgebiet weiter in Greene, und die IGS nebenan wachse und gedeihe. Als Abschiedsgeschenk an die Nachbarn überreichte die Wilhelm-Bendow-Schule ein fahrbares, maßgebautes Möbelstück für die Aufbewahrung von Sportgeräten.

»Der Abschied fällt uns nicht leicht«, räumte Carmen Henne ein, aber man habe das Beste daraus gemacht. Die Schule sei geprägt von familiärer Stimmung, netten Schülern und Kolleginnen, und die Arbeit habe Spaß gemacht. Angesichts dieser Atmosphäre tue der Abschied besonders weh. Die Schüler hätten viel Unterstützung erhalten, sie wünsche ihnen weiterhin nette Begleiter. Sie sollten das Glas als halbvoll ansehen, dankbar sein für Hausaufgaben, Prüfungen, Lehrer, denn dahinter stehe etwas Positives. Es lohne sich, manchmal den Blickwinkel zu wechseln. Sowohl Hausmeister Hans-Georg Kerl, Sekretärin Marie-Luise Gosmann-Vorwig als auch den Kolleginnen dankte sie für die Zusammenarbeit.

Stephan Hetzer, schulfachlicher Dezernent, stellte fest, dass dieser Tag für die Schüler der Höhepunkt ihrer bisherigen Laufbahn sei. Über den Abschluss könne man sich freuen; traurig sei man über die Aufhebung der Schule. Es sei keinesfalls so, dass die Schüler nur Spaß kennengelernt hätten. Auch Frust sei normal, aber sie hätten nicht aufgegeben, und sie hätten die Chancen, die die Lehrer ihnen gegeben hätten, ergriffen. Sie hätten neue Schüler und ein multikulturelles Miteinander kennengelernt. Die Wilhelm-Bendow-Schule sei eine tolle Schule, die Lehrer sehr engagierte pädagogischen Experten. Die Hauptschule sei nicht so schlecht, wie sie in der Öffentlichkeit darstellt werde. Zu fragen sei, ob sie noch zeitgemäß sei.

Die Schüler hätten ihre Abschlüsse geschafft, nun gehe es um ihre Ziele. Wer Qualität haben wolle, müsse Qualitäten und Qualifikation mitbringen, und das hätten sie gut gemacht. »Es kommt auf jeden von euch an - was ihr wollt, müsst ihr tun«, ermunterte er. Sie sollten stark sein, ohne Ellenbogen einzusetzen.

Der Dezernent erinnerte an den Wechsel von Siegfried Pinkepank zu Carmen Henne: »Sie haben das toll gemacht«, stellte er fest, sie sei weit mehr gewesen als eine kommissarische Schulleiterin, sondern war die Seele der Schule. Er dankte, dass alle die kleine Schulfamilie mitgetragen hätten: »Ihr wart ein Super-Beispiel für eine Hauptschule.«

»Ich habe euch vermisst in den letzten drei Jahren«, gestand der frühere Schulleiter Siegfried Pinkepank. Auf die Schüler komme eine spannende Zeit zu, war er sicher. Sie würden sich heftig verlieben, und spannend sei auch, wie sie sich beruflich orientierten. Einige haben bereits eine Berufsausbildung im Blick. Damit sollten sie nicht zu lange warten, ermunterte er die anderen. Immer nochmal eine Runde in der Schule zu drehen, müsse nicht sein. Die Gelegenheit sei günstig für eine Ausbildung. Das sei zugleich wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung. Immer wieder würden Entscheidungen erwartet, beispielsweise bei Wahlen. Er riet zur Vorsicht vor einfachen Lösungen, sondern hielt dazu an, sich eigene Gedanken zu machen und dabei auch an die Gemeinschaft zu denken. Er sei gern hier Schulleiter gewesen, aber er sei nun nicht traurig, dass die Schule aufgehoben werde. Angesichts der Entwicklungen sei das richtig. Schule müsse anders organisiert werden. Wie das funktioniere, zeige seit vier Jahren die IGS.

Man sei traurig, die Schüler der Wilhelm-Bendow-Schule gehen lassen zu müssen, sagte IGS-Schulleiterin Sandra Friedrich. Sie seien höflich und hilfsbereit gewesen, hätten räumliche Einschränkungen hingenommen, es sei nicht immer einfach gewesen, so zu arbeiten. Carmen Henne habe das aber mit Ruhe und Gelassenheit getan. Den Lehrerinnen überreichte sie Blumen, den Schülern bunte Tassen: »Trübe Tassen gibt es unter euch nicht.« Sie wünschte ihnen, dass sie ihren Weg finden würden, der ihrer Schule Ehre und die Welt ein bisschen besser mache.

Diese Abschlussklassen seien ein wunderbares Beispiel dafür, was Schule leisten könne, stellte Bürgermeisterin Dr. Michalek fest. Mit Herzblut sei man durch bewegte Zeiten gegangen, vom Teichenweg hierher gezogen, habe die Außenstelle an der Scholl-Schule eingerichtet. Sie finde es schade, dass die Schule mit diesem Tag auslaufe.

Die Schüler hätten mit ihren Abschüssen die erste bedeutende Etappe abgeschlossen, aber sie hätten vermutlich noch viel vor.

Wie Neil Armstrong 1969 bei der Mondlandung von einem kleinen Schritt gesprochen habe, komme es darauf an, Wissensgier und die Freude, die Umwelt zu erkunden, zu erhalten. Wer schwimmen lernen wolle, müsse ins Wasser springen, eintauchen, sich etwas zutrauen. Für Erfolg brauche man Selbstvertrauen, und Barack Obamas »Yes, we can« sei kein schlechtes Motto – das hätten die Schüler schon beherzigt. Eltern hätten Freude und Sorgen miterlebt, sie begleitet und unterstützt auf dem Weg vom schüchternen Fünftklässler zum jungen Erwachsenen. Auch die Lehrer hätten Anteil daran, hätten sie gut ausbildet, gefördert und auf das Leben vorbereitet. Jetzt müssten die Jugendlichen in fremde Gewässer springen. »In euch steckt viel Talent«, war Dr. Michalek sicher. Vielleicht sollte es nicht gleich der Mond sein, aber realistische Ziele sollten sie sich setzen, sie nicht aus dem Blick verlieren und sich nicht entmutigen lassen von Misserfolgen. Probleme sollten sie als Herausforderungen sehen, neugierig und mutig bleiben, sich anstrengen und nicht den Glauben an sich selbst verlieren.

Froh, im Ziel angekommen zu sein, waren die Schüler – es sprachen Leon Sülflow, Viktor Leikam, Leonard Shala, Nadine Alo und Christine Pinneker. Für sie gehe es nicht nur ums Zeugnis, sondern auch um schöne Schuljahre. Schule. Man werde sie vermissen. Die Lehrer hätten zugehört, verstanden, waren bei Konflikten da, »auch wenn wir anstrengend waren.«

Die Klassenlehrerinnen Lydia Felsner, Sabine Dreyer-Goltsche, Karin Baeumer, Nicole Jastrow und Katharina Hamm stellten ebenfalls fest, dass man schöne Erinnerungen teile und dass die Schüler ihnen fehlen würden: Sie seien ihnen ans Herz gewachsen. Umrahmt wurde die Feier von Sebastian Röhler, Flügelhorn, Nadine Alo, Gesang, Spielen der Klasse 10 und einem witzigen Musikbeitrag der Lehrerinnen, für den es großen Beifall gab.ek