Ein Warnschuss, der gehört wird

Zwei Jahre Haft beziehungsweise acht Monate auf Bewährung für Imbiss-Überfall

Zwei Jahre Haft für einen 16-Jährigen, acht Monate auf Bewährung für einen 20 Jahre alten Straftäter - das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht Einbeck hatte jetzt unter anderem über den bewaffneten Überfall auf einen Imbiss vom April zu urteilen. Beim Strafmaß folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die beiden Angeklagten waren für Amtsrichter Döhrel keine unbeschriebenen Blätter, und so ging es auch darum, mit nachdrücklichen Strafen eine hörbare Warnung auszusprechen.

Einbeck. Kern der Verhandlung war der bewaffnete Überfall auf einen Einbecker Imbiss im vergangenen April. Beide hatten sich dazu mit Papiertüten maskiert. Der jüngere Mann war, bewaffnet mit einem abgebrochenen Küchenmesser, ins Lokal gegangen. Er hat sich kurz umgesehen, eine Plastikablage mit Münzgeld sowie ein Kellnerportmonee mit rund 200 Euro vom Tresen entwendet. Sein Kompagnon wartete vor der Tür, er hatte einen Zimmermannshammer dabei. Beide flüchteten, verfolgt von einigen Zeugen. Ein Täter wurde schnell gefasst, der andere kurz darauf. Im Lokal befanden sich zu der Zeit des Überfalls zwei Gäste, die Besitzerin war in der angrenzenden Küche tätig.

Dem jüngeren Angeklagten wurden außerdem diverse Schwarzfahrten vorgeworfen, weiter ein Einbruchsversuch in einem Einbecker Lokal. Der Ältere hatte sich wegen Körperverletzung zu verantworten: Er soll jemanden mit einer Flasche auf den Kopf geschlagen und ihm eine Platzwunde und eine Gesichtsprellung zugefügt haben.

Auf Zureden des Anwalts räumte der 16-Jährige die Schwarzfahrten ein, ebenso den Überfall; den Einbruchsversuch wies er zurück. Er habe Drogenprobleme, sagte er weiter, und er bitte darum, das zu berücksichtigen. »Was man mir gibt, das nehm’ ich«, beschrieb er seinen Drogenkonsum: Gras, Alkohol, Extacy, Amphetamine. Mit der Drogenberatung hatte er als 14-Jähriger Kontakt. Der ältere Angeklagte bestätigte seine bei der Polizei gemachten Aussagen. Die Körperverletzung stellte er anders dar als der Staatsanwalt: Er habe seinen Gegner mit der Flasche »nur gestriffen« und nur einmal zugeschlagen. »Er hat nicht schlimm geblutet.«

Zum Überfall auf den Imbiss sei es gekommen, weil sie Geld brauchten, ergab die weitere Beweisaufnahme. »Messer und Hammer - wie hätte es denn ablaufen sollen?«, fragte Richter Döhrel. Die Erinnerung beim jüngeren Angeklagten sei lückenhaft, sagte dieser: »Ich weiß nichts mehr«, möglicherweise auch deshalb, weil er Marihuana geraucht habe.

Der 20-Jährige stand am 14. März dieses Jahres letztmalig vor dem Einbecker Amtsrichter. Damals habe er ihm gesagt, es müsse Schluss sein mit dem »Mist bauen«, erinnerte Amtsrichter Döhrel. Der 16-Jährige hatte sich ebenfalls schon wiederholt zu verantworten, unter anderem wegen Sachbeschädigung in 45 Fällen durch Graffiti. Es bestehe hier noch eine Jugendstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung. Zwar habe es dazu ein umfassendes Geständnis gegeben, aber auch Uneinsichtigkeit, so dass das Gericht die Bewährung nur mit Bedenken gewährt habe. Die Bewährungshelferin berichtete, dass die Kontakte zum jüngeren Angeklagten schwierig seien, was der Vertreter des Jugendamtes und der Leiter des Sozialtrainings bestätigten: Am Anfang laufe es gut, dann lasse es schnell nach. Er suche den Weg des geringsten Widerstandes. Eine Maßnahme wurde zu Ende gebracht, sei aber nicht nachhaltig gewesen. Zum älteren Angeklagten hatte das Jugendamt 2007 letztmalig Kontakt. Trotz schwieriger Kindheit und Jugend gebe es jetzt berufliche Perspektiven.

Die Staatsanwaltschaft beantragte für den 20-Jährigen eine Jugendstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Was die beiden abgeliefert hätten, sei »ein bisschen Tatort in Einbeck« gewesen, ein Überfall mit Maskierung, Waffe und Beute. Bei dem Angeklagten müsse es darum gehen, Defizite aufzuarbeiten und beispielweise soziales Training zu vereinbaren. Für den Jüngeren sehe es düsterer aus, und er habe auch eine ungünstigere Sozialprognose. Er laviere sich durch, und sein großes Problem seien die Drogen. Deshalb müsse man Druck aufbauen - dass freiwillige Therapie nicht funktioniere, habe sich gezeigt. Der Staatsanwalt forderte für ihn zwei Jahre Haft, eine Bewährung sei nicht möglich. Allerdings sollte man auf »Therapie statt Strafe« setzen. Der Anwalt schloss sich diesen Anträgen an. Auf das ihnen zustehende letzte Wort verzichteten die Angeklagten.

Zwei Jahre Jugendstrafe für den 16-Jährigen, acht Monate Jugendhaft auf Bewährung für den 20 Jahre alten Angeklagten - zu diesen Urteilen kam das Schöffengericht nach kurzer Beratung. Beiden hätten großes Glück gehabt, dass der Zufall ihnen in die Hänge spielt habe: Während des Überfalls sei der Imbiss fast leer gewesen, die Inhaberin in der Küche. Daraus hätte sich schnell ein anderes Szenario entwickeln können.

In seiner Urteilsbegründung verwies der Richter unter anderem auf den leichtfertigen Umgang des 16-Jährigen mit seinen Straftaten. Auch beim Älteren müsse man erzieherisch eingreifen, um Defizite in Charakter und Persönlichkeitsentwicklung auszugleichen. Die Jugendstrafe, auch mit Bewährung, sei hier eine massive Einwirkung. Verbunden damit seien Bewährungsauflagen sowie ein sozialer Trainingskurs über sieben Monate. Den jüngeren Angeklagten kenne er schon ein paar Jahre, so Amtsrichter Döhrel weiter. Er müsse lernen, sich Konflikten zu stellen.

Im Guten könne man es nicht noch einmal versuchen, sondern man müsse ihm Grenzen aufzeigen, denen er nicht ausweichen könne. Die Haft in der Jugendstrafanstalt Hameln wolle man ihm allerdings ersparen, sondern auf eine Therapie setzen - in der Hoffnung, dass er nach seiner Entlassung mit gut 18 Jahren so weit sei, dass er auf eigenen Füßen stehen könne. Angesichts der durchschnittlich sechsmonatigen Wartezeit auf einen Therapieplatz könne man auch erst mit dem Vollzug beginnen und ihn dann für die Dauer der Therapie unterbrechen.ek