Einbeck in den 50ern: Löwenkreuzung ohne Löwe

Einbeck. Die alte Einbecker ­Ansichtskarte versetzt den Betrachter mehr als ein halbes Jahrhundert zurück: Reges Treiben herrscht an einem sonnigen Nachmittag auf der Löwenkreuzung – die Stadt befindet sich am Beginn der so genannten Wirtschaftswunderzeit. Alle Personen auf dem Bild strömen in die Marktstraße oder befinden sich schon dort.

Durch die Straße fährt ein Pferdegespann, gleich daneben glänzt ein VW-Käfer in der Nachmittagssonne und markiert den Beginn einer neuen Zeit. Bei genauem Hinsehen sieht man, dass es sich um das 1955er Modell handelt. Die VW-Käfer ohne Mittelsteg im Heckfenster nennt man »Ovalis«. 1955 rollte der millionste Käfer vom Band, das Wirtschaftswunder war in vollem Gange und hatte seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht. Hinter dem Pferdegespann erkennt man das Haus Marktstraße Nummer 7. Es war das letzte Haus, das noch weit in die Straße hinausragte. Das Gebäude wurde im Frühjahr 1958 abgerissen. Links im Bild erkennt man einige Herren, die interessiert in ein Schaufenster blicken.

Ein interessantes Detail befindet sich am Eckhaus Marktstraße/Hullerser Straße. Über dem Eingang erkennt man eine Jugendstil-Büste. Und noch etwas fällt auf den zweiten Blick auf: Über dem Eingang des Hotels »Zum Löwen« fehlt derselbe. Es handelt sich offenbar um eine Übergangszeit von einem Löwen zum nächsten.

Es gibt Postkarten von zwei verschiedenen Löwen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Der eine hatte ungefähr die gleiche Form wie der heutige, war aber sehr einfach gestaltet. Der zweite Löwe war auf ein großes Schild gemalt, das man über dem Geländer angebracht hatte, er war dem Löwen im Einbecker Stadtwappen nachempfunden. Vor dem Geländer prangten in großen Buchstaben der Hotel-Name und darunter in kleinerer Schrift die Preisliste.

Das Geländer ist übrigens in der ganzen Zeit dasselbe geblieben. Einige Zeit nach der Aufnahme des Bildes wurde der dritte goldene Löwe über dem Hotel-Eingang angebracht.wk