Demonstration

»Einbeck nazifrei – darauf arbeiten wir hin«

350 Demonstranten gegen Rechts | 200 Polizeikräfte im Einsatz | Zweite »Spontandemo« im Anschluss

Andere Standpunkte wurden auch geäußert.
In den Wallanlagen folgte die zweite Kundgebungsrede.

Sonnabend 14 Uhr: Auf dem Rathaus-Parkplatz stehen und sitzen zumeist junge Leute, und es werden immer mehr. Man sieht viele Banner, Fahnen und im Hintergrund rund 15 Polizei-Transporter. Das »Offene Antifaschistische Treffen Einbeck (OATE) hatte zu einer Demonstration unter dem Motto »Null Toleranz gegen rechte Hetze und Rassismus« aufgerufen. Rund 350 kamen. Die Polizei begleitete mit 200 Kräften aus Einbeck, Northeim, Göttingen und Hannover den Zug, ergänzt um vier speziell geschulte Kollegen, die als Kommunikationspartner, als Mediatoren fungierten, erläuterte Einsatzleiter Polizeioberrat Niklas Fuchs. Man setze auf Kooperation und Kommunikation, erklärte er, ebenso Michael Weiner, Leiter der Polizeiinspektion Northeim. So sprach man vorab auch mit der Versammlungsleiterin.

Einbeck. Einige Teilnehmer verteilten »Aktionskarten« mit der Marschroute, dem Platz der drei Reden und den »Wohnorten der Nazis«. Als die letzten zu Fuß aus Salzderhelden kamen – der Einbeck-Zug war überfüllt – ging es los: Aus dem Lautsprecher des Demo-Begleitfahrzeugs begrüßte – ohne Namen – wohl jene Frau die Teilnehmer, die das Opfer des Briefkastenanschlags war: Sie dankte allen, auch Fremden für die Solidarität. Sie werde weiter auf die Straße gehen, »um dem Rechtspack zu zeigen, dass sie nicht willkommen sind.«

Als der Zug losmarschierte, sah man nur links und rechts seitlich die Banner, dahinter zumeist Schwarzgekleidete mit Nasen-Schutz-Masken und oben Regenschirme für den heftigen Schauer: Da war kaum ein Demonstrant zu erkennen. Auf den Bannern Sätze wie »Ausgekuschelt. Einbeck lächelt in den Abgrund. Den braunen Dreck aus seinem Wohlfühlparadies vertreiben«. Nur anhand der Banner und Fahnen ließen sich die zahlreichen  Gruppierungen erkennen:  »Schluss mit rechter Hetze« hieß es bei »Feminismus Antifa«. »Rechte Terrornetzwerke zerschlagen« kam von der »Basisdemokratische Linke Göttingen.«

Der Verband »Linksjugend« war ebenso da wie »A.L.I.Inventati«, die Harzer und Kasseler »Seebrücke« sowie eine Trommlergruppe aus Witzenhausen. Pappschilder wurden gezeigt mit Hakenkreuz im Papierkorb und dem Satz »Das Heim für Nazis heißt Gefängnis.« Skandiert wurde immer wieder »Alle zusammen gegen den Faschismus.«

An der Ecke Möncheplatz der erste Stopp: Eine männliche Lautsprecherstimme erinnerte an unterschiedliche Anschläge, zitierte aus dem »Schwur von Buchenwald« und wandte sich gegen die AfD, die ein Verbot der Antifa beantragt habe: »Ihr arbeitet am Sturz der Demokratie, während wir sie schützen und stärken wollen.« Auch der Bundespräsident wurde mit einem Antirassisten-Satz zitiert.

Weiter führte der Zug Richtung Bismarckstraße, vorbei an skeptisch blickenden Passanten. In den Wallanlagen an der Benser Straße der nächste Halt.

Den Demonstranten gegenüber stand die Polizei, auch Berittene. Eine Marie von OATE sprach von der »Verschandelung von Einbecks Außendarstellung« durch die Neo-Naziszene. »Wir werden euch Einbeck nicht überlassen! Keinen Millimeter davon! Wir lassen eure Hassideologie und eure Hetze nicht weiter zu! Kein Nazikiez in Einbeck.«

Auch andere beteiligten sich auf ihre Art an der Demo. Aus einer Etage gegenüber dem Eickeschen Haus hing ein Tuch mit »Weder rechts noch links. Wir wollen keine Demos mehr. #MenschistMensch.«

»Stefan« von »Einbeck 161« war dann in einer Tonbandrede auf dem Marktplatz zu hören. »Dank an alle, die ein Zeichen gegen Rechts setzen. Einbeck nazifrei – darauf arbeiten wir hin.« Applaus. Vor dem Weg zum Hallenplan standen Polizisten und plötzlich – kaum wahrnehmbar für Außenstehende – kam es hier wohl zu einem kurzen Konflikt.

Um 16.15 Uhr war man am ZOB, am Ende der Route. Doch plötzlich hieß es, es gäbe eine Gegendemo der Neo-Nazis, dann wieder die Durchsage, diese Demo habe sich aufgelöst. Nun rief eine Frauenstimme zur »Spontandemo« auf. Gespräche mit der Polizei folgten über den Grund und die Strecke. Um 16.45 Uhr marschierte etwa die halbe Demonstrantenzahl, wieder begleitet von der Polizei, nochmals 30 Minuten durch die Stadt Richtung Benser Straße und zurück über die Bismarckstraße. Die Seitenstraßen waren durch davorstehende Beamte versperrt. In Höhe der Hägermauer wollten einige abbiegen. Das wurde verhindert.

Dies war die 25. Versammlung in 2020, erklärte Weiner. Er betonte erneut die Dialogbereitschaft der Polizei. Kritik übte er an der Demo-Leiterin. Versammlungsfreundlichkeit habe die Polizei bewiesen und auch die zweite Demo gestattet.des