Keine Dividende, aber positive Erwartung für 2019

Einbecker Brauhaus: Unerwartete Ausgaben haben Ergebnis negativ beeinflusst | Verbraucher halten sich zurück

Brauhaus-Vorstand Martin Deutsch (Zweiter von links) mit dem bei der Aktionärsversammlung ergänzten Aufsichtsrat mit (von links) Jürgen Brinkmann, Dr. Wilhelm Helms, dem neu gewählten Kai-F. Binder, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Robert A. Depner sowie Arnold Schwulera und Knut Schiemann.

Einbeck. Ein verlustreiches Jahr ohne Dividende: Die Aktionäre des Einbecker Brauhauses haben jetzt einen Bericht über 2018 gehört. Bei der Hauptversammlung ging es vor allem um die Hintergründe der Mehrausgaben und Einnahmerückgänge. Leider habe man 2018 die positive Entwicklung der vergangenen Jahre nicht fortführen können, stellte Martin Deutsch, mittlerweile Alleinvorstand des Unternehmens, fest.

Er werde im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit transparent darstellen, welche Faktoren zum Jahresfehlbetrag geführt hätten. Für die Getränkebranche sei der vergangene Sommer positiv gewesen. Das plötzliche WM-Aus - »Wir alle hatten mit weiteren bierseligen Spielen der deutschen Nationalmannschaft gerechnet« - wurde durch stabiles warmes Wetter zwischen Ostern und Oktober kompensiert.

Diese Entwicklung relativierte sich jedoch, da man aufgrund der hohen Temperaturen insbesondere bei den ertragsstärksten Produkten, den Bockbieren, deutliche Absatzrückgänge hinnehmen musste: Der Verbraucher bevorzugte Mineralwasser. Die Konsumenten hätten sich zurückgehalten, da bei Temperaturen über 25 Grad Alkohol schneller und stärker wirke. Der Biermarkt, fuhr Deutsch fort, polarisiere sich zunehmend zu Marken Richtung zwei Euro beziehungsweise unter einem Euro pro Liter.

»Unsere Biere sind von hervorragender Qualität und ihren Preis wert«, betonte er. Daher habe man sich für Preiserhöhungen entschieden. Das sei ein Teil der Ausrichtung zur dauerhaften Steigerung des Unternehmenswertes und dem Ausbau der Umsätze. Ein Führungsteam habe Vision und Mission für das Unternehmen entwickelt. »Unsere Biere sind begehrt. Marken und Brauerei sind erste Wahl« heißt es darin.

Beste Qualität sei ihren Preis wert. Man sei stolz auf die 650-jährige Braukompetenz, die man innovativ und mit Begeisterung pflege. Trotz rückläufigem Absatz habe das Einbecker Brauhaus den Umsatz mit einem leichten Minus stabil gehalten. Das sei zurückzuführen auf eine Preiserhöhung.

Insgesamt habe man in den letzten vier Jahren drei Erhöhungen vorgenommen. Der Absatz habe im vergangenen Jahr eine regelrechte Achterbahnfahrt zwischen plus 20 und minus 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erlebt. Gekennzeichnet war das Wetter von langer Kälte, einem ordentlichen Sommer und dem schlechtesten Dezember seit fünf Jahren.

Man habe 17.000 Hektoliter Absatz eingebüßt, mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Während Brauherren Pils leicht zulegen konnte, hätten Bockbiere deutlich verloren, insbesondere Mai-Ur-Bock, geschuldet der kalten Witterung im Frühling. Enttäuschend verlief die Entwicklung im Ausland, unter anderem nach dem Wegfall eines Importeurs in China. Inzwischen gebe es aber vielversprechende neue Kontakte.

Im Vorjahr habe man 2017 als letztes Übergangsjahr bezeichnet. Diverse Einmaleffekte hätten dies zeitlich und kostenmäßig leider um ein Jahr verzögert. Das Geschäftsjahr schließe mit einem Fehlbetrag ab. »Wir weisen keinen Bilanzgewinn und keine ausschüttungsfähige Dividende aus«, stellte Martin Deutsch fest. 300.000 Mehrkosten gab es beim Materialaufwand, etwa für den Hauptrohstoff Malz wegen des trockenen Sommer und der schlechten Gerstenernte.

Der Personalaufwand sei kontinuierlich gesunken, hauptsächlich bedingt durch die Schließung der Braustätte Kassel. Verschiedene Einmaleffekte des Jahres 2018 hätten letztlich zum Jahresverlust geführt: der Abbruch in Kassel, Pfandrückstellung, Pensionsrückstellung und Abschreibungen.

Für den Abbruch in Kassel seien 786.000 Euro Mehrkosten entstanden. Pfandrückstellungen beliefen sich auf 755.000 Euro. Für Pensionen wurde mit 827.000 Euro der höchste Wert der letzten vier Jahre verbucht. Nach 25 Jahren sei es schließlich Zeit gewesen, Fässer zu erneuern.

Darauf entfalle eine Abschreibung von 438.000 Euro. Aus diesen Gründen und wegen des Absatzeinbruchs zum Jahresende habe man im Januar eine Ad-hoc-Mitteilung zum Ergebnis veröffentlicht. Der Jahresfehlbetrag belief sich auf 1,943 Millionen Euro - die erläuterten vier Positionen summierten sich auf einen Gesamtaufwand von 2,3 Millionen. Um diese Sondereffekte korrigiert, wurde ein operatives Ergebnis von knapp 400.000 Euro erwirtschaftet. Das liege auf der Höhe der Vorjahre beziehungsweise sogar darüber.

»Alles in allem ist dieses Jahresergebnis sehr unbefriedigend für uns, und glauben Sie mir: Ich persönlich habe mir die erste Hauptversammlung, bei der ich alleine Rechenschaft ablege, anders vorgestellt«, sagte Deutsch. Man habe allerdings das vergangene Geschäftsjahr genutzt, um wichtige Weichen für den mittel- und langfristigen Erfolg der Brauerei zu stellen. Die Negativ-Positionen seien Einmalaufwand und in Zukunft nicht mehr zu erwarten.

Die gesunde Finanzstruktur konnte erfolgreich weiterentwickelt werden. Nach den Arbeiten im Bereich Abfüllung und Logistik sei es nun wichtig, am Ball zu bleiben. Die nächsten Schritte würden die Produktionsanlagen betreffen. Damit lege man Grundsteine für einen erfolgreichen Vertrieb in den nächsten zehn bis 20 Jahren. Man sei in der Lage, flexibler auf Marktentwicklungen zu reagieren und Innovationen Raum geben.

Der Masterplan dazu werde in den nächsten fünf bis sechs Jahren stufenweise umgesetzt. Etwa 180 Mitarbeiter waren im Unternehmen beschäftigt. Nach dem Ausscheiden von Vorstand Lothar Gauß arbeite man mit einem Führungskräftekreis, zu dem Dorte Simon als kaufmännische Leiterin und Christoph Benseler als technischer Leiter und neue Prokuristen gehörten. Nach der Markenstrategie werde man sich weiter auf Ertragsmarken und -gebinde konzentrieren, in Wachstumssegmenten das Sortiment erweitern, die Distribution ausbauen und Neukunden gewinnen, kündigte Deutsch an.

Man wolle offensive Marketingaktionen im Kerngebiet umsetzen. »Einbecker als älteste und hochpreisige Marke ist der wichtigste Baustein unserer Umsätze und Erträge«, stellte Deutsch klar. Beim Mai-Ur-Bock konnte man die Absatzverluste größtenteils schon zurückholen, unter anderem durch die Halbliter-Dose. Das Kellerbier komme künftig in der Einbecker-Individualflasche.

Als »Brauerei zum Anfassen« präsentiere man sich durch das Hoffest, das in diesem Jahr wieder überaus gelungen gewesen sei, modernisierte Brauereibesichtigungen, die jüngsten Ausbauten sowie Wochenendführungen. Jeder Besucher sei ein wertvoller Multiplikator.

Nach einem leichten Wachstum 2018 werde sich der deutsche Biermarkt vermutlich leicht rückläufig entwickeln, so Deutsch in seinem Ausblick. Regionalität als Trend halte an und biete große Chancen im Handel und in der Gastronomie. Zur Produktpalette sagte er auf Nachfrage, es seien zwei neue Mixgetränke geplant. In den vergangenen Monaten konnte man bei Absatz, Umsatz und Ergebnis positive Entwicklungen im Vergleich zu Vorjahr und Plan verzeichnen.

»Wir werden Chancen nutzen und Risiken minimieren«, betonte er. 2019 plane man ein positives Ergebnis im mittleren sechsstelligen Bereich. Das würde auch wieder die Ausschüttung einer Dividende bedeuten. In der Diskussion kritisierten die Aktionäre den miserablen Abschluss.

Aber immerhin sei die Situation früh kommuniziert worden, und der Aktienkurs sei dabei erfreulicherweise stabil geblieben. Mit dem Ergebnis könne aber niemand zufrieden sein. Die Visionen seien gut, aber zu wenig, ebenso wie der Stolz aufs Unternehmen ausreiche: Das allein bringe keinen Umsatz, und da gebe es noch eine Menge zu tun. Man brauche keinen Masterplan, sondern einen Plan, wie man mehr Umsatz schaffe. Auf Fernsehwerbung wolle man weiterhin aufgrund der hohen Streuverluste verzichten.

Und was die Absatzeinbrüche im Dezember angehe, da sei man für dieses Jahr gerüstet. Anwesend waren 77,32 Prozent des Aktienkapitals. Dem Vorstand wurde mit 99,99 Prozent der Stimmen Entlastung erteilt. Aufsichtsratsvorsitzender Robert A. Depner ist mit 95,54 Prozent entlastet worden, und die meisten Aufsichtsratsmitglieder ebenfalls fast einstimmig. Dr. Wilhelm Helms wurde die Entlastung indes verweigert. Zum neuen Aufsichtsratsmitglied wurde Kai-F. Binder gewählt. Die Amtszeit des Aufsichtsrats endet mit der Hauptversammlung, die über das Geschäftsjahr 2020 beschließt.ek