Einbeckerin gewinnt Forschungspreis

Johanna Hoppe im Bereich Bio-Lebensmittelwirtschaft ausgezeichnet | Wichtige Ergebnisse erarbeitet

Professor Dr. Jürgen Heß, Universität Kassel, und Professor Dr. Sabine Zikelie, Universität Hohenheim, haben Johanna Hoppe (Mitte) auf der BioFach in Nürnberg ausgezeichnet.

Einbeck. Einem Thema, das seit der Verurteilung von Deutschland wegen Verstoßes gegen die EU-Nitratrichtline an enormer Aufmerksamkeit gewonnen hat, widmete sich Johanna Hoppe in ihrer Masterarbeit. Sie studierte Ökologische Landwirtschaft an der Universität Kassel/Witzenhausen. Für diese Arbeit wurde sie kürzlich auf der weltgrößten Biomesse, der BioFach in Nürnberg, mit dem mit 3.000 Euro dotierten Forschungspreis der Bio-Lebensmittelwirtschaft ausgezeichnet. »Frau Hoppe kommt mit ihrer exzellenten Arbeit zu überraschenden und beeindruckenden Ergebnissen«, stellte ihr Professor Dr. Jürgen Heß fest.

In ihrer Arbeit entwickelte Johanna Hoppe ein Bewertungssystem, um die in Vergleichsversuchen untersuchten konventionellen und ökologischen Bewirtschaftungssysteme auf Vergleichbarkeit zu überprüfen. Dabei lag der Fokus auf den landwirtschaftlich verursachten Stickstoffausträgen in das Grundwasser.

»Vergleichbar in diesem Kontext bedeutet, dass ein Vergleich fair durchgeführt wurde. Werden ein ökologischer und konventioneller Betrieb verglichen, müssen beide beispielsweise die gleiche Bodenart aufweisen. Befindet sich ein Betrieb auf einem Sand- und der andere auf einem Tonboden, ist klar, dass der Betrieb mit dem Sandboden deutlich höhere Stickstoffausträge aufweist. Somit wären die Ergebnisse des Versuchs nicht vergleichbar«, erklärte Johanna Hoppe im Gespräch mit Professor Dr. Sabine Zikelie von der Universität Hohenheim während der Preisverleihung.

Aber nicht nur Faktoren, die in beiden Varianten übereinstimmen, sind für einen fairen Vergleich wichtig, sondern auch die für das landwirtschaftliche Bewirtschaftungssystem typischen Faktoren. »Es sind einfach klare Unterschiede festzustellen zwischen einer ökologischen Fruchtfolge, in der Düngemenge, Düngerart sowie bei der Bodenbearbeitung im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft. Es ist falsch, wenn man denkt, in der ökologischen Landwirtschaft werden einfach nur chemische Dünge- und Pflanzenschutzmittel weggelassen. Daher ist es von großer Bedeutung, dass Vergleichsversuche repräsentativ gestaltet werden, um die Ergebnisse vergleichen zu können«, so Hoppe.

Weiter stellte die Preisträgerin heraus, dass es von enormer Bedeutung ist, die gesamte Fruchtfolge, die im ökologischen Landbau sechs- bis neunjährig sein kann, in einen Versuch mit einzubeziehen und nicht nur die Stickstoffausträge etwa unter konventionellem Weizen mit ökologischen zu vergleichen. Denn besonders im ökologischen Landbau ist die Gestaltung einer vielfältigen und gut aufeinander abgestimmten Fruchtfolge aus komplexen Gründen notwendig – besonders auch, weil der ökologische Landbau aufgrund von Umweltschutzaspekten auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel verzichtet.

Mit ihrem eigens entwickelten Bewertungssystem konnte Hoppe 71 europäische Vergleichsstudien (publiziert zwischen 1989 und 2017) auf Vergleichbarkeit in ihrer Masterarbeit untersuchen.

Professor Zikelie fragte nach der Motivation der jungen Forscherin, eine derart hohe Anzahl an auch englischsprachigen Studien so akribisch zu lesen. Dies wirke auf Außenstehende doch eher spröde. »Professor Heß nannte mir so um die 50 Studien, die zu lesen und genauestens zu begutachten wären. Das Ganze musste ich mir erst einmal gut durch den Kopf gehen lassen. Dann beschäftigte ich mich aber mit dem Hintergrund des Themas. Durch die enorme Umweltproblematik, die hinter dem menschlich verursachten, unkontrollierten Stickstoffeintrag in die Umwelt steht, wurde mein Interesse geweckt – aber vor allem auch, welche extremen Kosten der Verbraucher zu tragen hat, für Schäden, die er nicht verursacht.«

Weiter erläuterte Hoppe, dass in Leipzig und München zwei Paradebeispiele existieren. Hier bekam man durch eine großflächige Etablierung des ökologischen Landbaus in den Wasserschutzgebieten die Problematik von zu hohen Nitratgehalten im Trinkwasser in den Griff. Auch in Niedersachsen besteht ein vergleichbares Projekt namens H2Ö. Sukzessive konnte der gesetzlich festgelegte Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter nicht nur erreicht, sondern auch deutlich unterschritten werden – und zudem ist zum Beispiel das Trinkwasser im Einzugsgebiet München (Wasserschutzgebiet Mangfalltal) verhältnismäßig günstig im Vergleich zum deutschen Durchschnitt. Hohe Aufbereitungskosten, nicht nur zur Entfernung von Nitrat, sondern auch von Pflanzenschutzmitteln, entfallen. Allerdings können Übersichtsstudien, die die einzelnen Forschungsstudien auswerten und zusammenfassen, eben diese Wasserschutzwirkung des ökologischen Landbaus nicht nachweisen. »Dies ist sehr verwunderlich«. Erst 2017 fassten kanadische Forscher in einer Übersichtsstudie zusammen, dass keine klare Aussage getroffen werden kann, ob der ökologische Landbau weniger Stickstoff austrägt als der konventionelle.

Und genau bei diesen widersprüchlichen Ergebnissen zwischen Forschung und Praxisbeispielen setzte die Masterarbeit an. Die Autorin wollte herausfinden,  warum die Forschung nicht das zeigt, was in den Praxisbeispielen doch aber möglich ist. Durch ihre Gütebeurteilung der Vergleichsstudien von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft konnte die Preisträgerin dieser Widersprüchlichkeit auf den Grund gehen.

Sie wies nach, dass nicht einmal in 20 Prozent der 71 Studien die ökologische und konventionelle Variante als vergleichbar gelten können. Wertet Hoppe alle Studien zusammen aus, wie auch ihre kanadischen Kollegen, kommt sie zu den gleichen Ergebnissen. Führte sie diese Auswertung aber in Verbindung mit ihrer Gütebeurteilung durch, so löst sich der zuvor genannte Widerspruch zwischen Forschung und Praxisbeispielen auf. Die Auswertung nur der repräsentativen Studien zeigt ganz klar, dass der Öko-Landbau in der Lage ist, den Stickstoffaustrag um zehn bis 52,0 Prozent zu verringern.

Bei der Preisverleihung stellte Johanna Hoppe deutlich heraus, dass Vergleichsversuche und Übersichtsstudien eine wissenschaftliche Basis von Ergebnissen und Aussage liefern und damit ein wichtiges Instrument für die politischen Entscheidungsträger zur Gestaltung der Agrar- und Umweltpolitik darstellen. Somit dürfe eben nicht in Übersichtsarbeiten nach dem »All-In«-Ansatz verfahren werden, sondern es müssten die einzelnen Vergleichsstudien fachlich geprüft werden, bevor sie in eine Auswertung einfließen. Nur dann gelten die Ergebnisse als repräsentativ, und nur dann können politische Maßnahmen in die richtige Richtung gelegt werden.

Mit den Ergebnissen ihrer Arbeit ist Johanna Hoppe zur politischen Sommerreise der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau mit dem diesjährigen Thema »Landwirtschaft und Wasserschutz« in Bad Doberan eingeladen, auf der unter anderem auch der Landwirtschafts- und Umweltminister Mecklenburg-Vorpommerns, Till Backhaus, spricht.

Während ihrer Masterarbeit und nach Ende ihres Studiums 2017 ist die Forscherin in ein Projekt des Bundeslandwirtschaftsministeriums hineingewachsen. Diese Studie, veröffentlicht im Frühjahr 2019, wurde ebenfalls in Nürnberg präsentiert. »Die Arbeit von Johanna Hoppe hat sich als ein ganz wesentlicher Bestandteil des Gesamtergebnisses der Forschergruppe herausgestellt«, so Professor Heß, der sich auf die weitere Zusammenarbeit mit ihr an der Universität Kassel/Witzenhausen freut.oh