»Eine spannende Zeit des Wachsens und Austauschs«
20-jähriges Jubiläum der Städtepartnerschaft Einbeck-Artern im Alten Rathaus gefeiert / Kontakte sind bestehen geblieben
Einbeck. Minkner freute sich, unter den zahlreichen Gäste viele Akteure aus dem Jahr 1990 in der Rathaushalle begrüßen zu können. Dazu zähle auch Festredner Bernd Röll, der damals die Aufgabe übernahm, für Einbeck eine Partnerstadt in der DDR zu suchen. So sei es Röll ein Herzensanliegen gewesen, die geknüpfte Verbindung mit Leben zu füllen. Auf privater und offizieller Ebene habe er sich so zahlreiche Verdienste um die Partnerschaft erworben. Dass es schwierig sei, eine freundschaftliche Verbindung aufrecht zu erhalten, liege unter anderem in der Zeit begründet. Viele der damals Engagierten seien nicht mehr in Amt und Würden und hätten die Verantwortung an ihre Nachfolger weitergegeben. Kein Problem sehe er in der Normalisierung der Beziehung. »Auch wenn der anfängliche Schwung und die große Beteiligung nachgelassen haben, sind doch zahlreiche Kontakte bestehen geblieben.« So unter anderem durch den Einbecker Fanfarenzug und das Eurocamp.
Das Jahr 2010 ist reich an Jubiläen, vieles jährt sich vor allem in Ostdeutschland zum 20. Mal, und das sei stets ein Anlass zur Rückbesinnung, erklärte Arterns Bürgermeister Wolfgang Koenen, und er fügte an: »Der 2. Juli 1990 war ein besonderer Tag in unserer Geschichte.« So habe sich seit der Unterzeichnung der Urkunde einiges getan. »Dabei hat uns Einbeck immer begleitet und unterstützt«, so Koenen. In Erinnerung geblieben sei ihm, dass alle Begegnungen stets auf Augenhöhe stattfanden, und man sich wirklich als Partner gefühlt habe. »Ich wünsche der Partnerschaft weiterhin eine gute Entwicklung und dass der ein oder andere Kontakt entsteht«, schloss Arterns Bürgermeister seine Ansprache.
Mit Willy Brandts Zitat »Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört«, sei der Prozess der Deutschen Einheit treffend umschrieben. Bedauerlicherweise sei dieser aber noch längst nicht abgeschlossen, stellte Röll fest. Doch leistet die Partnerschaft zwischen Artern und Einbeck einen Beitrag zum Zusammenwachsen. Entscheidend für diese freundschaftliche Beziehung sei aus Einbecker Sicht die Bürgerinitiative »Herzlich Willkommen« mit Walter-Wilhelm Funke gewesen.
Nach der Maueröffnung habe man Kontakt zu verschiedenen Städten aufgenommen. »Ausgangspunkt meiner Überlegungen war die Einschätzung, dass eine solche Partnerschaft nur sinnvoll ist, wenn sich die Menschen ohne großen Kosten- und Zeitaufwand treffen können«, erinnerte sich Röll. Auf einer der Fahrten sei man nach Artern gekommen, das nicht nur durch das Kosten- und Zeitprofil, sondern auch aufgrund der damaligen Brauerei und Salzgewinnung zu Einbeck passte. Als einen Glücksfall für die Partnerschaft bezeichnete er Pfarrer Manfred Gerboth, der damals Sprecher des aus Oppositionsgruppen zusammengesetzten »Runden Tischs« war. Man habe in der Anfangsphase vermehrt Kontakt zu Gerboth gehalten und durch Besuche in Artern und Einbeck die freundschaftlichen Beziehungen vertieft. Zum weiteren Zusammenwachsen habe die Idee Gerboths beigetragen, das alte SED-Gebäude in ein Altenheim umzubauen. Daraufhin habe die Bürgerinitiative eine Beratung durch Einbecker Architekten und Bautechniker vermittelt und bei der Einbecker Wirtschaft Spenden gesammelt.
Nach dem Sieg der Oppositionsgruppen bei der Kommunalwahl im Mai 1990 und der erfüllten Voraussetzung einer demokratisch legitimierten Stadtverordnetenvertretung sei vom Einbecker Rat schließlich die Städtepartnerschaft beschlossen worden. Diese wurde am 2. Juli mit dem Unterzeichnen der Urkunden vollzogen. »Dies war eine spannende Zeit des Wachsens und intensiven Austauschs auf allen Ebenen«, erinnerte sich Röll, der selbst nach Artern fuhr, um den stellvertretenden Bürgermeister Horst Löschmann bei seiner Arbeit zu beraten und mit ihm das anfallende Dienstgeschäft zu erledigen. Daraus sei schließlich eine enge Freundschaft entstanden.
»Auch wenn die offiziellen Begegnungen zurückgegangen sind, ist es um so wichtiger, dass die privaten Kontakte und Bekanntschaften Bestand haben«, betonte der ehemalige Stadtrat. Kritisch sieht er, dass Vorurteile immer noch auf beiden Seiten existieren. Auch sei im Rahmen der Deutschen Einheit vieles mit der heißen Nadel gestrickt worden, was mit mehr Zeit und Nachdenken besser gelungen wäre. Dennoch sei bereits eine Menge geschafft, auch durch die Partnerschaft zwischen Artern und Einbeck. »Spätestens wenn meine Enkelkinder groß sind, ist zusammengewachsen, was zusammengehört«, gab sich Röll zuversichtlich.thp