Erinnerung an »Dörchen« und Hertha Stukenbrok

Einbeck. An der Ecke Herthastraße/Dörchenstraße hat sich ein weiterer Stromkasten in ein Schmuckstück verwandelt. Auf der Aufnahme sind Johanne Wilhelmine Ernestine Dorothea Stukenbrok (genannt »Dörchen« oder auch »Dora«) und Tochter Johanne Dora Wilma Hertha Stukenbrok zu sehen. Die Bürgerinitiative (BI) Sch(l)aufenster um Manfred Thiele (Mitte) organisierte die Umgestaltung. Mehr als 60 ehemalige Verteilerkästen wurde schon verschönert, teilte Thiele mit. Die vorbereitenden Maßnahmen führte der Malerbetrieb Hinkelmann mit Jörg Hinkelmann (links) durch, die Beklebung übernahm erneut der Druck Kurier Service Steinhoff aus Wellersen mit Frauke Steinhoff (rechts). Die historische Aufnahme stammt aus dem Archiv Kampa/Zänker. Paten sind Ute Marquardt und Wolfgang Kampa.

Thiele dankte ihnen für das Engagement und freute sich, dass es immer wieder Interessenten gebe, die die BI unterstützten. Dankenswerterweise werden aus bekannten Einbecker Archiven – wie dem von Wolfgang Kampa – immer wieder schöne historischen Aufnahmen zur Verfügung gestellt, die man gut für die Umwandlungen nutzen kann. Weitere Verschönerungen sind in Salzderhelden und Wenzen geplant, kündigte Thiele an. Johanne Wilhelmine Ernestine Dorothea Stukenbrok wurde am 15. November 1874 als Tochter von Luis Eicke von der oberen Mühle am Benser Tor geboren. »Dora« wurde sie von ihren Freunden genannt, mit »Dörchen« sprach sie August Stukenbrok an. Nachdem sie schon einige Zeit mit dem aufstrebenden Versand-Unternehmer zusammen war, feierten beide am 13. Mai 1897 ihre Hochzeit. Stukenbrok konnte mit seinem einige Jahre zuvor gegründeten Startup mit einem einzigen Fahrrad mittlerweile gute Erfolge verzeichnen. 1907 erwarb er die ehemalige Kaserne (Neues Rathaus) und baute sie in Rekordzeit zu einem der größten Versandhäuser Deutschlands um.

Ihre Tochter Johanne Dora Wilma Hertha Stukenbrok kam am 18. Februar 1902 zur Welt. Sie war das einzige Kind der Stukenbroks. So verwundert es nicht, dass der stolze Vater der kleinen »Prinzessin« alle Wünsche erfüllte. Die kleine Hertha hatte auf dem weitläufigen Grundstück einen eigenen Kleintierzoo und feierte Geburtstage, die mit denen von heutigen Prominentenkindern leicht mithalten können. Sie besuchte auch keine öffentliche Schule – unterrichtet wurde sie von Privatlehrern. Ihre Mutter war schon längere Zeit an einem Lungenleiden erkrankt. Eine Woche nach Herthas 14. Geburtstag verstarb »Dörchen« Stukenbrok im frühen Alter von 41 Jahren. August Stukenbrok traf dieser Verlust schwer – sein Lebenswandel änderte sich zum Schlechten.

Die Folge waren seit 1929 längere Sanatoriumsaufenthalte. Als er einige Zeit später verstarb, hatte er keine Vorkehrungen für seine Nachfolge getroffen. Hertha war 28 Jahre alt und musste völlig unvorbereitet das schwere Erbe antreten. Unglücklicherweise vertraute sie schlechten Beratern – und nach gut einem Jahr war das weltumspannende Unternehmen insolvent. Am Ende blieb nichts übrig: Hertha und ihre Windhunde harrten noch eine Weile in der Stukenbrok-Villa aus. Aber bald wurde das Anwesen verkauft und sie musste dem neuen Besitzer weichen. Hertha litt genauso wie ihre Mutter an einem Lungenleiden und verstarb daran mit 43 Jahren. – Wer mehr über das Versandhaus August Stukenbrok wissen möchte, kann die ganze Geschichte auf 254 Seiten nachlesen und mit 564 Bildern verschiedene Zeitfenster öffnen: Einige Exemplare des Buches »August Stukenbrok – Wirtschaftswunder der wilhelminischen Zeit« von Werner Zänker und Wolfgang Kampa sind zum Beispiel noch im StadtMuseum oder im PS.SPEICHER zu haben oder über die ISBN 978-3-7308-1543-4 bestellbar.mru