Erntedank bleibt auch in moderner Landwirtschaft Thema

Kreisbauernverband Northeim-Osterode zieht positive Bilanz zur Ernte 2010 / »Region in schwieriger Situation gut weggekommen«

»Es war weniger als im Vorjahr, aber wir sind zufrieden, denn die Preise stimmen.« Eine güns­tige Bilanz zieht das Landvolk Northeim-Oste­rode zum Erntedankfest am kommenden Sonn­tag, 3. Oktober. Auch in einer hochtechnisierten Welt sei es gut und wichtig, sich zu erinnern, dass die Versorgung mit Lebensmitteln nicht selbst­verständlich sei, so Vorstand und Ge­schäfts­­führung des Kreisbauernverbandes. Da­ran dürfe man ruhig einmal mit der notwendigen Wertschätzung denken.

Einbeck. Rund eine Milliarde Menschen auf der Erde hungern, etwa 25.000 bis 30.000 Menschen sterben pro Tag an Hunger, die Hälfte davon Kinder: »Das darf eigentlich nicht sein«, stellt der Vorsitzende des Landvolks, Siegfried Sander, fest. Die teilweise dramatische Ernährungs- und Agrarsituation auf der Südhalbkugel sei sowohl totalitären Staaten als auch Korruption und Rechtsunsicherheit geschuldet, eine Verkettung vieler Umstände mit dramatischen Folgen. Auch wenn die Abläufe in der Natur weitgehend erforscht seien, so sei das tatsächliche Ernteergebnis dennoch ein Resultat harter Arbeit der Landwirte sowie stetiger Sorge um Ertrag und Preis.

Die Wintersaaten des vergangenen Jahres seien nach klimatisch harten Monaten gut aufgegangen, blicken Sander und sein Vorstandskollege Hartmut Danne zurück. Die Frühjahrsaussaat konnte allerdings erst drei Wochen später als üblich erfolgen, die Vegetation blieb zwei bis drei Wochen zurück. Dann kam die  Hitze zwischen Ende Juni und Ende Juli, die zwar zu Trockenschäden führte, allerdings nicht in dramatischem Ausmaß. Die heimischen Böden konnten die Wasserführung noch gut regeln, abgesehen von Ton- und Hanglagen.

Insgesamt habe es bei Getreide ein Minus von acht bis zehn Prozent gegeben. Während die Gerste und der erste Weizen noch hervorragend waren, setzten danach Regen und ein Wettlauf mit der Zeit ein. Zwischen dem 20. Juli und dem 10. September wurde in der Region Weizen gemäht, »so lange wie sonst nur selten.« Die letzten Flächen seien von der Qualität her verdorben gewesen, häufig mit Auswuchs, und somit allenfalls als Futterweizen zu verwerten beziehungsweise zu ganz niedrigen Preisen in der Biogasanlage. Restpartien im Bereich Osterode, ergänzt Hartmut Danne, würden die Landwirte nun zum Teil gar nicht mehr los.

Insgesamt seien die Preise bei Getreide nach zwei Niedrigpreisjahren derzeit erfreulich gut, ist Sander zufrieden. Ebenfalls erfreulich haben sich die Preise für die Milcherzeuger in den vergangenen Monaten entwickelt. »Die Ausrichtung auf den Markt ist ohne Alternative«, bleibt er überzeugt, das sei besser als vorübergehende Hilfszahlungen aus Fonds. Der Verband habe da die Richtung gehalten, auch wenn es nicht immer einfach gewesen sei. Von 22 auf 30 Cent hätten sich die Preise jetzt erhöht, das sei zwar immer noch nicht ganz ausreichend, aber die Durststrecke sei vorbei, zumal sich eine weitere Erhöhung auf bis zu 35 Cent im Spätherbst abzeichne. »Das macht Spaß, wenn man sieht, dass man aus dem Tief kommt«, so Hartmut Danne. Ein Grund für die Preissteigerung sei die steigende Nachfrage nach Milch und Milchprodukten. Die sich abzeichnende Konzentration auf dem Molkereisektor sieht der Kreisbauernverband durchaus positiv, sei dies doch ein Weg, dem preisbestimmenden Lebensmittelhandel Paroli zu bieten. »Bisher sind wir noch keine echte Marktmacht, aber es wird besser.« Im Keller seien derzeit die Ferkelpreise, aber die Erzeuger seien an solche Zyklen gewöhnt. Die Landwirtschaft als moderner Wirtschaftszweig? Das sähen viele Verbraucher nicht so, zitiert Sander aus aktuellen Umfragen. Rationalisierung und High Tech hätten längst Einzug gehalten, aber alte Meinungen seien nach wie vor festgefügt. »Mehr Erkenntnisse, weniger Emotionen«, das wünsche man sich in vielen Bereichen der Landwirtschaft, zumal eine kontinuierliche Weiterentwicklung notwendig sei. Gerade bei der Grünen Gentechnik werde dies besonders deutlich.

Während der Bau neuer Ställe für die Tierhaltung intensiv diskutiert und häufig in Frage gestellt werde, müsse der Verbraucher wissen, dass Importware mitunter fragwürdig sei – das nehme man jedoch hin, obwohl Hähnchen aus kontrollierter Produktion aus der Nachbarschaft vermutlich die bessere Wahl seien.

Auch auf Ausgleichszahlungen legte Sander zum Erntedank das Augenmerk: Sie hätten nach wie vor ihre Berechtigung, um Wettbewerbsnachteile der deutschen Landwirtschaft gegen-über den Weltmarktbedingungen abzufedern. Die Herausforderungen seien da, nicht nur in diesem Bereich, und so sei ein starker Kreisbauernverband weiterhin nötig, um den Mitgliedern Hilfe anbieten zu können.

»Landwirtschaft wird gebraucht für die Sicherung der Ernährung, gerade auch bei wachsender Weltbevölkerung. Mit Blick auf die hohen Klimaziele sind nachwachsende Rohstoffe wichtiger, und schließlich sichert Nutzung der Flächen auch Artenvielfalt«, betont Hartmut Danne.

Die bisherige Ernte sei zufriedenstellend, sowohl bei Getreide als auch bei Raps und Ölsaaten; Mais und Zuckerrüben stehen noch aus. Bei den Rüben wird ein Ergebnis unter dem des Vorjahres erwartet, vor allem wegen des fehlenden Zuckergehalts. Beim Mais geht das Landvolk davon aus, dass man sich auf dem Niveau des Vorjahres bewegt. »Insgesamt ist die Region angesichts der Wetterextreme gut weggekommen«, bilanzieren Vorstand und Geschäftsführung, man könne mit Blick auf die schwierigen Bedingungen von durchschnittlichen Werten berichten. ek