Rat Einbeck

Erst der Griff zum Los bringt Stellvertreter-Entscheidung

Christian Grascha, FDP, tritt vom Amt des stellvertretenden Bürgermeisters zurück / Nachfolgerin Anne Trybuhl erzielt keine Mehrheit

Man könnte fast meinen, es steckt der Wurm drin, wenn im Einbecker Rat stellvertretende Bürgermeisterinnen gewählt werden sollen: Rumpelte es bereits bei der Wahl von Dr. Sabine Michalek vor vier Jahren, stand nun auch Anne Trybuhl eine Zitterpartie durch. Die Liberale sollte Christian Grascha beerben, der sein Amt aufgrund aufwändiger Verpflichtungen in Hannover aufgegeben hatte. Aber bis sie Blumen und Glückwünsche entgegen nehmen konnte, muss­ten alle Beteiligten Zeit und vermutlich auch einige Nerven lassen.

Einbeck. Einen optimalen Start hat Anne Trybuhl nicht erwischt: Im ersten Wahlgang erreichte sie nicht die erforderliche Mehrheit von 19 Stimmen, zumal der Rat am Mittwoch-abend nicht komplett war.

16 Stimmen für sie, 16 Enthaltungen, eine Gegenstimme bei 17 »Jamaica«- und 16 SPD-Ratsmitgliedern einschließlich Bürgermeister. Für den zweiten Wahlgang nominierte die SPD Alexander Kloss als eigenen Kandidaten. Inzwischen hatte sich die CDU um einen weiteren Ratsherren verstärkt, Anne Trybuhl hätte also 18 Stimmen »sicher« haben können – stattdessen waren es nur 17. Ebenso viele Ja-Stimmen erhielt auch Alexander Kloss. Für diesen Fall sieht die Niedersächsische Gemeindeordnung das Losverfahren vor, und so verschwanden zwei Namenszettel in einem zum Lostopf umfunktionierten Wasserkühler. Bürgermeister Ulrich Minkner zog den Zettel mit Anne Trybuhls Namen heraus. Stellvertretende Bürgermeisterin per Losentscheid – das dürfte in Einbeck etwas Einmaliges sein.

Wieso es mit der Mehrheit haperte, darüber lässt sich nur spekulieren: Schlechte Beleuchtung in der Wahlkabine oder »falsche« Reihenfolge der alphabetisch angeordneten Namen auf dem Wahlzettel sollen es 2006 gewesen sein, als Dr. Sabine Michalek, CDU, sich völlig überraschend Rolf Metje, SPD, bei der Stellvertreter-Wahl geschlagen geben musste, so die damaligen Erklärungsversuche.

Die Neuwahl jetzt war notwendig geworden, nachdem Christian Grascha vom Amt des stellvertretenden Bürgermeisters zurückgetreten war, das er seit 2001 inne hatte.

Der FDP-Landtagsabgeordnete ist seit dem vergangenen Jahr Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion. Er gebe das Amt mit zwei weinenden Augen ab, sagte er. Neun Jahre lang habe er seine Heimatstadt gern repräsentiert, und er denke, dass ihm das gut gelungen sei. Dank sprach er sowohl Bürgermeister Ulrich Minkner als auch dessen Vorgänger Martin Wehner für die gute Zusammenarbeit aus, ebenso den Ratsmitgliedern. Er hoffe, dass er in der Stellvertreter-Funktion stets Überparteilichkeit gewahrt habe. Die Aufgaben, die er im Landtag übernommen habe, bereiteten ihm viel Freude, zumal er in dieser Funktion für seine Heimatstadt arbeiten könne. Es sei ein Geschenk, das Hobby Politik zum Beruf machen zu können. Neben der Freude stehe aber auch die Arbeit, die neuen Aufgaben würden ihn sehr in Anspruch nehmen – deshalb sein Rücktritt. Die FDP-Fraktion setze nun darauf, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen. »Anne Trybuhl kann ich als meine Nachfolgerin wärmstens empfehlen«, betonte er. Sein Ratsmandat werde er natürlich behalten, er sehe doch, dass sich auf diese Weise viel für Einbeck tun lasse.

Graschas Schritt wurde allgemein bedauert, verbunden mit Dankbarkeit für sein zuverlässiges Engagement, für seine sprichwörtliche Ausgeglichenheit, so Dr. Reinhard Binder, FDP, für gute Verbundenheit, so Dirk Ebrecht, CDU, und für vernünftigen Umgang miteinander, wie Bernd Amelung, SPD, hervorhob. Einen »immer perfekten Auftritt« bescheinigte Bürgermeister Ulrich Minkner dem Stellvertreter. Es habe Spaß gemacht, mit ihm zu arbeiten. Auf Antrag von Margrit Cludius-Brandt, SPD,  verlief die Abstimmung geheim – mit genanntem Ergebnis.ek