Es gibt finanzielle Hilfe im Pflegefall

Vortragsreihe »Alles geregelt?«: Lisa Kutschmann vom Pflegestützpunkt beim Einbecker Bündnis für Familie

Interessant, informativ, umfassend: Die Vorsitzende des Einbecker Bündnisses für Familie, Burgis Sowa (rechts), dankte Lisa Natalie Kutschmann vom Senioren- und Pflegestützpunkt des Landkreises Northeim für ihren Vortrag, den sie im Rahmen der Reihe »Alles geregelt?« gehalten hat.

Einbeck. Die Vortragsreihe »Alles geregelt?« hat das Einbecker Bündnis für Familie jetzt fortgesetzt mit einem Beitrag zum Thema Pflege. Lisa Natalie Kutschmann vom Senioren- und Pflegestützpunkt des Landkreises Northeim war dazu die Referentin. Sie beantwortete Fragen danach, wo man Pflege und Hilfe im Pflegefall bekommen kann, wie die Einstufung in Pflegegrade erfolgt, welche Leistungsansprüche es gibt oder welche sozialen Hilfen jemandem im Alter zustehen – informativ und kompakt, wie die Vorsitzende des Bündnisses für Familie, Burgis Sowa, feststellte.

Das Thema sei sowohl spannend als auch schwierig, so Burgis Sowa. »Fragen Sie gerne«, ermunterte sie die Zuhörer.

Seit Anfang des Jahres arbeitet die studierte Gerontologin Lisa Natalie Kutschmann beim Senioren- und Pflegestützpunkt des Landkreises Northeim. Er wurde 2010 gegründet mit dem Ziel von Beratung und Weitervermittlung bei Fragen rund um Pflege. Leistungsansprüche, Diensteistungsangebote, Angebote zu »Aktiv im Alter«, Sport-, Präventions- und Bildungsangebote. Auch Spezialthemen wie rechtliche Betreuung oder Vorsorgevollmacht werden hier behandelt.

2017 wurden die drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade abgelöst. Damit verbunden ist auch ein neues Begutachtungsinstrument, bestehend aus sechs Modulen. 64 Kriterien werden dabei nach einem Punktesystem überprüft, und daraus wird der Pflegegrad abgeleitet. Das Beurteilungssystem sei komplizierter geworden, erläuterte Lisa Natalie Kutschmann. Kernfrage sei, wie viel Hilfe jemand benötige. Die Zeit, die er beispielsweise brauche, um sich anzuziehen oder zu duschen, sei dabei egal. »Brauchen Sie jemanden?«, diese Frage sei entscheidend. Es würden Mobilität und kognitive und kommunikative Fähigkeiten bewertet sowie die Fähigkeit zur Selbstversorgung. Wer etwas noch selbst erledigen könne, bekomme keine Punkte. Auch Umgang mit krankheitsspezifischen beziehungsweise therapiebedingten Anforderungen zähle, genau wie die Gestaltung des Alltagslebens und die sozialen Kontakte. Zum Interview mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkasse, so ihr Rat, sollte man sich eventuell Hilfe holen.

Auch Zuschuss zum Hausnotruf möglich

Um Leistungen aus der Pflegekasse zu erhalten, muss jemand pflegen. Die Liste, was an Basis- und zusätzlichen Leistungen gezahlt wird, ist umfangreich. Es werden Pflegegeld und Sachleistungen oder eine Kombination aus beidem gezahlt. Außerdem gibt es Zahlungen für Entlastungsleistungen, für Tagespflege, Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege, die übers Jahr berechnet werden. Auch für Pflegehilfsmittel – bis zu 40 Euro im Monat – oder Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds – bis zu 4.000 Euro je Maßnahme – gibt es finanzielle Unterstützung. Bei eventuellen Umbauten muss erst der Kostenvoranschlag vorliegen, dann die Genehmigung, und schließlich kann gebaut werden. Ein Zuschuss zum Hausnotruf in Höhe von 23 Euro ist ebenfalls möglich. Damit will der Gesetzgeber auf unterschiedliche Weise unterstützend dazu beitragen, dass Menschen ihr Leben zuhause weiterführen können. Einige Leistungen können so lange abgerufen werden, bis das zuerkannte Geld verbraucht ist; in anderen Fällen geht nicht abgerufenes Geld wieder zurück: »Überlegen Sie gut, wie Sie das Geld nutzen«, so der Rat der Referentin.

Rentenpunkte für Pflegende

Eine Pflegeperson aus dem privaten Umfeld, etwa der Familie, bekommt eine soziale Sicherung in der Form, dass sie Rentenpunkte sammeln kann, wenn mindestens zehn Stunden an zwei verschiedenen Tagen gepflegt wird. Anhand von Beispielrechnungen zeigte sie, was Pflegebedürftige zu erwarten haben. »Es gibt finanzielle Hilfen«, so die wichtige Botschaft.

Wer als Angehöriger zuzahlen muss, weil die Rente der Eltern nicht für den Heimplatz reicht, wird nach Einkommen und Vermögen befragt. Das Einfamilienhaus bleibe aber erhalten, auch bei den Kindern, betonte sie. Schenkungen seien möglich, könnten aber innerhalb von zehn Jahren rückwirkend aufgehoben werden. Die Vermögensfreigrenzen berücksichtigen unter anderem die Bestattungskosten. Regelmäßige Sprechstunden in Einbeck

Heimbewohner haben Anspruch auf knapp 115 Euro Taschengeld pro Monat, außerdem zweimal pro Jahr auf einen Zuschuss für Bekleidung, maximal 282 Euro pro Jahr.

Anhand verschiedener Berechnungsbeispiele für Einzelpersonen oder Ehepaare zeigte Lisa Natalie Kutschmann, dass sich Kinder keine Sorgen über zu hohe Zuzahlungen zu den Heimkosten machen müssten. Die Freigrenze liege bei einem jährlichen Einkommen von 100.000 Euro. Weitere Hinweise gab es zu Wohngeld und Grundsicherung – sie wird gezahlt, wenn der Lebensunterhalt nicht aus Einkommen oder Vermögen bestritten werden kann. Der Regelbedarf liegt derzeit bei 424 Euro monatlich für Einzelpersonen und 382 Euro pro Person bei Ehepaaren. Zu erreichen sind die Mitarbeiterinnen des Senioren- und Pflegestützpunktes im Northeimer Kreishaus montags bis freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr direkt beziehungsweise unter Telefon 05551/708-123, -124 oder -379. In Einbeck finden mittwochs von 8.30 bis 12.30 Uhr Sprechstunden im Neuen Rathaus statt. Um eine Terminvereinbarung unter 05551/708-124 wird gebeten.

Nächster Vortrag zu Notfall-Regelungen

Der Vortrag, freute sich Burgis Sowa, sei sehr verständlich gewesen. Damit könne man Familien die Ängste davor nehmen, was bei Pflegebedürftigkeit oder Heimunterbringung – auch finanziell – auf sie zukommen kann. »Man muss finanziell nicht im Regen stehen«, versicherte auch Lisa Natalie Kutschmann. In der Reihe »Alles geregelt?« gibt es einen letzten Vortrag am Donnerstag, 24. Oktober. Beginn ist um 18 Uhr im Einbecker Kinder- und Familienservicebüro, Hallenplan. Referentin Kirchen Freckmann vom Ambulanten Pflegedienst des Deutschen Roten Kreuzes beschäftigt sich mit dem, was man rund um das tägliche Leben und im Notfall regeln sollte, beispielsweise Notfallmappe und Patientenverfügung. Alle Interessierten sind willkommen, der Eintritt ist frei.ek